So funktioniert die Wirtschaft
müssen sie Untersuchungen zufolge meist hohe GehaltseinbuÃen in Kauf nehmen. Wenn nun z. B. wegen eines Nachfragerückgangs der Vorteil des Arbeitgebers aus der Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses auf null sinkt oder gar negativ wird, ist der Nutzen für den Arbeitnehmer weiterhin vorhanden. In allen Fällen, in denen der Verlust des Arbeitgebers kleiner ist als der Vorteil des Arbeitsnehmers, ist die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses aus gesellschaftlicher Sicht ein Gewinn.
Dem steht die Gefahr gegenüber, dass Arbeitgeber weniger (feste) Mitarbeiter einstellen, da sie befürchten müssen, bei einzelnen Arbeitsverhältnissen, die sich als unrentabel erweisen, draufzuzahlen.
Wichtig
Wenn allein die Arbeitgeber darüber entscheiden können, ob sich die Fortsetzung eines Arbeitsverhältnisses lohnt, fällt das Interesse der Arbeitnehmer unter den Tisch. Das ist aus gesellschaftlicher Sicht nicht wünschenswert.
Nicht alle sind gleichermaÃen betroffen
Wenn es einen starken Kündigungsschutz gibt, verlängert sich die durchschnittliche Verweildauer in einem Job. Weil die Zahl der frei werdenden Stellen entsprechend sinkt, verlängert sich spiegelbildlich auch die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit. Von der verlängerten Verweildauer profitieren v. a. diejenigen, für die feste Arbeitsverhältnisse normal sind, also Männer im mittleren Alter. Benachteiligt durch die Verlängerung der typischen Dauer der Arbeitslosigkeit sind hingegen v. a. junge Menschen und Frauen, da diese als Gruppe häufiger als Arbeitssuchende auftreten, entweder weil sie den Arbeitsmarkt zeitweise verlassen haben oder weil sie erstmals einen Job suchen.
Wichtig
Ausgeprägter Kündigungsschutz nützt v. a. Männern im mittleren Alter und ist eher nachteilig für junge Arbeitssuchende und für viele Frauen.
Der empirische Befund
Letztlich ist es wiederum eine empirische Frage, ob mehr Kündigungsschutz mehr Arbeitslosigkeit bedeutet oder weniger. Die verfügbaren Untersuchungen, die sich wegen der dort für die Wirtschaftsforschung günstigen Bedingungen v. a. auf die USA beziehen, deuten überwiegend auf einen geringen negativen Effekt auf die Beschäftigung hin (Autor, Donohue, Schwab 2006). Das ist nicht unplausibel, denn es gibt ja einen positiven und einen negativen Effekt auf die Beschäftigung: Manche Arbeitsverhältnisse werden durch den Kündigungsschutz gerettet, andere kommen gar nicht erst zustande.
Wie bei allem kommt es natürlich auf die Dosis an. Je ausgeprägter der Kündigungsschutz ist, desto wahrscheinlicher dürfte es sein, dass die negativen Wirkungen überwiegen. Für Deutschland gibt es dazu kaum überzeugende empirische Studien, weil hier anders als in den USA keine nach Bundesländern unterschiedlichen Regelungen existieren. Das erschwert einen Wirkungsnachweis.
Man kann aber feststellen, dass in Ländern mit ausgeprägtem Kündigungsschutz wie Spanien die Jugendarbeitslosigkeit tendenziell besonders hoch ist, sei es, weil die Arbeitgeber risikoscheu sind, sei es wegen der oben beschriebenen âMechanikâ der längeren Jobs und der längeren Arbeitslosigkeit für diejenigen, die arbeitslos sind.
Wichtig
Kündigungsschutz hat positive und negative Wirkungen auf die Beschäftigung, die sich teilweise kompensieren. Empirische Untersuchungen deuten darauf hin, dass zumindest in den USA die negativen Wirkungen auf die Beschäftigung leicht überwiegen. Dieser Effekt und die relative Verschlechterung der Chancen von Frauen und Berufsanfängern ist gegen den Verlust an Arbeitsplatzsicherheit und Lebensqualität einer groÃen Anzahl von Beschäftigten abzuwägen.
Arbeitslose als industrielle
Reservearmee?
Aus der Frühzeit der Industrialisierung stammt die Bezeichnung der Arbeitslosen als industrielle Reservearmee. Demnach stünden sie zur Verfügung, wenn sie gebraucht würden, und müssten bis dahin selbst sehen, wo sie blieben. Zugleich hätten sie noch den Nebeneffekt, die Belegschaften in den Fabriken zu disziplinieren, weil diese fürchten müssten, arbeitslos zu werden. Gilt das auch heute noch? Das Problem, jene Mitarbeiter zu disziplinieren, die nicht von selbst ihr Bestes geben, lässt sich auch bei Vollbeschäftigung lösen, weil nicht alle Stellen gleichwertig sind. Es gibt gute Jobs, in denen die Mitarbeiter ein hohes Maà an
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