So hell wie der Mond
Herd steht, führe ich Sie gerne überall herum. Aber jetzt kommen Sie erst mal mit in die Küche und leisten mir Gesellschaft, ja?«
»Sie können kochen?« Vor lauter Überraschung folgte sie ihm ohne jeden Widerspruch.
»Allerdings. Sie mögen doch sicher Hafergrütze und Innereien !« Er wartete einen Augenblick, ehe er sich umdrehte und ihre entgeisterte Miene sah. »War nur ein Scherz. Aber Meeresfrüchte essen Sie hoffentlich.«
»Krebse nicht.«
»Ich mache ein phänomenales Krebs-Souffle – aber das kriegen Sie erst, wenn wir uns besser kennen, von mir serviert. Hätten mich nicht bereits die übrigen Räume des Hauses überzeugt, dann spätestens die Küche hier.«
Die Küche war braun-weiß gefliest, und in der Mitte erhob sich stolz wie ein Eisberg eine schimmernde weiße Arbeitsinsel. Vor einem breiten Fenster, durch das man auf eine Fülle blühender Pflanzen und eine dunkelgrüne Rasenfläche sah, war eine geschwungene Sitzbank installiert.
»Mit extra Tiefkühlfach«, sagte Byron, während er liebevoll über die Edelstahlfront eines riesigen Kühlschranks strich. »Umluftherd, integrierte Dunstabzugshaube, Teakholzschränke.«
Auf der Insel stand eine große, blaue Schale voll frischen, schimmernden Obstes. Kates Magen knurrte derart, dass sie sicher war, wenn sie nicht bald etwas zu essen bekäme, stürbe sie. »Kochen Sie gerne?«
»Es entspannt mich.«
»Okay, warum entspannen Sie sich dann nicht, und ich sehe Ihnen gemütlich dabei zu?«
Sie musste zugeben, dass er sich tatsächlich beeindruckend gebärdete. Während sie eiskaltes Mineralwasser nippte, schnitt er eine Sammlung farbenfrohen Gemüses klein. Seine Bewegungen waren, soweit sie es beurteilen konnte, wirklich professionell. Fasziniert trat sie näher, um ihn genauer zu beobachten.
Seine Hände gefielen ihr. Lange Finger, breite Handflächen und trotz sorgsamer Pflege durchaus maskulin.
»Haben Sie irgendwann mal einen Kochkurs gemacht?«
»So ähnlich. Wir hatten da diesen Koch, Maurice.« Byron schnitt schmale Streifen von scharfen Pfeffer- und bunten Paprikaschoten. »Er hat gesagt, er würde mir Boxen beibringen. Ich war damals groß und spindeldürr und wurde in der Schule von einem der kräftigeren Kerle regelrecht tyrannisiert.«
Kate trat einen Schritt zurück und unterzog ihn einer kritischen Musterung. Es stimmte, er hatte lange Gliedmaßen, aber zugleich wies er breite Schultern, eine schmale Taille sowie schlanke Hüften auf. Die Ärmel seines Hemdes waren hochgerollt, so dass sie obendrein zwei durchaus nicht ungefährlichwirkende Unterarme erblickte. »Was ist passiert? Haben Sie irgendwelche Pillen geschluckt?«
Lachend hackte er eine Zwiebel klein. »Irgendwann hat sich der Rest meines Körpers an meine langen Arme und Beine angepasst; außerdem fing ich mit regelmäßigem Krafttraining an. Aber damals, so mit zwölf, war ich ein Hänfling, wie man so schön sagt.«
»Das ist ein schwieriges Alter.« Kate dachte an ihre eigene Jugend zurück. Ihr Problem bestand darin, dass sie aus keinem ihrer damaligen Probleme herausgewachsen war – und immer noch ein dürres Gestell war.
»Also hat Maurice gesagt, er würde mir beibringen, mich zu verteidigen, wenn ich dafür bei ihm kochen lerne. Kochen zu können war seiner Meinung nach einer der Grundpfeiler der Unabhängigkeit.« Byron goss Öl in eine große gußeiserne Pfanne, die bereits auf einer heißen Platte stand. »Nach ungefähr sechs Monaten habe ich Curt Bodine mit einem Schwinger niedergestreckt – bis dahin hatte er mir das Leben wirklich schwergemacht.«
»Das hat in meinem Fall Candy Dorall, heute Litchfield, besorgt«, warf Kate beiläufig ein. »Sie hat mir den letzten Nerv geraubt.«
»Candance Litchfield, der Schrecken von Monterey? Rote Haare, selbstgefällig bis dorthinaus, nerv tötendes Kichern, verschlagener Gesichtsausdruck?«
Jeder, der Candy derart treffend beschrieb, hatte ein Lächeln verdient. »Ich glaube, vielleicht sind Sie doch ganz nett.«
»Haben Sie Candy je eins auf ihre hübsche Nase gegeben?«
»Es ist nicht ihre Nase. Das Ding hat ihr ein Schönheitschirurg verpaßt.« Kate knabberte an einem Paprikastreifen herum. »Und nein! Aber dafür haben wir sie nackt in einen Spind in der Umkleidekabine gesteckt. Zweimal sogar.«
»Nicht schlecht, wenn auch ziemlich mädchenhaft. Ich hingegen habe Curt verdroschen, bis ihm Hören und Sehen verging, habe dadurch meinen männlichen Stolz gerettet und gleichzeitig das
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