So nah bei dir und doch so fern
zwei Nummern geschrumpft war und selbst Größe 32 noch um mich herumschlotterte.
Als der Krankenwagen in unsere Straße in Dore einbog, fühlte ich mich wie die Queen, oder Katie Price. Mehr als fünfzig Leute warteten vor dem Haus und im Garten; im Vorderfenster hing ein großes Geburtstags-Transparent, und alles war mit Hunderten Luftballons dekoriert. Ich konnte mir lebhaft vorstellen, wie Alison, Anita, Jaqui und die Kinder sich mit dem Helium und den Farben abgemüht hatten.
Kaum hatte der Wagen gehalten, wurde er von einer Horde Kindern umringt, die unbedingt die Frau sehen wollten, die dem Tod ein Schnippchen geschlagen hatte. Alle wollten sie meine Hand halten. Es war erdrückend, als würde ich unter so viel Freundlichkeit begraben. Ich fühlte mich wie ein Freak. Das vorherrschende Gefühl aber war die totale Abhängigkeit von anderen. Mark schob mich über eine Rampe, die sie vom Geld des Wohltätigkeits-Rennens gekauft hatten, ins Haus. Drinnen warteten all meine Freundinnen und die Familie, um mich zu diesem großen Ereignis zu begrüßen.
Plötzlich stürzte ein Wall böser Erinnerungen auf mich ein. Beim letzten Mal, als Mark und ich gemeinsam in diesem Haus gewesen waren, hatte ihn Panik ergriffen, und ich wurde auf einer Bahre hinausgeschafft. In diesem Moment ließ mich alles an diesen verhängnisvollen Sonntagabend denken. Genau vier Monate waren seit diesem Tag vergangen, etwas, das mir noch nicht in den Sinn gekommen war, bevor ich wirklich dort war. Das Geräusch der Schritte meiner Kinder auf der Treppe, der Anblick des Teppichs vor dem Fernsehgerät, auf dem ich fast gestorben wäre, all dies rief in mir mit einem Schlag das Wissen um meine Vergänglichkeit wach. Und jetzt zu Hause zu sein, ohne Notfalldienst oder Beatmungsgerät im Hintergrund, machte mir Angst.
Ein künstlicher Hauch von Fröhlichkeit hing über dem Fest; jeder schien sich zu sehr zu bemühen, Freude für mich zu bekunden. Neben all meinen engen Freunden und Verwandten, die mir bislang auf meinem langen Weg der Besserung zur Seite gestanden hatten, waren dort auch Menschen, die mich nur als die fitte junge Mutter gekannt hatten, die regelmäßig durch Dore rannte. Schulkinder waren dort, die mich nur als Indias, Harveys und Woodys verrückte Mutter kannten, die bei Sportfesten immer gewann. Was sie jetzt sahen, war ein anderer Mensch als der, an den sie sich erinnerten, und ich merkte es an der Art, wie sie mich begrüßten. Es war überwältigend. Ich gab mein Bestes, mein schiefes Lächeln zu wahren, doch es war lediglich Fassade.
Aufrichtig erfreut war ich allerdings, meinem Vater und seiner Frau Babs zu begegnen, die die 150 Kilometer lange Fahrt von der Halbinsel Wirral auf sich genommen hatten. Mein Vater hatte mit eigenen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen gehabt. Während ich auf der Intensivstation lag, war bei ihm Darmkrebs diagnostiziert worden, und er hatte sich einer Behandlung unterziehen müssen. Das letzte Mal hatte ich ihn gesehen, als ich noch auf der Intensivstation lag und er mir einen Teddybär geschenkt hatte, der mich beschützen sollte und Zeichen dafür war, dass er mich immer noch als sein kleines Mädchen betrachtete. Dafür, dass eine Chemotherapie hinter ihm lag, sah mein Vater bemerkenswert gesund aus.
Nachdem ich den ersten Schock überwunden hatte, von so vielen Menschen umringt und Mittelpunkt des Interesses zu sein, war es Zeit für die Geschenke. India, Harvey und Woody hatten einen Heidenspaß daran, mir beim Auspacken der Präsente zu helfen. Da waren die teure Uhr, die ich als Geschenk von Marks Eltern ausgewählt hatte, ein Armband von Tiffany & Co aus New York, mit dem Alison, Anita und Jaqui mich beglückten, ein Silberarmband von meiner Mutter und eine Kollektion teurer Feuchtigkeitscremes von den verschiedenen Müttern aus Dore. Die Kinder überreichten mir eine Schmuckkassette von Links of London.
»Das ist von uns allen und Papa«, sagte India stolz, nahm einen wunderschönen herzförmigen Silberanhänger heraus und hängte ihn mir um den dürren Hals. Zu guter Letzt legte mir Mark ein silbern glitzerndes rechteckiges Paket auf den Schoß. Es war flach, ungefähr einen halben Meter lang und mit einer rosa Schleife zugebunden, wobei ich den Verdacht hatte, India habe bei der Dekoration geholfen. Ich konnte mir denken, was sich darin befand.
Als Woody das Papier wegriss, tauchte darunter ein Netbook auf, das mir von meinem Krankenhausbett aus Zugang zum Internet
Weitere Kostenlose Bücher