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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Menschig
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dieses Mandat nach dem Prozess niederzulegen, wurden sie von Frohns schmierigem Lächeln hinweggefegt. Am liebsten hätte sie gleich diesen ganzen elenden Job hingeworfen. Nur, was dann?
    »Ich kann Ihnen meinen Kollegen Dr. Fehrmann empfehlen. Sie werden sich gut verstehen«, bot Merle mit unverbindlicher Miene an.
    Volker grinste hinter Frohns Rücken, während dieser sich zähneknirschend eine von Michaels Visitenkarten aushändigen ließ. Dann trollte er sich endlich, um sich der wartenden Presse zu stellen.
    »Du hast Frohn nicht gesagt, ob Michael gut ist.« Volker grinste noch immer.
    Merle verzog spöttisch den Mund. »Er hat nicht danach gefragt. Michael ist kein schlechter Anwalt, nur eine schlechte Beziehung.«
    »Redet ihr wieder miteinander? Über das Berufliche hinaus?«
    »Nein, ich denke in letzter Zeit sehr viel über mein Leben nach, und daran hatte er nun einmal Anteil.«
    »Du solltest dich aktiv nach einem Neuen umsehen. Das meine ich ernst. Der Mensch ist nicht dazu geschaffen, allein durch sein Leben zu gehen.«
    Merle zwinkerte ihm verschwörerisch zu. »Was hältst du davon, wenn ich dir am Samstag jemanden vorstelle? Wir wollten ohnehin feiern, oder?«
    Volker starrte sie verdutzt an, dann wurde aus seinem Grinsen ein warmes Lächeln. »Du machst mich neugierig. Um acht bei uns.«
    »Einverstanden.« Merle strahlte, dann fiel ihr Blick wieder auf ihren Mandanten, und sie schnaubte erbost. »Frohn hat echt Nerven! Als ob man sich täglich in ein neues Fachgebiet einarbeitet.«
    Volker nickte zustimmend. »Du hast in den vergangenen Monaten Übermenschliches geleistet und die letzten Tage noch einmal genutzt. Jetzt lass es gut sein. Ich sage das ungern, aber du siehst echt kacke aus.«
    Merle lachte leise, und sie setzten sich in Richtung Ausgang in Bewegung. »Du bist ein wahrer Freund, Volker.«
    An der Eingangspforte hielten sie an, um ihre Regenschirme herauszuholen. Der Herbst hatte den Spätsommer endgültig besiegt und bedachte Norddeutschland mit seinem obligatorischen Schmuddelwetter. An solchen Tagen wünschte Merle sich, die Hamburger hätten gleich die ganze Stadt überdacht und nicht nur die unzähligen Einkaufspassagen erbaut, in denen man bei jedem Wetter trocken blieb.
    »Das hatte ich ganz vergessen. Halt mal kurz.« Volker drückte Merle seinen Taschenschirm in die Hand, zog einen Umschlag aus seiner Aktentasche und tauschte ihn gegen den Schirm. »Das soll ich dir geben. Mit besten Grüßen von Jona. Oder besser gesagt, Jonas Mutter.«
    »Wie bitte? Seit wann bekomme ich von deiner Schwiegermutter Geschenke?«
    »Weiß ich auch nicht, sie kennt dich ja nicht einmal persönlich. Aber glaub mir, sie ist äußerst fürsorglich. Ich kann ein Lied davon singen.« Volker lachte. »Ich habe Jona von deinen Schlafproblemen erzählt. Ihre Mutter hat das Ding aus Florida mitgebracht.«
    Merle öffnete den Umschlag und erblickte einen kreisrunden Draht, um den kreuz und quer Schnüre gewickelt waren. Darunter waren Perlen und Federn befestigt. »Was ist das?«
    »Es nennt sich Traumfänger. Die Ureinwohner dort hängen es sich über ihr Bett, damit es schlechte Träume abfängt.«
    »Solchen Quatsch soll ich glauben?«
    Volker hob abwehrend die Hand. »Jona glaubt es auch nicht, aber sie meinte, es könne nicht schaden, wenn du es aufhängst.«
    »Ich kann es versuchen.« Merle schob das Gebilde zurück in die Hülle und steckte sie in ihre Tasche.
    »Immerhin ist es ein echt indianischer Traumfänger«, erklärte Volker sehr ernst. »Meine Schwiegermutter hat ihn in einem Reservat von einer Indianerin gekauft. Also nicht der billige nachgemachte Kram, den du hier kaufen kannst. Wenn eins funktioniert, dann das.« Er zeigte demonstrativ auf Merles Tasche. Sie schaute ihn einen Moment ungläubig an. Dann fingen beide an zu lachen. Keiner von ihnen glaubte ernsthaft daran.
    Sie begleitete Volker zu seinem Auto und schlug sein Angebot, sie nach Hause zu fahren, aus. Sie wollte laufen, den Kopf klarbekommen. Ihr kleiner Schirm nutzte kaum gegen den Regen, aber sie empfand die Tropfen als erfrischend, die der Wind ihr immer wieder wie Gischt ins Gesicht wirbelte.
    Es war kurz nach vier, als Merle endlich die Haustürschlüssel auf dem Küchentisch ablegte. Sie widerstand der Versuchung, Jakob anzurufen, sondern beeilte sich, das schwarze Kostüm auszuziehen, zu duschen und in Jeans und T-Shirt zu schlüpfen. Dann erst griff sie nach dem Smartphone.
    »Hey, wo bist du?«
    »Merle! Ich bin

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