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So schoen Tot

So schoen Tot

Titel: So schoen Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke , Sandra Luepkes
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Sicherheit zu bringen.
    Durch die Dampfschwaden, die mir für einen Augenblick den Atem raubten, sah ich Garry auf einer Stufe an der Seite sitzen. Wir klatschten uns ab, und Garry setzte sein amerikanisches Grinsen auf. Ich lächelte zurück, ein wenig verhalten. Tatsächlich fühlte ich mich nicht besonders wohl. Die
Kuscheltier-Affäre
, wie sie inzwischen intern genannt wurde, war noch nicht beendet. Bei einer Videokonferenz am Morgen hatte mir ein Abteilungsleiter aus Berlin mitgeteilt, dass der AM immer noch sehr verärgert sei. Womöglich drohte mir eine Versetzung. Das schlimme Wort
Afrika
stand im Raum. In Burkina Faso mussten die Protokollchefs nebenbei noch Visaanträge bearbeiten, so selten kamen dort deutsche Politiker vorbei.
    Kaum hatte ich mich neben Garry auf die heißen Fliesen gehockt, rann mir der Schweiß über den Körper. Afrika ließ grüßen. Jedes Mal fragte ich mich, wie die Tellaks, die Bademeister, das den ganzen Tag aushielten. Zwischen zwei
Anwendungen
schlappten sie kurz zum Luftholen nach draußen, dann nahmen sie sich die nächsten Kunden vor. Stunde um Stunde in schwülheißer Luft. Garry redete davon, dass er am nächsten Tag nach Taschkent fliegen würde, da sei im Moment die Hölle los. Ich beschloss, ihm nichts von dem Ärger zu erzählen, den ich wegen der
Kuscheltier-Affäre
hatte, die Sache deprimierte mich zu sehr.
    Trotz Juni und Touristenaufläufen rund um die Hagia Sophia und den Topkapi-Palast war im Hamam nicht viel los. Nur zwei junge Burschen, dem Aussehen nach skandinavische Studenten, lagen auf dem Nabelstein, dem runden Marmorpodest in der Mitte des Raums. Die Studenten stöhnten lauf auf, während die Tellaks ihnen die Beine verdrehten und die Glieder knacken ließen. Das erste Mal kann ganz schön hart sein.
    Garry und ich verfügten über reichlich Erfahrung. Seit zwei Jahren besuchten wir regelmäßig den Hamam, mittlerweile kannte ich jeden Tellak persönlich. Damit meine ich jedoch nur deren Aussehen und die Kunstfertigkeit ihrer Hände. Denn Tellaks reden sehr, sehr wenig, ihr englischer Wortschatz beschränkt sich auf
Sit!
oder
Up!
oder
Okay?
.
    Die skandinavischen Studenten wankten hinaus, und auch die Tellaks verzogen sich zum Luftschnappen. Garry und ich schwitzten allein im Baderaum. So etwas war noch nie vorgekommen. Normalerweise herrschte in der Hauptsaison erheblich mehr Andrang. Ein leicht mulmiges Gefühl beschlich mich. Immerhin hielt ich Garry für einen Spion, und Spione lebten bekanntlich gefährlich. Was, wenn es jemand auf Garry abgesehen hatte und ich als Kollateralschaden zwischen die Fronten geriet?
    Bevor ich länger darüber nachdenken konnte, schlurften zwei Tellaks auf quietschenden Gummilatschen herein und direkt auf uns zu. Ein kegelförmiger Typ mit teppichartiger Brustbehaarung und Diktatorenschnurrbart, den ich spaßeshalber immer
das Monster
nannte, steuerte Garry an. Der andere,
das Gerippe
, ein nur aus Haut, Knochen und Sehnen bestehender Kerl mit Bärenkräften, hatte sich mich auserkoren.
    Zuerst stand Waschen auf dem Programm.
Das Gerippe
klatschte mir ein paar Schüsseln heißes und kaltes Wasser in die Augen, dann folgte eine Packung beißendes Shampoo, das mit Zangengriffen in die Kopfhaut eingerieben wurde. Anschließend drückte der Tellak meinen Kopf nach unten und setzte die Wasserbehandlung fort, bis ich nach Sauerstoff gierte und eine Ahnung davon bekam, was die beliebte CI A-Foltermethode
Waterboarding
mit der menschlichen Psyche anstellt. Bildete ich mir das nur ein, oder war mein Bademeister heute mit erheblich mehr Motivation als üblich bei der Arbeit?
    Kaum hatte ich mich ein wenig erholt, ließ mich der zweite Programmpunkt vor Schmerzen aufheulen. Mit der
Kese
, einem Ziegenhaarwaschlappenhandschuh, rieb mir der Tellak den Rücken ab. Harmlos ausgedrückt. Tatsächlich schlug er mit voller Kraft zu und rubbelte dann so heftig, dass mein kompletter Rücken brannte   – abgesehen von den bereits schmerztauben Stellen.
    »No«, protestierte ich, »nicht so hart!«
    »Shut up!«, gab er angewidert zurück. Diese Kommunikationsvariante war mir neu, bislang hatte er lediglich sonor gegrunzt.
    Nach dem Abschälen meiner Rückenhaut zog er mich hoch. Mein Kreislauf war bereits ein wenig lädiert. Die Knie fühlten sich weich an, und es kam mir so vor, als würde sich der Raum zu einer Seite neigen. Anscheinend setztenmir die Saunaluft und die
Behandlung
heute stärker zu als sonst. Ich überlegte sogar

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