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So muss die Welt enden

So muss die Welt enden

Titel: So muss die Welt enden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Morrow
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Beweismaterials Denkschriften, Monografien, Berichte, Resolutionen, Dienstanweisungen, Briefe, militärische Handbücher und Programme der Republikanischen Partei ein.
    »Die Richter werden allmählich bockig«, stellte Randstable fest.
    »Sie langweilen sich zu Tode«, sagte Henker.
    »Mister Aquinas«, erklärte Richterin Jefferson, indem sie mit einer Armbewegung, die an einen Scheibenwischer erinnerte, Dokumente zur Seite schob, »das Gericht ist der Auffassung, daß es nun an der Zeit ist, den ersten Zeugen zu vernehmen.«
    Aus seiner ARES-Montur zog Aquinas ein Aussageprotokoll und glättete es auf der Tischplatte der Staatsanwaltschaft.
    »In der McMurdo-Sund-Konvention steht ein gewisses Datum«, sagte er, indem er aufstand, »ein so schreckliches Datum, daß wenige von uns es zu nennen bereit sind. An diesem Datum brach der Dritte Weltkrieg aus. Einem anderen Kalender zufolge jedoch – dem Kalender, der gültig geworden wäre, hätten wir alle Einlaß erhalten – geschah an diesem Datum etwas anderes, oder es wäre etwas anderes geschehen. An diesem Datum hätte eine Handvoll amerikanischer Bürger endlich den Ansatz zu einem Ausweg aus dem atomaren Irrsinn erblickt. Zu späterer Zeit hätten sie sich darüber erst untereinander und danach mit ihren Kindern verständigt. Die Kinder wären Erwachsene geworden… Die Staatsanwaltschaft ruft Brigadegeneral Quentin Flood vom Heer der Vereinigten Staaten in den Zeugenstand.«
    Der Zeuge betrat den Gerichtssaal, als stünde er an der Spitze einer unsichtbaren Militärparade. Sobald er an seinem Platz saß, bemerkte George an ihm eine Aura, die er als Ritterlichkeit zu bezeichnen geneigt war; es hatte den Anschein, als wäre Flood aus dem gleichen Holz wie Tarmac, ein rauhbeiniger, augenfällig fescher Soldatentyp. An seiner ARES-Montur haftete eine ganze Menge von Ordensbändern und Medaillen.
    »Wer ist denn bloß dieser Kartuschenwichser?« fragte Wengernook.
    »Bei den Fußlatschern kann man sich jederzeit darauf verlassen«, entgegnete Henker, »daß genug Arschgeigen dabei sind.«
    Der nagerhafte Fuzzy von Gerichtsdiener kam angewieselt, kramte aus dem offenen Reißverschluß seiner ARES-Montur eine Bibel und fragte den Zeugen, ob er die Absicht hegte, nichts als die reine Wahrheit zu sagen. »Jawohl«, schwor Flood.
    »In welchem Alter sind Sie auf den Kontinent gelangt?« eröffnete Aquinas das Kreuzverhör des Brigadegenerals.
    »Zweiundvierzig.«
    »Nach Ihrer Erinnerung hätten Sie eine Vereinigung mit dem Namen Generale gegen Atomwaffen gegründet?«
    »Jawohl.«
    »Zweiundvierzig ist ziemlich jung für einen Brigadegeneral.«
    »Wir wären von frischem Schrot und Korn gewesen.« Flood sprach mit gedehntem, melodischem Südstaatlernölen. »Man hätte uns Miesmacher geschimpft.«
    »Was hätten Sie denn miesgemacht?«
    »Die Atomwaffenstrategie.«
    »Wie sie durch Staatssekretär Wengernook und Generalmajor Tarmac konzipiert worden ist?«
    Fledermäuse schossen langsamer zur Hölle heraus, als Bonenfant aufsprang. »Ich protestiere!«
    »Stellen Sie bitte eine andere Frage, Mister Aquinas«, sagte Richterin Jefferson.
    Der Oberstaatsanwalt schnitt eine Grimasse. »Wie sind Sie das erste Mal«, fragte er, »über die traditionelle Atomwaffenstrategie informiert worden?«
    »Durch Aufsätze in der Vierteljahresschrift für Strategisches Denken«, antwortete Flood. »Ein Artikel hieß ›Nach der Abschreckung: Optionen für den Verteidigungsfall‹ und war von Staatssekretär Wengernook. Ein anderer Aufsatz hatte den Titel ›Theorie der Triade und landgestützte Verteidigung – unsere Achillesferse‹ und stammte von Generalmajor Tarmac.«
    »Was wäre die Philosophie der Generale gegen Atomwaffen gewesen?«
    »Daß Waffen ohne jeden militärischen Wert als Kernstück der Verteidigungsvorkehrungen einer großen Demokratie verfehlt sind.«
    »Es dürfte schwierig geworden sein, Ihre Vorgesetzten im Pentagon von diesem Standpunkt zu überzeugen.«
    »Haben Sie je einen Stier an den Hörnern gepackt? Man kann es schaffen, aber dafür muß man seinen Beruf gern ausüben.«
    Aquinas schlenderte zum Tisch der Staatsanwaltschaft und nahm die protokollierte Aussage des Zeugen an sich. »Sie hätten ein einflußreiches, später berühmtes Buch geschrieben – Waffen wofür? –, das mit folgenden Schlußsätzen geendet hätte, ich zitiere: ›Auf diese Weise werden wir durch unsere Atomwaffen sittlich verdorben. Sie erniedrigen und entwürdigen das alte,

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