So fern wie ein Traum
imposanten Schädel in ihre Richtung wandte. »Wie groß er ist! Wie hübsch!« Bevor sie ihn jedoch berührte, zog sie entschieden ihre Hand zurück.
»Du darfst ihn ruhig streicheln«, erklärte Michael. Das ältere der beiden Mädchen schien ein wenig zurückhaltend zu sein, war aber ebenso hübsch wie die jüngere. »Er beißt nicht. Es sei denn, man hätte es verdient.« Wie zur Untermalung des Gesagten hob er Kayla hoch und setzte sie auf seiner Hüfte ab. »Los, sag Max guten Tag. Er ist ein echter Südstaaten-Gentleman.«
»Unser Onkel ist ebenfalls ein Südstaaten-Gentleman«, erwiderte Kayla. »Aber er sieht ganz anders aus als Max.« Fröhlich strich sie Max über das samtige Fell. »Wie weich er ist«, murmelte sie. »Hallo, Max, hallo.«
Um ja nicht hinter der jüngeren Schwester zurückzustehen, streichelte nun auch Ali das riesige Pferd. »Lässt er Sie auf sich reiten und so?«
»Und ob. Max und ich haben zusammen gegen wilde Indianer gekämpft, haben selbst wilde Indianer gespielt, haben Postkutschen überfallen und sind in abgrundtiefe Schluchten gestürzt.« Als er in zwei Paar weit aufgerissener Kinderaugen sah, grinste er. »Max ist nämlich ein echter Hollywoodstar.«
»Wirklich?« Begeistert strich Kayla über ein samtiges Ohr und kicherte, als es unter ihren Fingern zu zucken begann.
»Wirklich. Irgendwann zeige ich euch gerne mal die vielen Zeitungsartikel, die es über ihn gibt. Aber jetzt sagt erst mal Darling guten Tag. Sie bekommt bald ein Baby«, erklärte er.
»Tante Margo hat gerade ein Baby bekommen«, verkündete Kayla in fröhlichem Ton, während Michael sie zur nächsten Box hinübertrug. »Er heißt John Thomas, aber wir nennen ihn J. T. Bekommen Pferde ihre Babys genauso wie die Menschen?«, fragte sie.
»So ziemlich«, murmelte Michael und lenkte die beiden Mädchen durch Streicheln der Stute von dem heiklen Thema ab.
Dann machte er sie noch mit Jack, einem respektablen Wallach, Lulu, einer heiteren Stute, und Zip, dem – wie er behauptete – schnellsten Pferd des gesamten Westens, bekannt.
»Warum haben Sie so viele Pferde?« Die Freude an den Tieren ließ Ali bald ihren Argwohn dem Fremden gegenüber vergessen und so folgte sie Michael nach kurzer Zeit auf Schritt und Tritt und fragte ihm regelrechte Löcher in den Bauch.
»Ich trainiere sie. Ich kaufe sie und wenn sie fertig ausgebildet sind, dann verkaufe ich sie weiter.«
»Sie verkaufen sie?« Bei dem Gedanken verzog Kayla das Gesicht.
»Alle außer Max und Darling. Die beiden werde ich niemals verkaufen«, schränkte er ein. »Aber die anderen werden an Leute verkauft, die ihre Talente zu schätzen wissen und bei denen sie in guten Händen sind. Jedes der Tiere ist etwas ganz Besonderes. Jack hier wird einmal ein hervorragendes Reitpferd sein. Er wird einen Reiter bis ans Ende der Welt tragen, wenn man es von ihm verlangt. Und Flash wird, wenn ich ihn fertig ausgebildet habe, ein hervorragendes Stunt-Pony sein.«
»Sie meinen, dann kann er irgendwelche Kunststücke?«
»Genau.« Michael grinste Kayla fröhlich an. »Ein paar Tricks beherrscht er schon. Aber Max – der gute Max kennt jeden Trick der Welt. Und, hättet ihr Lust auf eine kleine Vorführung?«
»Wirklich, würden Sie uns zeigen, was er kann?«
»Aber nicht umsonst.«
»Wieviel?«, fragte Kayla ihn. »Ich habe etwas Geld gespart.«
»Ich will kein Geld«, erklärte Michael, während er mit den beiden Mädchen zu Max zurückkehrte. »Wenn euch die Vorführung gefällt, müsst ihr zurückkommen und sie bei mir abarbeiten«, sagte er.
»Wie?« Ali sah ihn an.
»Darüber sprechen wir dann später. Tja, Max.« Michael legte dem Pferd das Zaumzeug an. »Hier sind zwei junge Damen, die es zu beeindrucken gilt.«
Mit seinen fünf Jahren war Max bereits ein versierter Schauspieler. Froh über das Publikum kam er hoch erhobenen Hauptes aus seiner Box, und Michael führte ihn auf die kleine Koppel neben dem Gebäude. »Ihr beiden bleibt schön brav am Zaun. Die Sache ist nicht ganz ungefährlich«, warnte er. »Und jetzt verbeug dich, Max.«
Max knickte elegant die Vorderbeine ein und neigte höflich den Kopf. Als die Mädchen begeistert applaudierten, hätte Michael schwören können, dass Max zufrieden grinste.
»Hoch«, befahl er.
Allein mit seiner Stimme und seinen Händen führte Michael Max durch das Routine-Stuntprogramm. Das riesige Tier bäumte sich auf, schlug mit den Vorderbeinen durch die Luft und wieherte. Dann tänzelte es, ging
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