So nah bei dir und doch so fern
India und Harvey auf, während ich Woody mitnahm. Es war das erste Mal nach seiner Geburt, dass ich von zu Hause wegblieb, und nach ein paar Gläsern Wein fühlte ich mich ein wenig derangiert. Ich ging nach oben ins Badezimmer, um mir die Schlammpackung aus dem Gesicht zu waschen, nachdem ich den schlafenden Woody unterwegs auf Alisons Gästebett gelegt hatte. Als ich fertig war, ging ich wieder nach unten zu den Freundinnen, und es wurde weiter getrunken und gelacht. Niemandem fiel auf, dass Woody nicht da war, bis wir ihn im Schlafzimmer weinen hörten. Ich rannte nach oben und sah, dass er gefährlich nahe an die Bettkante gekommen war.
Während meiner Zeit in Osborn 4 gewann ich mehrere tolle Freundinnen und Freunde unter dem Pflegepersonal, die sich todunglücklich darüber zeigten, dass einem jungen und fitten Menschen wie mir etwas derart Schlimmes hatte zustoßen können. Bei einigen, die wie ich Kinder besaßen, hatte ich das Gefühl, als würde ihnen erst durch meine missliche Lage bewusst, wie grausam das Leben spielen kann.
Anscheinend gehörte es zu den Voraussetzungen, um in Osborn 4 arbeiten zu dürfen, dass man Sara hieß, denn es gab gleich vier von ihnen. »Sara Schwarzhaar« war jene Schwester, die bereits sehr früh erkannte, dass ich mich von den üblichen Fällen unterschied, und die mich deshalb mehr wie eine Gleichgestellte behandelte und weniger als Patientin. Dann gab es »Sara Bob«, eine ziemlich strenge Frau, die seit zwei Jahrzehnten als Schwester arbeitete und sehr gründlich war, allerdings auch kalt und distanziert. Als ich in die neue Abteilung kam, sehnte ich mich nach Mitgefühl und Wärme, aber das Einzige, womit mir »Sara Bob« begegnete, waren Vorschriften und Regeln. Als sich mein Zustand besserte und ich weniger hilfsbedürftig wurde, erwiderte ich ihre nüchterne Art.
»Sara Bobs« beste Freundin war eine untersetzte Frau, die ebenfalls Sara hieß. Ich nannte sie »Sara klein«. Sie war das Gegenteil von »Sara Bob« und reagierte sofort, wenn ich weinte. Egal, ob es mir wirklich schlecht ging oder ich einfach Aufmerksamkeit brauchte, sie war immer zur Stelle. Bei ihr machte es mir am wenigsten aus, wenn sie meine Windeln wechselte oder die Monatsbinde beseitigte.
Im Nachtdienst gab es noch »Sara nachts«, eine blonde ältere Hilfsschwester, die die meiste Zeit damit verbrachte, mich unter Mithilfe ihrer Kollegin von einer Seite auf die andere zu legen. Die gute Frau war stets freundlich, zählte die Monate bis zu ihrem Ruhestand und trug ihr graues Haar als Knoten auf dem Kopf.
Neben der Schwesternschaft der Saras gab es noch eine ganze Schar von verschiedenen Schwestern und Hilfskräften, die mein Leben alle auf die unterschiedlichste Weise beeinflussten. »Läufer«, so von mir genannt, weil er genauso gern an Läufen teilnahm wie ich, war der weise Mann der Abteilung, ein Krankenpfleger mit enzyklopädischem Wissen, das ich später anzapfte, als ich wissen wollte, wie ich die Windeln und Katheterschläuche loswerden konnte.
Dann war da »Pingel-Pfleger«, der für die Gesundheit und Sicherheit auf der Station verantwortlich war und der mir den letzten Nerv raubte, weil er Ewigkeiten brauchte, um während seiner Nachtrunde die Medikamente zu verteilen, derweil ich zu schlafen versuchte.
Und dann gab es Becky, eine schwindelerregende Blondine, die auf der gleichen Wellenlänge lag wie ich. Sie war jung und ledig, und in ihrer Obhut fühlte ich mich wohl. Selbst wenn sie mir die Windel wechseln musste, war mir das nicht peinlich.
Der Chef der Abteilung, Steven, war ein lustiger, beeindruckender Typ, der Spaß daran hatte, Mitarbeiter und Patienten zum Lachen zu bringen. Manchmal rief er in der Abteilung an und verstellte seine Stimme, in der Hoffnung, die Leute würden darauf hereinfallen, doch es gelang ihm nie.
Zu meinem Reha-Team gehörte Sophie, eine Logopädin, die später eine wichtige Rolle in meiner Vorbereitung auf das Trinken spielen sollte. Dann war da Lucy, die Ergotherapeutin, deren Aufgabe es war, meine Muskeln so weit zu stimulieren, dass sie ihre Arbeit wieder aufnehmen konnten. Zwischen Lucy und mir gab es den Running Gag, dass sie untätig sei, weil ich ihr gegenüber spaßeshalber behauptet hatte, meine Fortschritte seien einzig und allein mein Werk, und sie daraufhin geglaubt hatte, ich sei tatsächlich der Meinung, sie habe nichts dazu beigetragen!
Auch Gemma, meine Physiotherapeutin, war eine Läuferin und davon überzeugt, dass mich
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