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So schoen Tot

So schoen Tot

Titel: So schoen Tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Franke , Sandra Luepkes
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hinter ihr am Apparat für die
Mesoporation.
Die Vibration des Sessels hört auf, und Yvonne reicht Carlotta den metallenen Minuspol.
    »Denken Sie daran: Den Kontakt nur mit vier Fingern umfassen.«
    Yvonne setzt die Hyaluron-Ampulle in den Container des Rollstifts, streicht langsam mit dem Pluspolkopf über Carlottas Kinnpartie und rollt so tröpfchenweise das Hyaluron zwischen die Falten. Carlotta spürt das Kribbeln, ab und an zucken ihre Muskeln unkontrolliert, wie bei einem elektrischen Schlag.
    »Sollte es zu stark sein, lösen Sie ein oder zwei Finger.«
    Yvonne wandert mit dem Polkopf bis zur Nase, danach die Nasolabialfalte hinunter und weiter hoch zur Wange.
    »Sie verschlingen das Hyaluron geradezu. Unglaublich, Sie sind ja wie ein Schwamm, da bleibt nichts auf der Haut stehen.«
    Carlotta hat stets alles dankbar aufgenommen. Ob Hyaluron, die Ratschläge ihrer Mutter oder die Lebensweisheitenvon Walther. Sie ist der Kelch, der alles auffängt, der ruhende Pol ihres umtriebigen Mannes, seine Rückzugsmöglichkeit, falls der Wind ihm bei der Arbeit zu heftig entgegenbläst. Die Baubranche ist kein Streichelzoo. Das hat er nicht nur einmal gesagt.
    Als Yvonne mit der
Mesoporation
auf der Stirn beginnt, nimmt Carlotta den Finger nicht vom Pol. Fast genießt sie die sich entladende Spannung. Strafe muss sein. Sie hat versagt. Aber nicht nur sie. Anderen Freundinnen ist es genauso ergangen. Bettina, Doris, Andrea. Der Trend zur jüngeren Zweitfrau ist ungebrochen, hat Renate jede dieser Trennungen kommentiert. Und jetzt hat es sie auch erwischt.
    »Das Ergebnis auf dieser Seite des Gesichts sollten Sie sich unbedingt ansehen.« Yvonne hält ihr einen Spiegel hin. »Sensationell, dieser
Meso Beauty Lift
in die tieferen Hautschichten.«
    Die eine Gesichtshälfte sieht tatsächlich gestraffter aus. Trotzdem fühlt Carlotta sich nicht besser. Die Kosmetikerin fährt mit dem Polkopf über Carlottas linke Wange. Im Bereich der Zähne kribbelt es unangenehm, und Carlotta löst einen Finger von der Metallstange. Renate hat recht. Ausgemustert ist ausgemustert. Wozu sich also quälen?
    »Als Nächstes bearbeite ich die Partie am Hals. Können Sie den Kopf etwas vorstrecken?«
    Carlotta schiebt das Kinn nach oben. Wenn sie jetzt stürbe, wäre sie wenigstens eine schöne Leiche. Ihre Freundinnen würden sagen, dass sie für ihr Alter fantastisch ausgesehen habe.
    »Die Liegefalten auf dem Dekolleté sind deutlich abgemildert. Das sieht wirklich toll aus, Frau Reiter.«
    Carlotta könnte in einem Abschiedsbrief verfügen, dass man ihr das kleine Schwarze mit dem tiefen Ausschnitt fürdie letzte Reise anzieht. Dazu den Wonderbra. Der Sarg müsste natürlich geöffnet in der Leichenhalle stehen. Weißer Schleiflack? Nein, lieber schwarz, wie das Klavier, auf dem sie in der Kindheit gelernt hat.
    Pistole kommt also nicht infrage. Außerdem hat sie gar keine. Pulsadern aufschneiden ist auch nicht gut. Da läuft das ganze Blut raus. Wer weiß, wie man danach aussieht? Sich vor den Zug schmeißen geht schon mal gar nicht, da klauben die nur ein paar Reste zusammen und stecken die in Plastiktüten. Womöglich noch in durchsichtige.
    Der Polkopf wandert langsam auf Carlottas Schläfe auf und ab, die Nerven unter den Augen zucken heftig. Sofort löst sie zwei Finger vom Gegenpol.
    »Gleich haben wir es geschafft, Frau Reiter.«
    Schmerzen will sie auf keinen Fall beim Sterben spüren. Wenn sie schon diesen Schritt geht, möchte sie in den Tod dämmern. Ganz friedlich. Eine Überdosis Morphium vielleicht. Aber woher soll sie das Zeug bekommen? Tabletten wären das eleganteste Mittel. Valium hat sie rumliegen. Reichlich. Schlaftabletten sowieso. Zusammen mit Alkohol müsste das reichen. Hat Marilyn Monroe auch so gemacht   – und die ist bis heute unvergessen schön.
    Das
Meso
-Gerät piepst. »Fertig für heute.« Yvonne nimmt ihr den Minuspol ab und legt ihn zur Seite. »Jetzt kommt der angenehme Teil der Behandlung.«
    Die Kosmetikerin verteilt eine kühle Flüssigkeit auf ihrem Gesicht. »Das hoch dosierte Vitamin C dient als
Collagen-Booster
und sorgt für ein frischeres Aussehen.«
    Carlotta genießt die streichelnden Bewegungen, fühlt ein belebendes Kribbeln auf der Haut. Sie wird eine schöne Leiche sein. Walther wird vor der toten Carlotta auf die Knie sinken und ihre Hände küssen. Warum musstest du von mir gehen, wird er laut klagen und sich in Vorwürfen winden. Ein Abschiedsbrief auf der Trauerfeier wäre genial.Sie

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