Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

So gut wie tot

Titel: So gut wie tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
Vom Netzwerk:
Geh weiter. Du schaffst es noch. Du schaffst es noch zum Termin. DU BRAUCHST DEN GOTTVERDAMMTEN TERMIN!
    Ein anderer Teil seines Gehirns sagte ihm, dass ein Flugzeug, das in einen der Türme flog, noch als Unfall durchgehen konnte, doch zwei konnten kein Zufall mehr sein.
    In seiner absoluten Verzweiflung griff er nach dem Koffer und ging weiter.
    Sekunden später hörte er einen dumpfen Aufprall, als fiele ein Kartoffelsack zu Boden. Etwas Nasses spritzte ihm ins Gesicht. Dann rollte etwas Weißes auf ihn zu und blieb knapp vor seinen Füßen liegen. Es war ein menschlicher Arm. Flüssigkeit rann ihm über die Wange. Er tastete nach seinem Gesicht, es war ganz feucht. Seine Hände waren blutverschmiert.
    Ronnies Magen fuhr Achterbahn. Er drehte sich um und erbrach sein Frühstück, wobei er den nächsten Aufprall nur wenige Schritte von ihm weg kaum bemerkte. Sirenen heulten, ein Höllenlärm. Überall Sirenen. Der nächste Aufprall, die nächsten nassen Spritzer auf seinem Gesicht und den Händen.
    Er schaute hoch. Sah Flammen, Rauch, ameisenkleine Gestalten, Glasscheiben und einen Mann, der vom Himmel fiel. Er verlor einen Schuh, der in der Luft kreiselte und kreiselte und kreiselte. Ronnie konzentrierte sich ganz auf den Schuh. Menschen, klein wie Spielzeugsoldaten, fielen inmitten der Trümmer vom Himmel.
    Er stand nur da und starrte auf das Szenario. Erinnerte sich an einen Satz Briefmarken, auf dem die Höllenvisionen des niederländischen Malers Hieronymus Bosch abgebildet waren. Genauso sah es aus. Wie in der Hölle.
    Die widerlich stinkende, stickige Luft war jetzt von Lärm erfüllt. Schreie, Sirenen, Hubschrauberrotoren. Polizisten und Feuerwehrleute rannten auf die Gebäude zu. Ein Löschzug mit der Aufschrift »Gruppe 12« hielt an und versperrte ihm die Sicht. Er ging um das Fahrzeug herum, während Feuerwehrleute in Schutzkleidung heraussprangen und losliefen.
    Wieder ein dumpfer Aufprall. Ein dicker Mann im Anzug landete auf dem Rücken und explodierte.
    Erneut erbrach er sich, schwankte, fiel auf ein Knie und bedeckte das Gesicht mit den Händen. Einen Augenblick lang verharrte er so, zitterte am ganzen Körper. Er schloss die Augen, als könnte er damit das Grauen vertreiben. Dann geriet er in Panik. Wo waren sein Koffer und die Aktentasche? Ein Glück, da waren sie, genau hinter ihm. Im Augenblick interessierte sich niemand für seine schicke Aktentasche, egal von welcher Marke sie war, ob echt oder falsch.
    Einige Minuten später hatte Ronnie sich wieder in der Gewalt und stand auf. Er spuckte aus, um den Geschmack des Erbrochenen loszuwerden. Plötzlich durchflutete ihn ein ungeheurer Zorn. Wieso gerade heute? Wieso nicht an irgendeinem anderen beschissenen Tag.? Wieso musste das gerade heute passieren?
    Ein Menschenstrom, viele von ihnen mit weißem Staub bedeckt oder blutverschmiert, bewegte sich wie in Trance aus dem Eingang des Nordturms. Ronnie hörte das ferne Jaulen des nächsten Feuerwehrautos. Und noch eins. Und noch eins. Jemand vor ihm hielt eine Videokamera in der Hand.
    Die Nachrichten, dachte er, das Fernsehen. Blöd wie sie war, würde Lorraine in Panik geraten. Sie geriet ständig in Panik. Bei jedem Stau auf der Autobahn rief sie ihn sofort an, ob alles in Ordnung sei, auch wenn er nur hundertfünfzig Kilometer entfernt war.
    Er holte das Handy aus der Tasche und wählte ihre Nummer. Ein scharfer Piepton, dann erschien eine Nachricht im Display:
     
    Netz überlastet.
     
    Er versuchte es noch zweimal und steckte das Handy dann wieder ein.
    Als er kurze Zeit später in aller Ruhe darüber nachdachte, wurde ihm klar, dass dieser nicht zustande gekommene Telefonanruf ein absoluter Glücksfall gewesen war.
    16
    OKTOBER 2007 Verdammt, die Uhr sollte doch Leuchtziffern haben! Abby hielt sie in der undurchdringlichen Schwärze vor ihr Gesicht, bis sie den kalten Stahl und das Glas an der Nase spürte. Noch immer nichts zu sehen.
    Mist, ich habe für eine Leuchtuhr bezahlt!
    Sie lag zusammengerollt auf dem harten Boden. Vielleicht hatte sie geschlafen, wusste aber nicht, wie lange. War jetzt Tag oder Nacht?
    Ihre Muskeln waren völlig verkrampft, ihr Arm war wie abgestorben. Sie wedelte damit in der Luft, um die Blutzirkulation anzuregen. Er wog schwer wie Blei. Sie kroch ein Stück weiter, schwang ihn erneut und zuckte vor Schmerz zusammen, als sie gegen die Wand des Aufzugs schlug.
    »Hallo!«, krächzte sie.
    Wieder und wieder schlug sie gegen die Wand.
    Spürte, wie der Aufzug

Weitere Kostenlose Bücher