So nah bei dir und doch so fern
Geburtstag unbedingt bei mir sein.
Alison hatte sich sogar erkundigt, ob es an jenem Tag Flüge für sie beide von Cornwall gab, doch sie hatte nichts erreicht, und eine Autofahrt von sechs Stunden stand nicht zur Debatte. Um die Sache noch zu verschlimmern, waren einige von Indias Schulfreundinnen mit ihren Müttern bei der Geburtstagsparty im Rivelin Park erschienen, und das führte zu weiteren Eifersüchteleien und Verstimmungen. Nach Indias Meinung waren die anderen Mädchen Verräter, und noch eine ganze Zeit danach brachte sie es nicht über sich, mit ihnen zu reden.
Das nächste Ereignis, auf das ich mich freute, war mein Besuch zu Hause anlässlich meiner zweiten Geburtstagsparty, aber darüber hinaus dachte ich auch schon an den August und unseren nächsten Familienurlaub. Ich war wild entschlossen, trotz allem wieder auf dem Beifahrersitz zu sitzen und die Grillpartys am Strand mitzuerleben. Dies sollte der erste und absolut letzte Familienurlaub sein, den ich verpasst hatte.
Ich setzte mir ein neues Ziel. Im August sollte es mir so gut gehen, dass ich Mark und die Kinder nach Cornwall begleiten konnte. In Gedanken machte ich mir einen Knoten ins Taschentuch: Am 21. August musste ich eine freie Frau sein.
Ab jetzt begann ich, die Tage hinunterzuzählen.
KAPITEL 27
Es ist meine Party, und ich heul, wenn mir danach ist
W ährend der Wohnwagen-Urlaub nicht geklappt hatte, stand für mich nie außer Frage, dass ich an meiner eigenen »offiziellen« Geburtstagsparty würde teilnehmen können. Sie war Bestandteil meines Aktionsplans, und mein Therapieteam hatte mir geholfen, mich darauf vorzubereiten.
Einige Wochen zuvor hatten wir uns einen Rollstuhl geliehen, und meine Physiotherapeutin und Ergotherapeutin hatten mich hinten im Kleinbus des Krankenhauses nach Hause gebracht, um zu begutachten, was für meinen großen Tag da draußen noch benötigt wurde.
Als ich im Rollstuhl sitzend darauf wartete, über die Türschwelle meines eigenen Hauses geschoben zu werden, wurde mir plötzlich bewusst, welch langer Weg mir noch bevorstand, falls ich wieder in das normale Leben zurückkehren sollte. Ich dachte an die Nächte, in denen ich hier den Weg von der Auffahrt hochgetorkelt war, einigermaßen lädiert nach einer wüsten Nacht mit den Freundinnen, und wie ich in meiner Handtasche nach dem Haustürschlüssel gekramt hatte und dabei versuchte, nicht zu viel Lärm zu machen, damit die Kinder nicht aufwachten. Jetzt erforderte es schon enorme Anstrengung, mich bloß den Gartenweg hinaufzubringen.
Der Weg vom Bus über unsere Auffahrt bis zur Haustür verlief geradeaus, doch die zwanzig Zentimeter hohe Stufe zum Vorbau erwies sich als Barriere. Die Ergotherapeutin hatte im Krankenhaus ein Paar transportierbarer Rampen besorgt, und mit Muskeleinsatz gelang es ihr, mich über die Schwelle in den Vorbau zu schieben. Es war knapp, aber wir schafften es.
Es wurde Sonntag, der 6. Juni. Mir jedoch war gar nicht nach Feiern zumute, was wahrlich nicht zu mir passte. Literaturkreis, Laufveranstaltungen, Besuch im Frisiersalon, es gelang mir immer, daraus einen Spaß zu machen. So war ich nun mal.
Diese Party hingegen war ohne mich organisiert worden, und ich hatte einfach keinen Bock auf sie. Ich war immer noch dabei, mich von meiner Beinahe-Lungenentzündung zu erholen, die mich leicht das Leben hätte kosten können, und fühlte mich zerbrechlich und verletzbar. Alison hatte meine Haare gemacht, so wusste ich wenigstens, dass diese glänzten, während der Rest von mir welk war.
Als die Schwestern an diesem Morgen erschienen, um mich anzuziehen, wurde ich in ein neues Kleid gesteckt, das ich mithilfe von Jo in einem Katalog ausgesucht hatte. Jo brachte mir häufig Kataloge mit und ließ mich Pyjamas und Kleidung auswählen. Sie hielt dann eine Seite vor mich hin, und wenn ich ein Mal für »nein« blinzelte, blätterte sie weiter, bis wir zu einer Seite kamen, auf der mir etwas gefiel. Danach zeigte sie auf jedes einzelne Bild, bis ich zwei Mal blinzelte. Sie las Farbe und Größe vor, ging nach Hause und erledigte die Bestellung. Bevor ich in der Lage war, ins Meadowhall zum Einkaufen zu kommen, verschaffte mir diese Einkaufsmethode ein Gefühl der Sinnhaftigkeit und Kontrolle über mein Aussehen.
Für meine Party hatte ich ein hellgrünes und rosafarbenes, tunikaartiges Top mit kurzen Ärmeln und Jeans gewählt. Ich hatte dermaßen an Gewicht verloren, insgesamt 15 Kilogramm, dass meine Konfektionsgröße um
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