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So hoch wie der Himmel

So hoch wie der Himmel

Titel: So hoch wie der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Rest des Plätzchens in den Mund – »seit Samstag abend gibt tatsächlich ein Besucher dem andern die Klinke in die Hand.«
    »Du hast deine Sache sehr gut gemacht.« Ann nippte an dem von ihr oben in der Küche gebrauten Tee. Obgleich sie die Brauen hochzog, als sie Margo um die Mittagszeit bereits Champagner trinken sah, enthielt sie sich eines Kommentars. »Doch – wirklich großartig! Vor allem, nachdem du all die Jahre …«
    »Nachdem ich all die Jahre mein Geld, meine Zeit und meine Fähigkeiten vergeudet habe«, leierte Margo herunter. »Willst du mir etwa schon wieder die alte Fabel von der Grille und der Ameise servieren, Mum?«
    Unwillkürlich umspielte Anns Mund ein Lächeln. »Du hast bei der Geschichte nie richtig zugehört und nie einen Vorrat für den Winter angelegt. Oder zumindest dachte ich das.« Sie stand auf, ging zur Tür und blickte in das geschmackvoll eingerichtete Boudoir. »Sieht aus, als hättest du doch ein bißchen vorgesorgt.«
    »Nein. Meiner Ansicht nach paßt hier ein anderes Sprichwort besser. Not macht erfinderisch. Oder vielleicht auch Verzweiflung.« Da die neue Margo hart daran arbeitete, möglichst immer ehrlich zu sein, hielt sie es für angebracht, gleich damit zu beginnen. »Geplant hatte ich es nicht, Mum. Und gewollt auch nicht.«
    Ann drehte sich wieder um und betrachtete die junge Frau, die in dem verspielten cremefarbenen Sessel mit dem leuchtend pinkfarbenen Kissen saß. Weicher als früher, dachte sie. Um die Augen und den Mund herum. Sie wunderte sich, dass Margo, die sich jedes Zentimeters ihrer Züge stets allzu bewußt gewesen war, es nicht zu bemerken schien.
    »Aha«, sagte Ann gedehnt. »Und jetzt?«
    »Ab jetzt soll es funktionieren. Nein, das ist falsch.« Sie nahm einen weiteren Keks und klopfte wie zu einem Toast damit gegen ihr Glas. »Ich werde dafür sorgen, dass der Laden nicht nur läuft, sondern erfolgreich wird. Der ›Schöne Schein‹ soll der Anfang sein. In ein, zwei Jahren mache ich vielleicht eine Filiale in Carmel auf. Und dann – wer weiß? Unter Umständen reicht es ja sogar für eine geschmackvolle kleine Niederlassung in San Francisco und einen poppigen Shop in L. A.«
    »Träumst du immer noch, Margo?«
    »Möglich! Und ich habe immer noch die Absicht, etwas von der Welt zu sehen – aber andere Ecken.« Sie warf ihr Haar zurück und setzte ein, wenn auch etwas schiefes, Lächeln auf. »Schließlich bin ich nach wie vor dieselbe Margo, auch wenn man es nicht so deutlich merkt.«
    »Nein, du hast dich verändert.« Ann trat vor ihre Tochter, umfaßte ihr Kinn und zwang sie, sie anzusehen. »Du hast immer noch genug von dem kleinen Mädchen deiner Kindheit, so dass ich dich mühelos erkennen kann. Ich frage mich nur, woher deine andere Hälfte stammt«, murmelte sie. »Deine Großväter haben ihren Lebensunterhalt mit Fischfang verdient und deine Großmütter schrubbten Fußböden und hängten die Wäsche auf Holzständern in den Wind.« Sie nahm Margos Hand und sah die langen, schmalen Finger mit den hübschen Ringen an. »Deine beiden Hände zusammengenommen hätten in eine Pranke meiner Mutter gepaßt. Ihre Hände waren groß und hart, zum Arbeiten gemacht. Wie meine!«
    Sie bemerkte die Überraschung in Margos Blick darüber, dass sie plötzlich so freimütig über diese Menschen sprach. Bisher hatte sie sie aus reinem Eigennutz niemals erwähnt, fiel ihr auf. Denn wenn sie nicht an sie dachte, schmerzte es weniger, von ihnen getrennt zu sein.
    Oh, sie hatte Fehler gemacht, schalt sich Ann. Schwerwiegende Fehler gegenüber dem Kind, das ein Geschenk Gottes war. Nun tat es weh, diese Fehler zu berichtigen, aber sie musste wohl in den sauren Apfel beißen.
    »Meine Mutter hieß Margaret.« Sie räusperte sich. »Ich habe dir gegenüber ihren Namen bisher nie erwähnt, weil sie ein paar Monate, nachdem ich Irland verlassen hatte, starb. Es quälte mich, weil ich gegangen war, obgleich sie kränkelte, und weil ich nicht zurückkehren konnte, um mich von ihr zu verabschieden. Weder von ihr noch von sonst irgend jemandem unserer Familie habe ich dir je erzählt. Wenn sie das wüßte, wäre sie sicher sehr betrübt.«
    »Traurig«, war alles, was Margo herausbrachte. »Oh Mum, es tut mir leid.«
    »Mir auch – und dass ich dir nicht eher berichtete, wie sehr du ihr in der kurzen Zeit, die sie mit dir hatte, ans Herz gewachsen bist.«
    »Wie …« Die Frage bedrängte sie, aber Margo hatte Angst, ihre Mutter wiche der Antwort wieder

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