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So finster, so kalt

So finster, so kalt

Titel: So finster, so kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Menschig
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gehört.«
    Hans presste unauffällig eine Hand gegen den Mund und wappnete sich gegen den Anblick des Raumes und das, was folgte. Damit, dass die Männer das Haus durchsuchen wollten, hatte er nicht gerechnet. Und warum wusste Agnes überhaupt von dem Schlüssel? Fieberhaft suchte er nach einer Erklärung, die er den Männern aus dem Dorf bieten könnte. Vielleicht könnte er behaupten, er hätte eine Ziege dort geschlachtet?
    Die Männer stießen die Tür auf und traten hindurch.
    »Grundgütiger, was stinkt das hier?«
    »Es tut mir leid, Gevatter.« Agnes war näher gekommen. »Als ich hier sauber gemacht habe, habe ich den Kleinen da vorne in die Ecke gelegt, und er hat hingeschissen. Das passiert bei Säuglingen.«
    Hans traute seinen Augen nicht. Der Raum blitzte vor Sauberkeit. Der Boden wies zwar dunkle Flecken auf, doch dass es Blut gewesen war, sah man nicht. Gretas Bett war abgezogen; die verschmierten Leinentücher und Kissen fehlten.
    »War das der Raum deiner Schwester?«
    »So ist es, Gevatter.«
    Die Männer schauten sich suchend um, fanden jedoch keine weiteren Gründe, an Hans’ abenteuerlicher Geschichte zu zweifeln. Endlich durfte er sie zur Haustür führen.
    Dort wandte der Gemeindeverwalter sich noch einmal an den Pfarrer. »Du bist sicher, dass Haus und Grund niemandem gehören?«
    »Ich bin ganz sicher, aber ich kann das überprüfen, wenn du wünschst.«
    »Ich bitte darum.« Er warf sich noch einmal in Positur, was Hans an einen eitlen Gockel denken ließ. »Hans, ich mache dir ein Angebot: Du hast dein Auskommen, und wenn ich das richtig verstehe, versorgst du das Dorf jetzt schon seit Jahren mit Brennholz. Ich bin bereit, dir das Haus und die Nutzungsrechte für den Wald gegen einen symbolischen Obolus zu überlassen, wenn du dich verpflichtest, die Steuern für die letzten fünf Jahre zu entrichten und zukünftig deine Abgaben zu zahlen. Was du hier bisher getan hast, ist streng genommen Diebstahl. Du hast die Gemeinde bestohlen.«
    Hans wurde blass. Auch noch Diebstahl! Er hatte das siebte Gebot gebrochen, ohne es zu ahnen. Wie viele Sünden konnte ein Mensch begehen, ehe ihn der Blitz traf oder er vor Schande verging?
    »Das wollte ich nicht, das ist … was ist ein symbolischer Obolus?«
    »Ich werde sehen, wie wir den Wert des Hauses bemessen können. Nun mach dir keine Sorgen, Bursche, wir werden uns schon einigen.« Die Aussicht auf eine neue Einnahmequelle brachte den Verwalter von allem anderen ab.
    Hans sah seinen Wintermantel endgültig schwinden, sagte sich aber, dass es das Beste für sie alle war. Er konnte ohne Mantel überleben, Johann nicht ohne ein Dach über dem Kopf. Für einen Moment schoss ihm das Bild von Greta durch den Kopf. Wo mochte sie sein? Hoffentlich kehrte sie niemals wieder.
    Die Männer verabschiedeten sich endlich. Hans rang dem Pfarrer noch die säuerliche Zusage ab, ihm das Grundstücksdokument zu zeigen und zu erklären. Sie würden kaum Freunde werden. Wehmütig erinnerte Hans sich an den gütigen Pater Gangolf seiner Kindertage.
    Dann endlich schloss er die Tür und blickte zu Agnes, die scheinbar demütig mit dem Kind im Arm einige Schritte hinter ihm stand. Noch ehe er ein Wort sagen konnte, hob sie abwehrend die Hand.
    »Bitte verzeih mir, Hans.«
    »Warum?«
    »Weil ich in den Raum gegangen bin. Ich wusste doch nicht, was dort zu finden war. Da der Schlüssel auf dem Türrahmen lag, habe ich mir nichts weiter dabei gedacht.«
    Hans trat an sie heran. Agnes schaute bange zu ihm auf und presste Johann ein wenig enger an die Brust.
    »Es ist dein Haus ebenso wie meines, solange du Johann eine gute Mutter bist. Ich habe nichts vor dir zu verbergen. Sobald ich volljährig bin, werden wir heiraten. Ich werde mit dem Pfarrer sprechen, was ich tun muss, um seine Vorgaben zu erfüllen.«
    Agnes nickte zögernd. Dann hatte sie genug Mut für ihre Fragen gefunden. »War es das Schlafgemach deiner Schwester? Sie hat dort das Kind zur Welt gebracht, oder?«
    »Ja.«
    »Bitte verzeih mir dennoch, dass ich dort eingedrungen bin. Es gehört sich nicht. Aber es stank so erbärmlich. Ich dachte, dort verrottet ein Tier.« Ihr etwas trotziger Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass sie doch der Überzeugung war, richtig gehandelt zu haben.
    Hans lächelte ihr aufmunternd zu. »Ich verzeihe dir von Herzen gern. Du hast mir das Zuchthaus oder Schlimmeres erspart. Was hast du mit den Laken und Kissen gemacht?«
    »Ich habe sie hinter die Scheune gebracht und

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