So hoch wie der Himmel
mit Peter. Er hat gedroht, wenn ich bleibe, verlässt er sie. Weil er mich einfach nicht will hier in diesem Haus!«
»Dies ist Templeton House«, erwiderte Ann schlicht.
»Und er lebt hier. Laura ist seine Frau. Ich hingegen bin nichts weiter als …«
»… die Tochter der Wirtschafterin. Seltsam, du erinnerst dich immer nur daran, wenn es dir gelegen kommt. Trotzdem bitte ich dich, zu bleiben und ihr beizustehen.«
Oh, wie leicht rief ihre Mutter Schuldgefühle in ihr wach, dachte sie erbost, während sie eine Bluse vom Bügel riß. Auf Vorwürfe ihrer Mutter reagierte sie wie der Pawlowsche Hund, wenn die Glocke läutete. »Ich bin ein Grund für zusätzliche Spannungen in ihrer Ehe und bringe sie nur in Verlegenheit. Aber ich werde nicht bleiben, um mit anzusehen, wie sie zwischen mir und dem Mann, mit dem sie seit zehn Jahren verheiratet ist, hin- und hergerissen wird. Du weißt, dass ich sie liebe.«
»Ja.« Ann stieß einen Seufzer aus. »Ja, das weiß ich. An Loyalität hat es dir nie gemangelt, Margo. Aber ich sage dir, sie braucht dich hier. Ihre Eltern sind irgendwo in Afrika auf Photosafari. Sie wissen kaum etwas darüber, was hier in diesem Haus passiert, und sicher ebenso wenig von deiner Krise. Sonst kämen sie auf der Stelle her. Aber du bist hier und gehörst hierher. Wenn du doch nur einmal auf mich hören würdest, einmal tun würdest, worum ich dich bitte.«
»Das geht nicht.« Sie lächelte dünn. »Einige Dinge ändern sich einfach nie. Kate und Josh sind hier. Und du«, fügte sie hinzu. »Ich hingegen verschwinde lieber, damit sie die Dinge mit Peter klären kann. Falls es das ist, was sie will. Obwohl wahrscheinlich nur der liebe Gott versteht …« An dieser Stelle winkte sie ab. »Das ist allein ihre Sache. Vor mir liegt jetzt die Aufgabe, nach Mailand zurückzufliegen und dort zu regeln, was zu regeln ist. Ich muß zusehen, dass ich mein Leben wieder in den Griff bekomme.«
»Nun, du hast viel Porzellan zerschlagen, also räumst du die Scherben am besten auch selber wieder auf. Aber du wirst ihr weh tun, wenn du gehst«, fügte sie leise hinzu. Ebenso wie mir, dachte sie. Kannst du nicht sehen, wie weh es mir tut, dich gleich wieder ziehen zu lassen, nachdem du gerade erst angekommen bist?
»Wenn ich bliebe, täte ich ihr genauso weh. So oder so kann ich ihr nicht das geringste abnehmen. In Mailand werde ich zumindest versuchen, selbst wieder auf die Beine zu kommen. Ich brauche Geld, ich brauche einen Job.«
»Du hast schon immer viel gebraucht.« Ann musterte ihre Tochter resigniert. »Tja, nun, natürlich sind deine eigenen Bedürfnisse wichtiger als Lauras Befinden. Dann bestelle ich dir jetzt mal ein Taxi zum Flughafen.«
»Mum!« Margo sah Annie traurig an. »Ich versuche doch nur, das Richtige zu tun. Wenn es ein Fehler ist, dann ist es ein Fehler, aber ich gebe mir wirklich Mühe. Versuch das doch bitte zu verstehen!«
»Jedenfalls gehst du schon wieder, obwohl du gerade erst nach Haus gekommen bist.« Ohne sich von Margo zu verabschieden, trat Ann in den Flur hinaus und zog die Tür hinter sich ins Schloss.
Margo hatte sich bereits bei ihrem ersten Besuch unsterblich in die Stadt verliebt. Paris hatte sie betört, Rom Ehrfurcht in ihr geweckt, London machte Spaß. Aber einzig an Mailand hatte sie ihr Herz verloren, die Metropole mit belebten Straßen, ihrer Eleganz und gleichzeitig bunt gemischten Leichtlebigkeit.
Ihre Karriere hatte sie als die Realisierung ihrer Kinderträume angesehen. Ihr Reiseglück, die Wanderlust, die schon immer Teil ihrer Seele gewesen war, hatte sich erfüllt. Doch zugleich hatte sie auf eine ganz eigene Art Wurzeln gebraucht, eine Basis, wo sie sich daheim fühlte.
Die Wohnung hatte sie ganz spontan gewählt, weil sie dem Charme des Gebäudes mit seinen reizenden Terrassen, von denen man die Straße und die hoch in den Himmel ragenden Türme des Doms sah, gleich auf den ersten Blick erlegen war. Und weil gleich um die Ecke die eleganten Läden des Montenapoliane lagen.
Jetzt stand sie auf ihrer Terrasse, nippte kühlen Weißwein, beobachtete den abendlichen Verkehr und lauschte dem hohen Zweiklang eines Martinshorns, während die untergehende Sonne der Umgebung einen goldenen Glanz verlieh und in ihr die Sehnsucht nach einem Menschen weckte, mit dem sie all diese Schönheit teilen konnte.
Es war richtig gewesen, zurückzufliegen. Vielleicht war dies die erste echt selbstlose Tat seit allzu langer Zeit. Obgleich Laura mit ihr gestritten
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