So sinnlich wie dein Kuss
Erinnerungen erschien ihm vieles vertraut. Von Freunden hatte er Bilder von Masters’ Rise aus der Zeit vor dem Brand bekommen. Und dieses Haus hier war tatsächlich ein detailgetreuer Nachbau des Zuhauses seiner Mutter. Kein Wunder, dass sie es so ungern verlassen hatte.
Aber sie würde triumphierend hierher zurückkehren, dafür würde er sorgen!
Sie waren nun schon fast eine Woche da. An diesem Tag verhandelten Judd und Charles schon seit Stunden hinter verschlossenen Türen. Ab und zu kam Nicole aus ihrem Büro, um zu sehen, ob sich etwas getan hatte. Die Spannung in der Luft ließ sich kaum noch ertragen.
Als die Post gebracht wurde, empfand Anna es als willkommene Abwechslung. Routiniert ging sie die Briefe und Päckchen durch – bis ihr ein Umschlag besonders auffiel. Sie las die Adresse und hielt gebannt den Atem an: Vom Labor!
Obwohl sie üblicherweise auf Charles’ Wunsch auch seine persönlichen Briefe öffnete – in diesem besonderen Fall zog sie es vor, das nicht zu tun.
Während sie den Brief in den Händen drehte und wendete, ging plötzlich die Tür auf. Sie fühlte sich ertappt, denn Judd starrte sie an und zog fragend eine Braue hoch.
Wie so oft in den letzten Tagen, versuchte sie vergebens, ihn zu ignorieren. In Australien hatte sie Angst davor gehabt, was er tun würde, wenn er die Wahrheit erfuhr. Aber sie hätte nie damit gerechnet, dass Charles ihr auch etwas verschweigen könnte … bis sie erfuhr, dass er tatsächlich plante, Judd die Firma zu übergeben! Sobald der DNA-Test die Vaterschaft bestätigte, war er hier der Boss!
Schon allein deshalb sollte er für sie eigentlich tabu sein. Rational betrachtet wusste sie das. Aber dennoch sehnte sie sich mit jeder Faser ihres Körper nach seinen Berührungen.
Sobald sie auch nur an ihn dachte, wurde ihr schon heiß. Sich mit ihm in einem Zimmer aufzuhalten bedeutete eine absolute Qual für sie, weil sie sich die ganze Zeit zurückhalten musste. Bisher hatte sie sich mit der Arbeit einigermaßen ablenken können, aber so wie es aussah, war es damit nun auch vorbei.
Charles kam jetzt ebenfalls aus dem Büro. „Anna, ich möchte, dass du mit Judd zu unseren wichtigsten Vertriebspartnern fährst. Zeig ihm alles, was er wissen muss. Und macht die Besuche ohne Vorankündigung, dann könnt ihr euch ein ehrliches Bild machen.“
„Möchtest du nicht selbst mit ihm fahren?“ Sie konnte sich nichts Schwierigeres vorstellen, als den ganzen Tag in seiner Gesellschaft zu verbringen. Zwischen ihnen herrschte eine Anziehungskraft, die sie so nervös machte, dass sie schon mit dem Gedanken spielte, eine Zeit lang Urlaub zu nehmen. Nur um wieder frei atmen zu können und nicht ständig an ihn denken zu müssen.
„Wie du weißt, kann ich nicht selbst fahren, und von Judd kann man noch nicht erwarten, dass er sich allein zurechtfindet.“
„Ich finde mich schon zurecht“, sagte Judd ruhig. „Mit meinem Navigationssystem ist das gar kein Problem.“
„Kommt nicht infrage“, beharrte Charles, während seine Gesichtsfarbe etwas dunkler wurde. „Ich habe Anna gebeten, dich zu begleiten, also macht sie es auch. Die Geschäftspartner kennen sie, und das macht es doch leichter für dich. Findest du nicht auch, Anna?“
Anna stand auf und nahm ihre Handtasche. „Natürlich, Charles. Ganz wie du willst.“
„Also gut, dann bleibt es dabei.“ Sein Blick fiel auf die Post. „Ist das für mich?“
„Ja. Ich wollte es dir gerade reinbringen.“
Er bemerkte den Brief des Labors, und sein gerötetes Gesicht wurde auf der Stelle blasser.
„Charles? Geht es dir gut?“, fragte Anna besorgt.
„Natürlich!“, herrschte er sie an. „Mir fehlt nichts. Jetzt fahrt schon! Und esst in einem schönen Lokal. Heute will ich euch hier im Büro nicht mehr sehen. Ihr habt einen ziemlichen Weg vor euch.“
Anna gab sich geschlagen. Ihr blieb nichts anderes übrig, als den Tag mit Judd zu verbringen. Sie nahm die Autoschlüssel aus ihrer Handtasche. Dabei sah sie noch, wie Charles mit der Post in seinem Büro verschwand und die Tür hinter sich zumachte.
„Du musst mich nicht herumfahren, wenn du nicht willst“, hörte sie Judd neben sich sagen.
„Nein, schon gut. Charles möchte, dass ich dich vorstelle. Ich verstehe das.“ Auch wenn sie sich lieber davor gedrückt hätte …
„Machst du immer, was er will?“
Worauf wollte er mit dieser Frage hinaus? „Natürlich, wieso auch nicht?“
„Ach, nur so. Vielleicht könnte es nicht schaden,
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