So fühlt sich Leben an (German Edition)
hat in diesen Schuhen gespielt und Triumphe gefeiert…«, und so weiter, und mit dem letzten Wort seiner Erzählung drückt er mir die Schuhe in die Hand. Hier, bitte, war mir ein Vergnügen, danke.
Unvergesslich, geht aber noch weiter.
Ich komme zur Kasse, meine Schuhe sollen fünfundzwanzig Dollar kosten, und die Kassiererin fragt mich, ob ich nicht ein zweites Paar haben möchte. Nee, sage ich. Warum nicht? Ich will schon deutlicher werden, da setzt sie nach.
» Nicht, dass Sie mich falsch verstehen. Wir haben diese Woche eine Aktion– ein Paar kaufen, zwei Paar mitnehmen. Das zweite ist umsonst.«
Und ich: » Verstehe ich Sie jetzt richtig? Egal, welches Paar? Oder ein zweites Paar 180er?«
» Suchen Sie sich irgendein Paar aus. Wenn es zweihundert Dollar kostet, kriegen Sie es trotzdem geschenkt.«
Ich gehe mit zwei Paar Schuhen aus dem Laden, von denen eines hundertfünfundzwanzig Dollar gekostet hat, habe aber nur fünfundzwanzig bezahlt. Und dann kommst du nach Deutschland und fragst Elvira aus Neukölln nach dem Reibekäse…
Ich hatte mich an L. A. gewöhnt, und der Unterschied war gravierend. In L. A. könnte ich leben. Das ist der einzige Ort auf dieser Welt, nach dem ich Fernweh habe. Malibu Beach gleich um die Ecke, dieses Klima, und dann– wir sind immer noch Freunde, Estevan, die anderen und ich. Darum war ich Anfang2012 ein zweites Mal da. Lass uns in Kontakt bleiben, hatte ich mit Estevan ausgemacht, komme nach sieben Jahren in diese Stadt zurück und werde wieder mit offenen Armen empfangen. Und: Sie hatten immer noch keinen für das Studio gefunden, das Estevan damals mit mir aufziehen wollte.
Okay, und weil es so schön in diesen Zusammenhang passt, erzähle ich jetzt, wie es mit dem Putzen weiterging und endete, obwohl ich dafür etwas vorgreifen muss, das Aus kam nämlich erst 2006.
Ich rekapituliere. Das McDonald’s-Geld kam auf die hohe Kante. Ansonsten hatte ich zwar Einnahmen, aber sie reichten vorn und hinten nicht, um eine Familie zu ernähren. Also hatte ich bei einer Reinigungsfirma angeheuert und festgestellt, dass auf meinen Putzfimmel nach wie vor Verlass war– morgens um zwei bin ich aufgestanden, habe eine Stunde später mein erstes Objekt betreten, habe beschwingt mit Wischmopp, Feudel und Staubsauger hantiert und sogar dabei gesungen, weil ich’s gar nicht so übel fand und außerdem wusste, wofür ich’s machte, nämlich für meine Freiheit, tagsüber in Sachen Musik unterwegs sein zu können. Einen Eimer mit Putzzeug hatte ich immer dabei, der fuhr mit mir hinten im Auto von einem Objekt zum anderen, Staubsauger gab es vor Ort, und so klapperte ich fünf Stunden lang bis acht Uhr morgens die Sparkasse in der Kochstraße, die FDP -Zentrale, eine Rechtsanwaltskanzlei und eine Zeitarbeitsfirma ab. Zweieinhalb Jahre lang.
Und meine Kunden waren im Großen und Ganzen zufrieden. Gelegentlich allerdings stieß ich in diesem Job an meine Grenzen.
Meine Chefin war eine untersetzte, bucklige Person namens Angelika und mit allen Putzwassern dieser Erde gewaschen. Wenn du es sauber fandst, bewies sie dir, dass es dreckig war, wobei sich mir immer stärker die Frage aufdrängte, ob sie den Schmutz nicht mindestens genauso heiß und innig liebte wie die Sauberkeit. Zu ihren heißesten Nummern zählte, sich nach getaner Tat im Objekt die weggeworfenen Pizzareste vom Vortag zum Frühstück reinzupfeifen. Da stand ich frühmorgens mit ihr in der FDP -Zentrale, und sie entdeckte eine alte Pizza, zog sie aus ihrem Karton, begutachtete sie und ließ sie sich schmecken. Das erinnerte schon ein bisschen an Dschungelcamp– alte Pizzas durchprobieren, von Hawaii über Funghi bis Salami.
Oder die Sache in der Sparkasse. Da lagen jeden Morgen dreihundertsiebzig Quadratmeter vor mir, inklusive Klos, inklusive einer Riesenmitarbeiterküche, und ich musste eine Art Grundsauberkeit reinbringen. Brachte ich auch, nur dass die Belegschaft an meinen Putzkünsten immer wieder was auszusetzen fand– um die Preise zu drücken, vermute ich. Eines Tages rief mich meine Chefin an und sagte:
» Die Kochstraße hat sich schon wieder beschwert.«
» Weißt du was?«, habe ich gesagt. » Wir treffen uns morgen früh um vier, ich mache den Laden vorher sauber, und du guckst dir das an.«
Gesagt, getan. Sie kommt in die Kochstraße und ist begeistert.
» So putzt du immer?«
» Ja.«
» Toll.« Und geht in die Küche.
Da steht ein langer Tisch, an dem die Belegschaft Pause macht. Angelika
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