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So schoen Tot

So schoen Tot

Titel: So schoen Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke , Sandra Luepkes
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verlassen sich ja auch die Herren Kollegen. Sex, also wirklich, jetzt werden Sie bitte nicht unverschämt! Eine Frau kann ja so schnell ihren Ruf verlieren, und wie stünde ich dann da? Dann brauchte ich am Montag gar nicht erst wieder zur Arbeit zu gehen. Ich habe bei uns schon so manche Frau kommen und wieder gehen sehen.
    Die Bank. Die Kollegen. Sehen Sie, das kommt davon, wenn Sie so gemeine Dinge sagen. Jetzt muss ich doch tatsächlich schon wieder an Hubert Mooslechner denken. Aber der Hubert war auch schlimm in den letzten Tagen. Noch schlimmer als sonst. Wie der immer guckt. Dreimal dürfen Sie raten, wohin. Dabei trage ich in der Bank immer ganz weite Blusen, ohne den geringsten Ansatz eines Dekolletés. Aber das scheint den Hubert nur noch mehr zu reizen. Moni, Moni, Moni, wie er das immer sagt, und dann schnalzt der so komisch mit der Zunge. So obszön irgendwie, richtig lüstern. Ganz verdorben komme ich mir dann vor, überhaupt nicht mehr schön, aber das ist natürlich ganz falsch, so ein typisches Frauending, das sagt auch meine Therapeutin.
    Stramm katholische Männer sind ja oft die schlimmsten. Beten und beichten und beichten und beten   – da staut sich zu viel an. Das war bei meinem Vater so, und jetzt erlebe ich das täglich mit den Kollegen. Vor allem eben mit dem Hubert, der jede noch so kleine Andeutung eines weiblichen Reizes als Einladung versteht. Aber mit etwas Glück ist das nun bald vorbei. Der Hubert hat nämlich einen Fehler gemacht. Und das kann unserem Haus herbe Verluste einfahren. Hat mir die Sekretärin vom Vorstand verraten, manmunkelt sogar von Kontakten zum Rotlichtmilieu. Auch in seiner Ehe soll es deshalb schon heftig kriseln, und ein geschiedener Mitarbeiter ist für unsere Bank natürlich nicht mehr tragbar. Was das angeht, ist der Papst ziemlich strikt, genau wie unser Herr Direktor.
    Für Hubert Mooslechners Frau wäre eine Scheidung aber dennoch ein Segen, könnte ich mir vorstellen. Sie hat so was Verhuschtes in ihrer Aura. Ist ja kein Wunder, bei diesem Mann. Ich selbst war noch nie verheiratet, und so soll das auch bleiben. Es lebt sich viel angenehmer, wenn man nicht dauernd auf die Bedürfnisse eines anderen eingehen muss. Außerdem ist es hygienischer, ganz besonders im Bett.
    Natürlich, ja, Intimität kann etwas Schönes sein, das ist mir schon klar. Ich bin nicht verklemmt, das sagte ich doch schon. Sex soll sogar schön machen, heißt es ja oft. Ich will da nicht allzu dogmatisch sein, aber insgeheim hege ich, was das angeht, schon meine Zweifel. Statistisch gesehen dauert ein ehelicher Beischlaf im Durchschnitt gerade einmal zehn Minuten, habe ich neulich in der Zeitung gelesen. Inklusive Vorspiel. Also, ich bitte Sie!
    »Moni!«
    Jemand ruft meinen Namen, ich täusche mich nicht! Ich setze mich auf und spähe ein weiteres Mal zur Poolbar hinüber. Zwei ältere, allein reisende Damen und ein Grüppchen Mittdreißigerinnen sind an diesem Wochenende die anderen Gäste, ein paar von ihnen sitzen dort drüben an den Tischen am Wasser. Vielleicht heißt ja eine von denen ebenfalls Moni? Ich blinzle, merke, wie sich mein Herzschlag beschleunigt. Varanandi. Er ist es! Diesmal bin ich mir sicher. Das Orange seines Mantels leuchtet an der Theke, genau dort, wo der Terminplaner für die Anwendungen liegt. Ich springe auf und stolpere über meine Badeschlappen, kann mich jedoch mithilfe der Topfpalme wieder stabilisieren.Manchmal ist es ja schon etwas unpraktisch, dass ich so kurzsichtig bin.
    Ich laufe los, ich eile, das leise Klatschen meiner Badeschlappen auf den Fliesen, klingt wie Musik. Meine Therapeutin behauptet ja immer, dass mir meine Brille hervorragend steht, und ermutigt mich sehr, sie öfter zu tragen. Nun ja, wir arbeiten da noch dran, wie man so schön sagt. Obwohl ich darauf, ganz ehrlich gestanden, gar nicht so versessen bin. Was sollte es mir denn zum Beispiel bringen, jede Falte im Gesicht dieser anderen Frauen in den Bademänteln zu studieren? Aber wenn ich das laut sage, legt meine Therapeutin gleich wieder los von wegen Persönlichkeitsstörung und tief sitzende Komplexe. Und als Nächstes fängt sie dann immer von der Klinik an und davon, dass ich ihr schon vertrauen und mich einbringen müsse, wo sich doch alles im Großen und Ganzen so schön entwickele.
    Persönlichkeitsstörung! Eine glatte Fehldiagnose! Das habe ich gleich während der ersten Massage bei Varanandi begriffen. Es ist einfach so, dass ich mir ohne Brille viel besser gefalle,

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