Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

So nicht, Europa!

Titel: So nicht, Europa! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Bittner
Vom Netzwerk:
auch nicht, dass die Erde auf eine »Weltregierung« zusteuert.
World governance
heißt eben nicht
world government
, wie einige Kommentatoren, die insbesondere von Kopenhagen enttäuscht waren, zu Unrecht glauben. Es geht nicht darum, eine
     neue Regierungsinstanz zu schaffen, sondern die nationalen Regierungen an universelle Regeln zu binden – mithilfe eben jener
     Pingpong-Technik, die die EU vorlebt.Was dabei unabhängig von konkreten Regelungserfolgen gedeiht, ist die Einsicht in die Notwendigkeit internationaler Harmonisierung.
     Zum Nutzen der Souveränität aller beschränken die Nationen Teile ihrer Souveränität.
    Durch neue Abkommen, die weltweite supranationale Verbindlichkeiten begründen, sollen im Wesentlichen zwei Großziele erreicht
     werden. Erstens geht es darum, globale öffentliche Güter wie natürliche Ressourcen und die Umwelt, aber auch Sicherheit und
     Freiheit zu erhalten. Im Süden Frankreichs investieren die EU, Japan, Russland, China, die Vereinigten Staaten und weitere
     Industrienationen gut zehn Milliarden Euro in einen gigantischen Versuchsreaktor, in der Hoffnung, irgendwann die Kernfusion
     als revolutionäre Energiequelle beherrschen zu können. Zweitens geht es darum, den Austausch privater Güter zu erleichtern,
     um damit das Wohlstandsniveau auf dem Planeten insgesamt zu heben. Die Dynamik hin zu immer engerer transnationaler Kooperation
     scheint unumkehrbar. »Die normative Welt ist grenzenlos, weil die Globalisierung die soziale Nachfrage für Normen wachsen
     lässt«, bringt der Politikexperte Zaki Laidi den Trend auf den Punkt. 33 Und damit ist noch nichts darüber gesagt, welche kulturelle Kohäsionskraft des Internet entfaltet. So weit, auch die
Fehler
der EU begehen zu können, nämlich unangemessen kleinlich in staatliche Kompetenzen einzugreifen, ist das entstehende globale
     Netzwerk noch lange nicht.
     
    Der amerikanische Politikprofessor Francis Fukuyama verbreitete 1992 die These vom »Ende der Geschichte«. Damit hat er nicht
     etwa gemeint, dass die Geschichte einem Fahrplan folge und am Ende einer sich stetig beschleunigenden Bewegung zwangsläufig
     die liberale Demokratie stehe. Fukuyama ging es vielmehr um die Konstante der Modernisierung. »Was ursprünglich universell
     ist«, präzisierte er später, »ist nicht der Wunsch nach einer liberalen Demokratie, sondern der Wunsch, in einer modernen
     Gesellschaft zu leben mit ihrer Technik, ihren hohen Lebensstandards, der guten Gesundheitsfürsorge und einem Zugang zur weiteren
     Welt. Eine gelungene wirtschaftliche Modernisierung wird die Nachfrage nach politischer Beteiligung erhöhen, indem sie eine
     bürgerliche Mittelschicht hervorbringt (deren Eigentum geschützt werden muss), höhere Bildungsniveaus und ein stärkeres Bedürfnis
     nach Anerkennung der eigenen Individualität. Die liberale Demokratieist eines der Nebenprodukte dieses Modernisierungsprozesses, etwas, das erst im Verlauf der historischen Zeit zu einem allgemeinen
     Ziel werden wird.« 34
    Das Meinungsforschungsunternehmen Gallup gibt dieser Theorie recht. Es stellt seit hundert Jahren die so genannten World Polls
     an. Damit wollen die Statistiker herausfinden, welches gerade der dringendste Wunsch der Weltbevölkerung ist. Sie fragen Menschen
     in über hundert Ländern zu ihren Sorgen und Hoffnungen, von Ecuador bis Ruanda, von Irland bis Afghanistan, von Cuba bis nach
     China. Nach dem World Poll von 2008 gab der Vorsitzende von Gallup, Jim Clifton, bekannt, die Daten belegten eine ganz klare
     Entwicklung: »Früher sehnten sich die Menschen mehr als nach allem anderen nach Liebe, Geld, Nahrung, Schutz, Sicherheit und
     Frieden. Die vergangenen 25   Jahre haben uns verändert. Was die ganze Welt will, ist ein guter Job. Das ändert alles für die Führer der Welt. Alles, was
     sie tun – vom Kriegführen bis zur Gesellschaftspolitik   –, werden sie im Kontext des menschlichen Bedürfnisses nach einem ›guten Job‹ tun müssen.«
    Konsequenterweise erteilt die Welthandelsorganisation (WTO) der EU bereits erste Lehren in Sachen Freihandel. In ihren Verhandlungen
     drängen die Delegationen anderer Kontinente die Europäer immer lautstärker dazu, ihre übersubventionierte und protektionistische
     Agrarpolitik zu beenden und stattdessen fairen Warenaustausch auch mit Regionen wie Afrika und Südamerika zu ermöglichen.
     Die entsprechenden Verhandlungen (die sogenannte Doha-Runde) laufen seit 2001.   Es sind unter anderem

Weitere Kostenlose Bücher