So fern wie ein Traum
Geburtstag, und sie wünscht sich nichts sehnlicher als ein eigenes Pferd.« Mit nachdenklich gespitzten Lippen schob Judy ihren Parfümzerstäuber in die Tasche zurück. »Danke für den Tipp. Ich werde mit meinem Mann darüber reden. Aber fürs Erste wünsche ich dir viel Glück mit deinem alten Freund.«
Laura verließ die Toilette deutlich besser gelaunt. Der Abend ging vorüber, bald wäre er vorbei. Da könnte sie zumindest versuchen, die Zeit zu genießen, die noch blieb.
»Und, wieder abgeregt?«
Sie fuhr zusammen und unterdrückte einen Fluch. Musste der Kerl sich derart von hinten anschleichen? »Tut mir Leid.«
»Als du eben in Richtung der Damentoilette marschiert bist, sahst du aus, als wolltest du jemanden umbringen.« Michael reichte ihr ein frisches Champagnerglas.
»Vielleicht hatte ich ja einfach leichte Bauchschmerzen. Und dann habe ich dort eine Freundin getroffen.«
»Ihr Frauen veranstaltet ja geradezu kleine Gipfeltreffen auf der Toilette, nicht wahr? Ist das der Grund, weshalb ihr für gewöhnlich meist in kleinen Grüppchen verschwindet?«
»Eigentlich spielen wir dort Poker und rauchen dicke Zigarren«, antwortete sie. »Aber ich wollte dir sagen, dass diese Freundin eine Pferdenärrin als Tochter hat. Sie überlegen, ob sie ihr ein eigenes Pferd kaufen sollen. Ich habe Judy deinen Namen gegeben. Ich hoffe, du hast nichts dagegen.«
»Nur zu! Du darfst mir gerne Arbeit verschaffen, so oft du willst. Deinen Schwager finde ich wirklich nett.«
»Das hat man gemerkt. Ich hätte gedacht, dass ihr beiden inzwischen Blutsbrüderschaft geschlossen habt.«
»Ist das vielleicht eine subtile Art, mir zu sagen, ich hätte dich vernachlässigt?«
»Nein.« Die Antwort kam zu schnell, und sie versuchte zu retten, was zu retten war. »Keineswegs. Ich freue mich, dass du dich mit Byron so gut verstehst.« Als sie ihren Schwager zusammen mit Kate über die Tanzfläche schweben sah, wurde ihre Miene weich. »Sie sind so glücklich miteinander. Sie sind erst seit zwei Monaten verheiratet, aber bei manchen Menschen erkennt man bereits an der Art, wie sie einander ansehen, dass sich an ihrer Liebe niemals etwas ändern wird.«
»Du bist eine unverbesserliche Romantikerin.«
Sie fand diese Feststellung nicht im mindesten beleidigend. »Das sollte mir ja wohl gestattet sein.«
»Dann nehme ich an, ich sollte dich jetzt endlich zum Tanzen auffordern.«
Sie hob den Kopf und sah ihn an. »Ich schätze, dann sollte ich wohl annehmen.«
Ehe er allerdings ihre Hand nehmen konnte, sah er, wie ihr Lächeln schwand und sie kreidebleich wurde. Die Hand, die sie ihm entgegengestreckt hatte, sank leblos wieder herab.
»Was ist los?«
Sie atmete zitternd ein. »Hallo, Peter. Candy.«
»Laura.«
Instinktiv legte Michael schützend die Hand um Lauras Taille. Der Kerl, an dessen Arm ein aufgedonnerter, katzenäugiger Rotschopf hing, musste ihr Exmann sein.
Sicher entsprach Peter Lauras Typ. Groß und braun gebrannt, goldblond und elegant, in einem maßgeschneiderten Smoking und mit Manschettenknöpfen, an denen man diskret Diamanten blitzen sah.
»Ich wusste gar nicht, dass du in der Stadt bist«, brachte Laura mühsam hervor. Obgleich die Umstehenden weiterplauderten, als sei nichts geschehen, war sie sich bewusst, im Mittelpunkt des allgemeinen Interesses zu stehen. »Als ich dich wegen Alis Schuldinner angerufen habe, hast du gesagt, du wärst nicht da.«
»Meine Pläne haben sich geändert, aber trotzdem wird es mir nicht möglich sein, daran teilzunehmen«, erwiderte er so förmlich, als schlage er die Einladung zu einem Polospiel mit einem Herzog aus.
»Es bedeutet ihr sehr viel, Peter. Nur ein paar Stunden…«
»Und meine Termine bedeuten mir sehr viel.« Sein Blick wanderte zu Michael, den er einer gründlichen Musterung unterzog. »Ich glaube, deinen Begleiter kenne ich nicht.«
»Michael Fury.« Michael blickte ihn reglos an.
»Natürlich. Ich wusste, wir kennen uns von irgendwoher«, plapperte plötzlich Candy Litchfield los. »Michael ist ein alter Freund von Josh Templeton, mein Schatz. Du bist doch durchgebrannt und zur Handelsmarine gegangen oder so, nicht wahr?«
»Oder so«, antwortete Michael und bedachte sie mit einem abfälligen Blick. Frauen wie Candy hatte er noch nie gemocht. Allzu schillernd, allzu lebhaft. »Ich wüsste nicht, dass wir uns schon einmal irgendwo begegnet sind.«
Wie geplant ärgerte sie diese Bemerkung. Sie errötete und verzog dann verächtlich das Gesicht.
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