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So finster die Nacht

So finster die Nacht

Titel: So finster die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ajvide Lindqvist
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ließ sich in den Sessel fallen, sah ihn an.
    »Oskar. Du bist doch ein smarter Bursche.«
    Oskar zuckte bescheiden mit den Schultern.
    »Weißt du, das Haus, das in Ängby abgebrannt ist. Die Tante, die in den Garten gelaufen und verbrannt ist.«
    »Ja, davon habe ich gelesen.«
    »Hab ich mir gedacht. Haben sie auch etwas über eine Obduktion geschrieben?«
    »Nicht dass ich wüsste.«
    »Nein. Aber sie ist obduziert worden. Und weißt du was? Sie haben in ihrer Lunge keinen Rauch gefunden. Weißt du, was das bedeutet?«
    Oskar dachte nach.
    »Dass sie nicht geatmet hat.«
    »Ja. Und wann hört man auf zu atmen? Wenn man tot ist. Nicht?«
    »Ja.« Oskars Eifer war geweckt. »Darüber habe ich gelesen. Genau. Deshalb macht man auch immer eine Obduktion, wenn es gebrannt hat. Um sicherzugehen … dass keiner den Brand gelegt hat, weil er vertuschen wollte, dass er den im Feuer ermordet hat. Ich habe in … nun ja, um ehrlich zu sein, in Hemmets Journal von einem Typen in England gelesen, der seine Frau ermordet hatte und das mit der Obduktion wusste, also hatte er … bevor er das Feuer legte, hatte er ihr einen Schlauch in den Hals geschoben und …«
    »Okay, okay. Du kennst dich aus. Gut. Aber hier war also kein Rauch in der Lunge, und die Tante ist trotzdem in den Garten hinaus und da noch eine ganze Zeit herumgelaufen, bevor sie gestorben ist. Wie ist das möglich?«
    »Sie muss die Luft angehalten haben. Nee, Blödsinn. Das kann man gar nicht, habe ich auch irgendwo gelesen. Deshalb haben die Leute immer …«
    »Okay, okay. Dann erklär es mir.«
    Oskar legte den Kopf in die Hände, dachte nach, sagte schließlich: »Entweder haben die einen Fehler gemacht, oder sie ist herumgelaufen, obwohl sie schon tot war.«
    Tommy nickte. »Stimmt genau. Und weißt du was? Ich glaube einfach nicht, dass diese Fachfuzzis solche Fehler machen. Glaubst du das?«
    »Nein, aber …«
    »Tot ist tot.«
    »Ja.«
    Tommy zog einen Faden aus dem Sessel, rollte ihn zwischen den Fingern zu einem kleinen Ball und schnippte ihn fort.
    »Ja. Das möchte man jedenfalls gerne glauben.«

DRITTER TEIL
SCHNEE, SCHMELZEND AUF HAUT
    Als seine Hand er dann gelegt in meine
    Mit heitrer Miene, die mir Mut gewährte,
    führt’ er mich ein in die geheimen Dinge.
    Dante Alighieri – Die göttliche Komödie
     
     
    – Ich bin kein Bettlaken. Ich bin ein echtes Gespenst.
    Bu … Buu …
    Du sollst Angst bekommen!
    – Aber ich habe keine Angst.
    Nationalteatern – Kohlrouladen und Unterhosen

DONNERSTAG, 5. NOVEMBER
    Morgan hatte kalte Füße. Die Kältewelle, die ungefähr zu der Zeit begonnen hatte, als das U-Boot auf Grund gelaufen war, hatte sich im Laufe der vergangenen Woche noch verschärft. Er liebte seine alten Cowboyboots, aber man konnte in ihnen nunmal keine Wollsocken tragen. Außerdem hatte eine Sohle ein Loch. Natürlich konnte er sich für einen Hunderter irgendwelchen chinesischen Schund kaufen, aber da fror er lieber.
    Es war halb zehn, und er war auf dem Weg von der U-Bahn nach Hause. Er war an diesem Morgen auf dem Schrottplatz in Ulvsunda gewesen, um sich zu erkundigen, ob man dort vielleicht eine helfende Hand benötigte, die ein paar Hunderter wert war, aber die Geschäfte liefen schlecht. Dieses Jahr würde es wohl wieder keine Winterstiefel geben. Er hatte mit seinen Kollegen einen Kaffee im Büro getrunken, das mit Ersatzteilkatalogen und Pin-up-Kalendern übersät war, und anschließend die U-Bahn nach Hause genommen.
    Larry kam aus einem der Hochhäuser und machte wie üblich ein Gesicht, als drohe ihm die Todesstrafe.
    »Hallo, alter Freund!«, rief Morgan.
    Larry nickte gemessen, als hätte er seit dem Wachwerden an diesem Morgen gewusst, dass Morgan hier stehen würde, und ging zu ihm.
    »Hallo. Wie geht’s, wie steht’s?«
    »Die Zehen halb erfroren, das Auto auf dem Schrott, kein Job und auf dem Heimweg zu einem Teller Tütensuppe. Und selbst?«
    Larry ging weiter Richtung Björnsonsgatan, den Parkweg hinab.
    »Ach, ich hatte überlegt, Herbert im Krankenhaus zu besuchen. Kommst du mit?«
    »Ist er mittlerweile wieder etwas klarer im Kopf?«
    »Nein, ich glaube, da hat sich nichts getan.«
    »Dann verzichte ich dankend. Dieses Geschwafel macht mich echt fertig. Neulich dachte er, ich wäre seine Mutter, und wollte, dass ich ihm ein Märchen erzähle.«
    »Und, hast du es gemacht?«
    »Ja klar. Der Wolf und die sieben Geißlein. Aber heute bin ich nicht in der Stimmung.«
    Sie gingen weiter. Als Morgan sah,

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