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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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betrachtete. »Und nebenbei bemerkt… Sie sind haargenau Janines Typ…«
    Janet Eylot lebte in einem ziemlich neuen Einfamilienhaus am Rand von Banehall. Noch konnte sie aus dem Küchenfenster auf Felder hinausblicken.
    »Wird nicht mehr lange so bleiben«, sagte sie. »Die Stadtplaner haben schon ein Auge drauf geworfen.«
    »Freuen Sie sich dran, so lange es geht«, meinte Young und nahm eine Tasse Tee entgegen. Sie setzten sich an einen kleinen quadratischen Tisch. Zwei Kinder hockten vor einem lautstarken Videospiel.
    »Ich lasse sie nur eine Stunde pro Tag spielen«, erklärte Eylot. »Und das auch erst, wenn die Hausaufgaben gemacht sind.« So, wie sie das sagte, vermutete Siobhan, dass Eylot allein erziehend war. Eine Katze hüpfte auf den Tisch, Eylot fegte sie mit dem Arm auf den Fußboden. »Ich hab’s dir doch gesagt!«, schrie sie, als sich die Katze in den Hausflur verzog. Dann schlug sie sich die Hand vors Gesicht. »Tut mir Leid…«
    »Sie sind ziemlich aufgewühlt, Janine«, sagte Siobhan sanft. »Kannten Sie den Mann, der sich erhängt hat?«
    Eylot schüttelte den Kopf. »Aber er war nur fünfzig Meter von meinem Schreibtisch entfernt. Da muss man doch an all die schrecklichen Dinge denken, die um einen herum passieren können, ohne dass man je davon erfährt.«
    »Ich verstehe, was Sie meinen«, sagte Young.
    Sie schaute ihn an. »In Ihrem Beruf… Sie sehen doch ständig so Sachen.«
    »Donny Cruikshanks Leiche zum Beispiel«, warf Siobhan ein. Sie hatte den Hals einer leeren Weinflasche entdeckt, der unter dem Deckel des Mülleimers hervorlugte; auf dem Abtropfgestell stand ein einzelnes Weinglas. Sie fragte sich, wie viel Janet Eylot an einem Abend so trank.
    »Seinetwegen sind wir hier«, sagte Young. »Wir wollen wissen, wie er gelebt hat, wer ihn kannte, wer ihm vielleicht nicht besonders wohl gesonnen war.«
    »Was hat das mit mir zu tun?«
    »Haben Sie ihn nicht gekannt?«
    »Wer würde so einen schon kennen wollen?«
    »Wir dachten nur… bei dem, was Sie über ihn an die Klowand im Bane geschrieben haben…«
    »Ich war doch nicht die Einzige!«, fauchte sie.
    »Das wissen wir.« Siobhans Stimme war noch ruhiger geworden. »Wir beschuldigen niemanden, Janet. Wir wollen nur seinen Hintergrund ausleuchten.«
    »Das ist nun der ganze Dank«, sagte Eylot kopfschüttelnd. »Typisch…«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Dieser Asylsuchende… der, der erstochen wurde. Ich war es, die die Polizei angerufen hat. Ohne mich hätten Sie nie erfahren, wer er war. Und das ist nun der Dank.«
    »Sie haben uns den Namen von Stef Yurgii genannt?«
    »Ja doch – und wenn mein Chef je Wind davon kriegt, fliege ich in hohem Bogen raus. Zwei von Ihren Kollegen sind in Whitemire gewesen: ein großer, kräftiger Mann und eine jüngere Frau…«
    »DI Rebus und DS Wylie?«
    »Keine Ahnung, wie die hießen. Ich habe mich im Hintergrund gehalten.« Sie stockte. »Und statt den Mord an diesem armen Kerl aufzuklären, kümmert ihr euch lieber um einen Drecksack wie Cruikshank.«
    »Vor dem Gesetz sind alle gleich«, sagte Young. Sie starrte ihn unverwandt an, sodass ihm die Röte ins Gesicht stieg und er die Tasse an den Mund hob, um es zu kaschieren.
    »Sehen Sie?«, sagte sie anklagend. »Sie beten das so runter, aber Sie wissen selbst, dass da nicht viel Wahres dran ist.«
    »Was DI Young sagen möchte«, schaltete Siobhan sich ein, »ist lediglich, dass wir unvoreingenommen sein müssen.«
    »Aber auch das stimmt nicht.« Eylot stand auf, die Stuhlbeine scharrten über den Fußboden. Sie riss den Kühlschrank auf, dann wurde ihr bewusst, was sie getan hatte, und schlug die Tür wieder zu. Im mittleren Fach lagen drei Weinflaschen.
    »Janet«, sagte Siobhan, »liegt es an Whitemire? Gefällt Ihnen die Arbeit dort nicht?«
    »Ich find’s schrecklich.«
    »Dann kündigen Sie.«
    Eylot lachte schrill auf. »Und wo soll der nächste Job herkommen? Ich muss für meine zwei Kinder sorgen…« Sie setzte sich wieder und starrte aus dem Fenster. »Whitemire ist alles, was ich habe.«
    Whitemire, zwei Kinder und ein Kühlschrank…
    »Was haben Sie an die Toilettenwand geschrieben, Janet?«, fragte Siobhan ruhig.
    Plötzlich standen Eylot Tränen in den Augen. Sie versuchte, sie wegzublinzeln. »Irgendwas mit Blut«, antwortete sie mit brüchiger Stimme.
    »Blutige Rache?«, rief Siobhan. Die Frau nickte, Tränen liefen ihr über die Wangen.
    Sie blieben nicht mehr lange. Als sie wieder an der frischen Luft waren,

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