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So fern wie ein Traum

So fern wie ein Traum

Titel: So fern wie ein Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Entscheidung nicht bei dir. Und ich sage dir, es ist vorbei.«
    Sie atmete keuchend aus und ein. Zorn – ihr Zorn – so wusste sie, war etwas Schreckliches, wenn er einmal entfesselt war. Und wenn der Schlüssel dazu Schmerz wie dieser war, nahm ihre Wut noch erschreckendere Formen an. »Das ist grausam und kalt«, stellte sie fest.
    Wo sie mit ihrem Zorn das Ziel verfehlt hatte, traf sie mit ihren ruhigen Worten mitten in sein Herz. »So ist nun mal das Leben«, sagte er.
    »Es ist also einfach vorbei.« Sie ließ den Tränen freien Lauf, denn inzwischen war ihr alles vollkommen egal. »So stellt man diese Dinge also an. Du sagst, es ist vorbei, und schon ist es vorbei. So viel einfacher als eine Scheidung, was die einzige Weise ist, auf die ich bisher eine Beziehung beendet habe.«
    »Ich habe dich niemals betrogen.« Er ertrug es nicht, wenn sie ihn für einen solchen Halunken hielt. »Ich habe nie auch nur an eine andere Frau gedacht, solange ich mit dir zusammen war. Das Ganze hat nichts mit dir zu tun. Ich muss eben einfach weiterziehen.«
    »Es hat nichts mit mir zu tun.« Sie machte die Augen zu. Ihr Zorn hatte sich ebenso plötzlich gelegt, wie er gekommen war, und nun war sie erschöpft. »Ich hätte dich nie als dumm oder oberflächlich eingeschätzt, Michael. Aber wenn du das über die Lippen bringst, fürchte ich, bist du tatsächlich beides.«
    Sie hob die Hände und wischte sich die Tränen fort. Sie wollte ihn klar und deutlich sehen, denn sicher sähe sie ihn jetzt zum letzten Mal. Er war rau, wild, übellaunig – er war alles, dachte sie.
    »Es wundert mich, dass du gar nicht zu wissen scheinst, was du da fortwirfst, was ich dir gegeben hätte. Was du mit mir und Ali und Kayle hättest haben können«, stellte sie müde fest.
    »Es sind deine Kinder.« Der Gedanke an die Trennung tat ihm ebenso weh wie die Vorstellung, Laura vermutlich niemals wieder zu sehen. »Templetons. Du hättest sie mir sowieso nie anvertraut.«
    »Da irrst du dich, und zwar gewaltig. Ich hatte sie dir bereits anvertraut.« Sie wandte sich zum Gehen. »Tu, was du nicht lassen kannst und geh, wohin du gehen musst. Aber bilde dir ja nie ein, dass es für mich nur Sex gewesen ist. Ich habe dich geliebt. Und das Einzige, was noch bedauerlicher ist als die Tatsache, dass du mich jetzt so achtlos sitzen lässt, ist das Wissen, dass sich dadurch an meinen Gefühlen für dich nicht das Geringste ändern wird.«

20
    Michael machte einen Schritt, ehe er entschlossen stehen blieb. Sie wusste nicht, was sie da sagte. Konnte es nicht wissen, dachte er.
    Er zwang sich, weiter stehen zu bleiben, drehte sich um und sah ihr nach, wie sie über den Rasen ging. Beobachtete, wie sie plötzlich die Richtung änderte und zu rennen begann.
    Sie würde zu den Klippen gehen. Sie war wütend und verletzt, und so würde sie zu den Klippen gehen, um zu weinen. Wenn sie mit dem Weinen fertig wäre, würde sie anfangen nachzudenken. Sie wäre immer noch wütend und verletzt, und würde ihn hassen für das, was er getan hatte, aber er wusste, am Ende würde sie erkennen, dass es so am besten für sie war.
    Sie liebte ihn ganz sicher nicht. Er fuhr sich mit den Händen durchs Gesicht. Es fühlte sich wund und zerschunden an wie nach einer Kneipenschlägerei. Vielleicht dachte sie, dass sie ihn liebte, vielleicht hatte sie es sich ganz einfach eingeredet, überlegte er. Eine typisch weibliche Reaktion. Sie passte zu einer Frau wie Laura – Sex und Liebe, Verlangen und Gefühl. Dabei sah sie ihr Verhältnis losgelöst von allem übrigen.
    Aber er sah die Sache, wie sie war.
    Männer, die gelebt hatten wie er, endeten nicht glücklich mit einer Frau ihrer Klasse, ihrer Abstammung. Früher oder später käme sie ganz sicher zu demselben Schluss, und es zöge sie zurück in ihren Country Club. Vielleicht würde sie ihm nie verzeihen, dass er die Situation vor ihr erkannt hatte, aber das war etwas, was einfach nicht zu ändern war.
    Es würde ihn umbringen, weiter mit ihr zusammen zu sein und darauf zu warten, dachte er. Zu wissen, dass sie, auch wenn die Leidenschaft verflogen wäre, weiter bei ihm bleiben würde. Aus reiner Gutherzigkeit. Weil sie es nicht anders könnte. Aus purem Pflichtgefühl.
    Er tat ihnen beiden einen Gefallen, wenn er aus ihrem Leben verschwand.
    Josh hatte Recht. Niemand kannte ihn besser als sein Jugendfreund.
    Trotzdem stand Michael weiter reglos da und starrte in Richtung der Klippen und der einsamen Gestalt, bei deren Anblick

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