So fern wie ein Traum
bis dahin nicht gekannten Selbstvertrauen erfüllt. Und vor allem machte ihnen die Arbeit jede Menge Spaß.
Als sie das Gebäude gekauft hatten, hatte es vollkommen leer gestanden, voller Staub, vermodert und vernarbt. Ihre Vision, ihre Mühen hatten es zu etwas Besonderem gemacht. Jetzt funkelte die Glasscheibe des breiten Schaufensters im Sonnenlicht und verführte Passanten mit verlockenden Andeutungen auf das, was im Inneren des Geschäfts auf sie wartete.
Ein freches, smaragdgrünes Cocktailkleid, nostalgisch an der Schulter vor einem antiken Ankleidetisch drapiert. Farbenfrohe Flakons standen auf der schimmernden Oberfläche neben einer geöffneten Schatulle, in der man eine juwelenbesetzte Kette blitzen sah. Aus einer geöffneten Schublade des Tisches ergossen sich glitzernde Kristalle und schimmernde Seide bis auf den Boden des Schaufensters, wo eine schwanenförmige Lampe neben einem einzelnen Kristallglas und einer leeren Champagnerflasche stand. Ein Paar Manschettenknöpfe und eine wie achtlos hingeworfene schwarze Krawatte mischten sich unter die Nippsachen, und ein Paar roter Pumps sah aus, als wäre ihre Besitzerin gerade erst herausgeschlüpft.
Für gewöhnlich dekorierte Margo das Schaufenster, aber dieses Mal hatte Laura es getan. Und empfand wirklich Stolz darüber, ebenso wie sie stolz war auf den gesamten Laden. Überall in dem geräumigen Ausstellungsraum fand sich einzigartige, modisch-elegante Garderobe. Entlang der warmen, altrosafarbenen Wände waren Glasregale voller Schätze aufgestellt. Porzellandosen, Silberbestecke, goldumrandete, langstielige Sektgläser. Ein samtbezogenes Sofa bot den Kundinnen Gelegenheit, gemütlich Platz zu nehmen und sich bei einer Tasse Tee oder einem Glas Champagner in aller Ruhe umzusehen.
Eine vergoldete Wendeltreppe führte zu einer offenen Galerie und zu dem so genannten Boudoir hinauf, in dem Negliges und andere Nachtgewänder in einem prächtigen Rosenholzschrank hingen. Alles stand zum Verkauf, von dem schnörkeligen Rokoko-Bett bis hin zur kleinsten silbernen Schmuckdose. Und jedes Teil war echt.
Die Boutique hatte sie alle drei gerettet, dachte Laura jetzt. Und obgleich sie es nie für möglich gehalten hatte, waren die drei Frauen einander noch näher gekommen.
Sie stand in der Tür des Ankleidezimmers und beobachtete Margo, die einer Kundin ein Saphirarmband aus dem Schaufenster zeigte, während Kate mit jemand anderem über die Herkunft einer Jugendstillampe plauderte. Eine weitere Kundin sah sich eine mit Opalen besetzte Schnupftabaksdose an, während ihre Begleiterin die Sammlung eleganter Abendtaschen durchforstete.
Eine leise Melodie von Mozart schwebte durch den Raum. Durch das Fenster blickte Laura auf das Treiben in der Cannery Row. Zahllose Wagen drängten sich Stoßstange an Stoßstange, hofften, endlich weiterzukommen oder hielten auf der Suche nach einem Parkplatz plötzlich an. Auf den Gehwegen schlenderten Fußgänger vorbei. Ein Mann hatte sich einen fröhlich glucksenden, kleinen Jungen auf die Schultern gesetzt. Ein Pärchen blieb eng umschlungen vor ihrem Schaufenster stehen, ehe es Sekunden später die Boutique betrat.
»Mrs. Templeton?«
Lauras Gedanken kehrten in die Gegenwart zurück, und sie wandte sich wieder ihrer Kundin zu. »Ja, Mrs. Mayers, haben Sie etwas gefunden, das Ihnen gefällt?«
Die Frau hielt ihr lächelnd einen der Pullover hin. »Bisher habe ich den
Schönen Schein
noch nie verlassen, ohne fündig geworden zu sein.«
Stolz und Zufriedenheit wallten in Laura auf, als sie den Pullover nahm. »Ich hoffe, dass sich das auch in Zukunft niemals ändern wird.«
4
»Keine schlechte Bleibe, was, mein Alter?« Michael striegelte seinen Liebling Max, und der riesige braune Tennessee-Kaltblüter schnaubte zustimmend.
Dieser Templetonsche Pferdepalast war etwas vollkommen anderes als die einfachen Ställe, die Michael in den Hügeln errichtet hatte und die kurze Zeit später unter den Schlammlawinen zusammengestürzt waren. Obwohl – wie ein Palast hatte der Stall nicht unbedingt gewirkt, als er ihn an jenem ersten Nachmittag kurz nach seiner Begegnung mit Laura inspiziert hatte. An jenem Tag ähnelte er eher einer alten Hütte aus einem Märchen, die mit einem bösen Zauber belegt und von allen Bewohnern verlassen worden war.
Dieses Bild und die Tatsache, dass alles an dem Templetonschen Anwesen ihn an Märchen voller Gold und Silber erinnerten, ließ ihn voller Selbstironie grinsen.
In den Ställen hatte er
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