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So muss die Welt enden

So muss die Welt enden

Titel: So muss die Welt enden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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alles vorhergesehen«, nölte er, während er Gin einschenkte. »Sie glaubten, die Erde hinge über einem Feuer, ähnlich wie ein Hähnchen am Grill.« Er reichte seinen Gästen den Gin, dann wies er sie mit einem Wink auf ein Sofa mit verschnörkelten Armstützen und einer Rosette, das George an den Grabstein Modell Nr. 8591 erinnerte. Während Henker still vor Wut köchelte, kehrte Sverre an seinen Schreibtisch zurück und baute einen Dia-Projektor auf. »Bevor Sie eine Meuterei anzetteln, Generalmajor« – die Eichentäfelung eines Schotts teilte sich und gab eine Leinwand frei – »möchte ich, daß Sie sich einige Schadensfeststellungen anschauen.«
    Indem er eine Taste kippte, schuf Sverre in der Kajüte, in die ohnehin noch nie Sonne geschienen hatte, völlige Dunkelheit. Er nahm den Projektor in Betrieb, ein Keil grellen Lichts schoß heraus und erhellte die Leinwand. Keinerlei Körnchen tanzten im Lichtkegel; die Donald Duck war eine Welt ohne Staub. Sverre trat in den Helligkeitsstrahl, vollführte weitschweifige Gebärden. »Die Funksprüche der obersten Verteidigung, die wir aufgefangen haben, legen nahe, daß Rußland den Krieg ausgelöst hat. Das Luftverteidigungskommando Nordamerika will die ersten Anzeichen mittels luftgestützten Flächenradars beobachtet haben. Demnach überquerte ein Schwarm russischer Kugelblitz-Marschflugkörper Kanada mit Kurs auf Washington. Grund zum Präventivschlag, argumentierten die Vereinten Stabschefs. Also hat man gegen eine Anzahl ausgesuchter russischer Bomber-Stützpunkte und Fernraketen-Basen einen operativen Gegenschlag eingeleitet. Und dann hat der Gegner… zurückgeschossen.«
    Der Kapitän ging zu seinem Schreibtisch, trank einen Schluck Gin und legte das erste Dia-Magazin ein. »Diese Bilder sind von der mit Periskop Nummer Eins verbundenen Kette geostationärer Satelliten aufgenommen worden.«
    »An der Anlage haben wir gebastelt«, sagte Randstable.
    »Wie bei jedem weltweiten Konflikt gab es auch im Dritten Weltkrieg etliche mitreißende und denkwürdige Schlachten«, tönte Sverre. Verwaschene Kleckse färbten die Leinwand. Sverre verstellte die Projektorlinse, und man erblickte einen verkohlten Erdspalt. »Schauplatz der Schlacht von Joplin, Missouri«, konstatierte Sverre. Er wechselte das Dia. Eine Landschaft in Flammen, Autos lagen wie umgedrehte Schildkröten auf ihren Dächern. »Die Schlacht von Dearborn, Michigan«, sagte der Kapitän. Das nächste Dia: Eine durch dunkle Flecken verunstaltete Ebene. »Die Schlacht von Dodge City, Kansas«, hieß diesmal der Kommentar. Nächstes Dia. Aus einem Sumpf ragten reihenweise geschwärzte Stümpfe verloderter Bäume. »Die Schlacht von Winter Haven, Florida.« Neues Dia. Ein Aschenmeer. »Die Schlacht von Twin Falls, Idaho.«
    Von da an wechselte Sverre die Aufnahmen so rasch, als verschösse er Schnellfeuer. Racine. Amarillo. Hagerstown. Bowling Green. Chattanooga. Bangor. Binnen einer halben Stunde zeigte Sverre vier runde Dia-Magazine vor, deren jedes einhundertzwanzig Bilder enthielt.
    Er schaltete den Projektor ab, und der Untergang von Troja/New York entschwand ins Nichts. Die Evakuierten saßen in dumpfer Finsternis und tranken Gin. Randstable gab einen Laut wie einen Hund von sich, der einen Alptraum hatte. Henker schnaubte mal, mal hustete er. Fünf Minuten lang fiel kein Wort.
    »Wie verläßlich ist dieser Schadensüberblick denn überhaupt?« fragte schließlich Henker unsichtbar aus dem Dunkel.
    »Zweifellos existieren Aussparungen mit Überlebenden«, sagte Sverre, »und ich bin ziemlicher sicher, daß zehn bis fünfzehn Kleinstädte übersehen worden sind.« Das Licht ging an. »Aber im großen und ganzen ist in dieser Diaserie die postatomare Umwelt wirklichkeitsgetreu wiedergegeben.«
    »So?« meinte Henker. »Also, das ist ja lächerlich. Der HOPPEL-Plan war mit Eskalations-Vorbeugungsmaßregeln gespickt.«
    »O jemineh«, sagte Randstable. »O Gott. Ach du lieber Gott.« Das gealterte Ex-Wunderkind zog ein kleines Reise-Schachspiel aus der Tasche. »Schnell! Weiß jemand ’n Schachproblem? Bitte, ich möchte, daß jemand mir ’n Schachproblem stellt.«
    »Verteilen Sie acht Königinnen so auf dem Brett«, riet ihm Sverre, »daß keine eine andere schlagen kann.«
    »Dafür habe ich zuwenig Königinnen«, schnaufte Randstable. »Egal. Schon gelöst.«
    »Na gut, dann nehmen Sie vier Läufer und…« Sverre verstummte, als er sah, daß Henker sein tragbares Atomgeschoß vom Koppel

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