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So nah bei dir und doch so fern

So nah bei dir und doch so fern

Titel: So nah bei dir und doch so fern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Allatt
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ich eine Zahnbürste zur Hand und kitzele damit den hinteren Rachenbereich, wie mir eine der Schwestern von Osborn 4 gezeigt hat. Das verursacht ein ungewolltes Husten, wodurch das sperrige Essensteil wieder hochgestoßen wird, auch wenn ich nicht willentlich husten kann.
    Solange ich mich an diese Regeln hielt, ließ sich jegliches Drama verhindern, und auch wenn es für normale Leute eine umständliche Art der Nahrungsaufnahme zu sein scheint, für mich war sie wichtig. Mein Gesellschaftsleben hatte sich immer ums Essen und Trinken gedreht, seien es mein Earl Grey Tee mit Jaqui und Anita nach dem Laufen oder die Freitagabende in unserem Indischen Restaurant. Diese Beisammensein waren einer der Gründe, weshalb ich darauf bestanden hatte, dass man mir die PEG entfernte.
    Trotz all dieser Vorsichtsmaßnahmen passierte es, dass ich beinahe an einem Putengericht erstickte. Ich war mit Mark und den Kindern zu Hause, als es eines Abends geschah. Ich weiß nicht, wie es dazu kam, da ich mich an alle Vorschriften hielt, jedenfalls blieb das Putenstück auf halbem Wege in der Speiseröhre stecken und wollte sich partout nicht bewegen. Ich versuchte, es mit Cola hinunterzuspülen, doch es rührte sich nicht. Ich spürte, dass es im Hals festsaß und blieb, wo es war. Weil ich heftige Brustschmerzen bekam, blieb mir nichts anderes übrig, als den Weg in die Notaufnahme anzutreten.
    Mark rief unsere Babysitterin an und bat sie, sich um die Kinder zu kümmern, bevor er mich zur Unfallstation des nächsten Krankenhauses, das Sheffield Hallam, fuhr. Dort wurde ich zur Hals-Nasen-Ohren-Abteilung geschickt, wo eine weitere Untersuchung ergab, dass das Putenstück zu tief saß, als dass man es mit der normalen Apparatur hätte sehen können. Man wies mir ein Zimmer zum Übernachten zu, da am nächsten Tag eine Endoskopie gemacht werden sollte.
    Mit mir nicht, dachte ich, als man mich in ein Bett des Magen-Darm-Trakts verfrachtete und Mark nach Hause fuhr. Ich hatte bereits genug Zeit im Krankenhaus verbracht, für dieses Leben reichte es mir, und so stand für mich außer Frage, eine weitere Nacht damit zu verplempern, schlaflos in einem Bett des Nationalen Gesundheitsdienstes zu liegen, wenn es nicht unbedingt erforderlich war.
    Als der Arzt mit dem Ergebnis der Röntgen-Aufnahmen kam, beschloss ich endgültig, nicht zu bleiben. Der Arzt erklärte, das Fleisch habe sich etwas nach unten bewegt und befände sich nicht nahe der Luftröhre, dennoch müsse man morgen mit einem Teleskopschlauch das Fleisch entfernen. Mir war sofort klar, dass für mich keine Gefahr bestand, solange das Putenstück die Luftröhre nicht blockierte, und vielleicht würde es mit der Zeit sowieso hinunterrutschen. Deshalb wollte ich das Krankenhaus verlassen.
    Nachdem der Arzt gegangen war, machte ich den Schwestern die Hölle heiß und bestand darauf, nach Hause gelassen zu werden. Als sie sich weigerten, riss ich mir die Kanüle aus dem Handrücken, die man in Vorbereitung des morgendlichen Bluttests vor dem Eingriff bereits angebracht hatte, und entließ mich selbst. Ich rief Mark an, er solle mich abholen, und ward danach nicht mehr gesehen.
    Durch das stecken gebliebene Stück Fleisch schlief ich nachts etwas ungemütlicher, doch nachdem ich mich am nächsten Morgen ein wenig im Haus bewegt hatte, rutschte es allmählich in den Magen.
    Als dieses Drama überstanden war, fand ich schnell wieder zur geselligen Routine mit meinen Freundinnen zurück. Anita und Alison kamen auf einen Kaffee vorbei, ich gönnte mir nach einer besonders harten Einheit im Fitnessstudio Tee und Kuchen im Esporta-Café, und wir nahmen sogar die alte Gewohnheit unseres Freitagabend-Pub-Besuchs wieder auf.
    Freitagabends hatten India, Harvey und Alisons Töchter ihre Pfadfindertreffen, und wir lieferten die Kinder um 18.30 Uhr am Gemeindezentrum ab und setzten uns dann mit Woody und Nicole für ein paar Stunden in den Dorf-Pub, bis es Zeit zum Abholen der Kinder war.
    Mir fiel allerdings sehr schnell auf, dass ich Alkohol nicht mehr so wie früher vertrug. Vor dem Schlaganfall hatte ich gut und gern ein oder zwei Gläser Rotwein oder auch mehrere Gin Tonics verputzt, jetzt hatte ich das Gefühl, die meisten Alkoholika schmeckten faul. Für meinen empfindlichen Rachen waren sie zu scharf, daher nahm ich wie die Kinder eine Limonade. Wenn ich mal auf den Putz hauen wollte, bestellte ich einen Wodka mit jeder Menge Cola, weil es das einzige alkoholische Getränk war, das ich

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