So nah bei dir und doch so fern
gedacht haben, ich sei aus den Latschen gekippt, weil ich zu viel getrunken hatte.
»Verlass mich nicht, Kate! Ich kann ohne dich nicht leben«, hörte ich Mark in dem ganzen Tumult stammeln. Mein Kopf fühlte sich leicht an. Alison nahm meine Hand in ihre und forderte mich auf, sie zu drücken. Ich tat es.
»Du kannst den Krankenwagen wieder abbestellen, Mark«, rief Alison durch das Restaurant. »Sie ist nur ohnmächtig geworden.«
Als ich wieder zu mir kam, stellte ich fest, dass meine neue weiße Bluse mit Soße bekleckert war.
»Glaubst du, dass die Flecken wieder rausgehen?«, fragte ich Alison. Mark schaute mich an, auf seinem Gesicht lag eine Mischung aus Erleichterung und Fassungslosigkeit.
Im Nachhinein kann ich nur sagen, Wodka auf nüchternen Magen war nicht die beste Idee.
KAPITEL 43
Wohltätigkeit beginnt zu Hause
V on Winston Churchill stammt das Zitat: »Erfolg ist nicht final, Misserfolg nicht fatal; es ist das Durchhaltevermögen, das zählt.«
Ich stimme dem bedeutenden Mann weitgehend zu. Jeder von uns hat die Wahl, ob er kämpfen will, um seine Ziele zu erreichen, oder sich lieber umdreht und die Niederlage hinnimmt, weil er Angst hat, es nie zu schaffen. Für mich war das etwas, über das ich nicht lange nachzudenken brauchte. Als klar war, dass ich den Schlaganfall überleben würde, gab es für mich gar keine andere Wahl, als zu genesen und zu meinem ursprünglichen Leben zurückzukehren, auch wenn die Ärzte einer schnellen und völligen Genesung skeptisch gegenüberstanden.
Nachdem ich die Intensivstation verlassen hatte und mich auf dem Weg der Besserung befand, verschwendete ich keinen einzigen Gedanken daran, nicht mehr die Kate werden zu können, die ich einmal gewesen war, auch wenn alle anderen große Zweifel hegten. Und als ich beschloss, die Stiftung »Fighting Strokes Young & Locked-In Syndrome« zu gründen, wurde das Churchill-Zitat zu meinem Leitspruch.
Vor dem 6. Februar 2010 hatte ich noch nie etwas über das Locked-in-Syndrom gehört und war der Meinung, Schlaganfälle seien etwas, das nur alten Menschen zustößt. Doch als ich über Facebook wieder Kontakt mit der Außenwelt aufnahm, erfuhr ich schnell, dass ich mit meinem Locked-in-Problem nicht alleine dastand. Es sah so aus, als gehörte ich zu denjenigen, die Glück hatten. Ich war lediglich acht Wochen in mir selbst eingeschlossen und gefangen geblieben, bevor ich erste Anzeichen von Bewegung zeigte. Ich sage »lediglich«, weil viele Menschen eingeschlossen blieben und schließlich starben.
Im Internet begann ich mich in Fälle aus der ganzen Welt einzuarbeiten. Nicht nur in solche von bekannten Leuten wie Jean-Dominique Bauby, dem Autor von Schmetterling und Taucherglocke , oder in den der Amerikanerin Julia Tavalaro, die im Alter von zweiunddreißig Jahren zwei Schlaganfälle bekam und sechs Jahre lang im Wachkoma lag, bevor man feststellte, dass sie innerlich lebte. Es gab auch andere positive Berichte wie den über Graham Miles, einen Engländer aus Sussex, der mit neunundvierzig einen Gehirnstamm-Schlaganfall erlitt und zwanzig Jahre später wieder zu gehen begann.
Auch die Tatsachenberichte von Menschen, die eine andere Nahtoderfahrung als durch einen Schlaganfall gemacht hatten, inspirierten mich. Am meisten bewegte mich das Buch von Lance Armstrong Tour des Lebens. Wie ich den Krebs besiegte und die Tour de France gewann . In seinem Kampf, sich vom Krebs zu erholen, das berühmteste Radrennen der Welt zu gewinnen, eine Stiftung zu gründen und dem Radsport zu nützen, entdeckte ich einige meiner eigenen Hürden. Ich konnte seine Hingabe und den nicht enden wollenden Elan, trotz der geringen Aussichten genesen zu können, nachvollziehen. Zugleich gab es mir das Gefühl, ich habe anderen etwas anzubieten.
Als mir eine Freundin dabei half, auf Facebook meine »Beating-Locked-in-Syndrome«-Seite einzurichten, war ich von der Resonanz überwältigt. Innerhalb weniger Wochen gewann ich 500 Freunde, und im Laufe der Zeit wurden es 1 000. Nicht nur mein Freundeskreis und die Verwandten lasen meine Überlegungen, selbst Fremden aus so fernen Regionen wie den USA oder Spanien diente meine Geschichte als Ermutigung.
Ein Mann aus New York berichtete mir von seiner Freundin Sheily Keegan Uhl, die am zweiten Weihnachtsfeiertag einen ähnlichen Schlaganfall wie ich erlitten hatte. Er schrieb:
Ihre Geschichte hat uns alle zutiefst beeindruckt und durch das Wissen, dass es wirklich Hoffnung gibt, Trost
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