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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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dass ich deinen Musikapparat kaputtgemacht habe. Nimm dir Geld, wenn du möchtest. Ich habe viel Geld. Hab keine Angst vor mir. Du brauchst dich nicht zu fürchten. Das weißt du vielleicht. Ich hoffe, dass du es weißt. Ich habe dich so wahnsinnig gern.
Dein
Eli
     
P.S. Du darfst gerne bleiben. Aber wenn du gehst, achte bitte darauf, dass die Tür ins Schloss fällt. E.
     
    Oskar las den Zettel mehrere Male. Dann griff er nach dem Stift, der daneben lag, schaute sich in dem leeren Zimmer um, in Elis Leben. Auf dem Tisch lagen noch die zerknitterten Geldscheine, die er von ihr bekommen hatte. Er nahm sich einen Tausender, steckte ihn in die Tasche.
    Lange betrachtete er die leere Fläche unter Elis Namen. Dann senkte er den Stift und schrieb mit Buchstaben, die so groß waren wie die Fläche, das Wort »JA«.
    Er legte den Stift auf das Papier, stand auf und verstaute den Walkman in der Tasche. Dann wandte er sich ein letztes Mal um und blickte auf die Buchstaben, die nun auf dem Kopf standen.
    »JA«
    Daraufhin schüttelte er den Kopf, zog den Tausender aus der Tasche, legte ihn auf den Tisch zurück. Als er ins Treppenhaus kam, kontrollierte er sorgsam, dass die Tür ins Schloss gefallen war. Zog mehrmals an ihr.
    *
    Aus dem Echo des Tages, 16.45, Sonntag, 8. November 1981
    Die Fahndung der Polizei nach dem Mann, der in der Nacht zum Sonntag nach einem Tötungsdelikt aus dem Krankenhaus von Danderyd entflohen war, ist bislang ergebnislos geblieben. Die Polizei hat im Laufe des Sonntags auf der Suche nach dem Mann, der unter dem dringenden Verdacht steht, der so genannte Ritualmörder zu sein, den Judarnwald im westlichen Stockholm durchkämmt. Der Mann war zum Zeitpunkt seiner Flucht schwer verletzt, weshalb die Polizei annimmt, dass ihm bei seiner Flucht geholfen wurde.
    Arnold Lehrman von der Stockholmer Polizei: »Ja, davon müssen wir ausgehen. Es dürfte ihm ansonsten körperlich unmöglich gewesen sein, sich in diesem … Zustand so lange unserem Zugriff zu entziehen. Wir haben hier draußen dreißig Beamte, Hunde, einen Fahndungshubschrauber im Einsatz. Es ist einfach unmöglich.«
    »Werden Sie die Suche im Judarnwald fortsetzen?«
    »Ja. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass er sich weiterhin in diesem Gebiet aufhält. Aber wir werden unsere Fahndungsbemühungen hier einschränken, um uns stärker darauf zu konzentrieren … herauszufinden, wie er dieses Areal verlassen hat.«
    Der Mann hat ein stark entstelltes Gesicht und ist zum Zeitpunkt seiner Flucht mit einem hellblauen Krankenhauskittel bekleidet gewesen. Sachdienliche Hinweise aus der Bevölkerung nimmt die Polizei unter folgender Telefonnummer entgegen …

SONNTAG, 8. NOVEMBER (ABEND)
    Das Interesse der Öffentlichkeit für die Fahndung im Judarnwald hatte seinen Höhepunkt erreicht. Die Abendzeitungen waren der Ansicht, dass sie nicht noch einmal das Phantombild des Mörders abdrucken konnten. Man hatte auf Fotos von seiner Ergreifung gehofft, aber in Ermangelung solcher brachten beide großen Zeitungen stattdessen das Schafbild.
    Expressen hatte es sogar auf der Titelseite.
    Man konnte sagen, was man wollte, aber das Bild hatte wenigstens eine gewisse Dramatik. Das vor Anstrengung verzerrte Gesicht des Polizisten, die zappelnden Beine und das offene Maul des Widders. Man konnte das Keuchen, das Blöken beinahe hören.
    Die eine der beiden Zeitungen hatte sogar den königlichen Hof um eine Stellungnahme ersucht. Immerhin waren es die Schafe des Königs, die das Polizeicorps derart behandelte. Der König und die Königin hatten allerdings zwei Tage zuvor verlautbaren lassen, dass sie ein drittes Kind erwarteten, und waren deshalb eventuell der Meinung, dass es damit genug sein musste. Jedenfalls verzichtete der Hof auf einen Kommentar.
    Natürlich widmete man auch mehrere Zeitungsseiten Karten vom Judarnwald und den westlichen Vororten. Wo der Mann gesehen worden war, wie die Fahndung der Polizei durchgeführt wurde. Aber das alles hatte man auch früher schon gesehen, in anderen Zusammenhängen. Das Schafbild war etwas Neues und wollte einem nicht mehr aus dem Kopf.
    Expressen hatte sogar einen kleinen Scherz gewagt. Die Bildunterschrift begann mit den Worten »Wolf im Schafspelz?«
    Man durfte ein wenig lachen, und das war auch bitter nötig. Man hatte doch Angst. Der gleiche Mann, der mindestens zwei Personen ermordet hatte, fast drei, war wieder auf freiem Fuß, und den Kindern wurde erneut ein Ausgangsverbot erteilt, ein für Montag

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