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So nicht, Europa!

Titel: So nicht, Europa! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Bittner
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Goldenen
     Doppelbogen« zusammengefasst. In seinem Buch ›Die Welt ist flach‹ schreibt er: »Sobald ein Land wirtschaftlich so weit entwickelt
     ist, dass es über eine ausreichend große Mittelschicht verfügt, um eine Kette von McDonald’s-Restaurants zu unterhalten, wird
     es ein McDonald’s-Land, und Menschen in McDonald’s-Ländern führen nicht gern Kriege, sondern stellen sich lieber nach Big
     Macs an.« 29 Tatsächlich, so Friedman, hätten (jedenfalls nach Auskunft der McDonald’s-Pressestelle) bisher noch nie zwei Länder, in denen
     sich McDonald’s-Filialen befänden, gegeneinander Krieg geführt – von Grenzstreitigkeiten und Bürgerkriegen abgesehen. Diese
     Behauptung stimmt zwar nicht ganz. Was stimmt, ist freilich die Tendenz. Warum sonst kommt es der Weltöffentlichkeit immer
     besonders bizarr und kleinkariert vor, wenn zwei McDonald’s- Länder gegeneinander Krieg führen? Der Konflikt zwischen Großbritannien und Argentinien um die Falklandinseln von 1982 war ein Beispiel,
     das viele Beobachter fassungslos zurückließ. Der sommerliche 3 3-Tage -Krieg zwischen dem Libanon und Israel von 2006 war ein anderes. Als Ikonografie des letzteren Konflikts ist ein Foto in Erinnerung,
     das eine Gruppe junger Menschen in einem glitzernden Cabrio vor der Trümmerlandschaft Südbeiruts zeigt. Die Ausflügler trugen
     die üblichen Insignien globalisierter Jugend: Markenklamotten, Designersonnenbrillen und iPods. Auf dem Schnappschuss, der
     um die Welt ging, machen sie einen so erstaunten Eindruck, als seien sie auf dem Weg ins Drive-in plötzlich im Zweiten Weltkrieg
     gelandet. Kriege, brüllt dieses Foto, sind einfach unzeitgemäß geworden, und zwar nicht nur in Brüssel-Europa.
    Im Jahr 2000 formulierte der Amerikaner Robert Wright mit ›Nonzero: The Logic of Human Destiny‹ die Theorie, dass die Geschichte
     trotz mancher Querschläge »gerichtet« verlaufe, nämlich weg von einer konfrontativen, kriegsgeneigten Welt hin zu einer kooperativen
     Ordnung, in der Krieg für alle Nationen zuverlässig ein Verlustgeschäft bedeutet. »In der grundsätzlichen Flugbahn der Geschichte
     entstehen immer wieder neue Technologien, die immer neue und reichere Formen der Nicht-Nullsummen-Interaktion erlauben. Im
     Ergebnis wird die Menschheit in einem größer und reicher werdenden Netz von gegenseitigen Abhängigkeiten verankert.«Das es aber keine Partnerschaften ohne Regeln gibt, kommt gleichzeitig die Regulierung des gesamten Planeten in Schwung.
    Rund vierzig Abkommen im Rechtsbestand der Vereinten Nationen formen schon heute den Grundstock für ein
global governance
, also für ein Regelbuch der Welt. Sie reichen von Menschenrechten über die Formulierung von Schutzpflichten für die Weltmeere,
     internationale Gebietsansprüche, Umweltschutz, Arbeitsrecht bis hin zu Übereinkommen zur Bekämpfung organisierter Kriminalität
     und Terrorismus sowie Bankenrichtlinien. Und sie sind erst der Anfang eines »globalen
acquis
«.
    Was für die Europäische Union der Stabilitäts- und Wachstumspakt ist, werden für die Welt die neuen Finanzmarktregeln werden,
     an denen die G20 schnitzen. Was für die EU ihre Umweltgesetzgebung ist, ist auf globaler Ebene das Kyoto-Klimaschutzprotokoll.
     Die Zeiten, erklärte Barack Obama beim zweiten Weltfinanzgipfel in London im April 2009, in denen die Welt wie früher von
     Roosevelt und ein paar anderen »bei einem Glas Whiskey geregelt« wurde, seien vorbei. 30 Ganz in diesem Sinne schlug der russische Außenminister Sergej Lawrow Anfang 2010 vor, die OSZE und den Europarat, die zusammen
     über fünfzig Mitgliedsländer zählen, zu einer »vollwertigen internationalen Organisation« weiterzuentwickeln. 31 Gleichzeitig führt die EU mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur Verhandlungen über eine gemeinsame Freihandelszone,
     damit, in den Worten der argentinischen Präsidentin Cristina Fernández, die beiden Weltregionen sich »nicht mehr als Kunden,
     sondern als Partner begreifen«. 32
    Natürlich lösen sich über Jahrhunderte gewachsene nationale Egoismen nicht über Nacht auf, weswegen etwa bei der Nachfolgeklimakonferenz
     im Dezember 2009 in Kopenhagen nicht mehr als unverbindliche Absichtserklärungen herauskamen und auch der G2 0-Gipfel im Juni 2010 vorerst keinen Konsens über eine globale Finanztransaktionssteuer erreichte. Aber all die neuen Foren, Welthandelskonferenzen,
     Welternährungskonferenzen, Abrüstungskonferenzen bedeuten ja

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