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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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hier Flüchtlinge von dort? Vielleicht sogar in Whitemire?«
    »Nicht dass ich wüsste… Aber der Flüchtlingsrat kann Ihnen da sicher weiterhelfen.«
    »Gute Idee.« Doch während er das sagte, kam ihm ein ganz anderer Gedanke. Wenn jemand Bescheid wusste, dann die Einwanderungsbehörde.
    »Bis später dann«, sagte er und legte auf.
    Wylie saß mit verschränkten Armen da und grinste übers ganze Gesicht. »Ihre Freundin von Whitemire?«, fragte sie.
    »Sie heißt Caro Quinn.«
    »Und Sie sind mit ihr verabredet.«
    »Und?« Rebus zuckte mit den Schultern.
    »Und was konnte sie Ihnen über den Senegal sagen?«
    »Nur, dass sie nicht glaubt, dass in Whitemire irgendwelche Senegalesen sitzen. Sie meinte, wir sollten uns an den Flüchtlingsrat wenden.«
    »Was ist mit Mo Dirwan? Der ist doch bestimmt auf dem Laufenden in diesen Dingen.«
    Rebus nickte. »Rufen Sie ihn an.«
    Wylie deutete mit dem Finger auf sich selbst. »Ich? Sie sind doch derjenige, den er anhimmelt.«
    Rebus verzog das Gesicht. »Fangen Sie bitte nicht davon an, Ellen.«
    »Und überhaupt, ich vergaß… Sie haben ja eine Verabredung heute Abend. Sicher wollen Sie noch kurz einen Abstecher nach Hause machen, für die Gesichtsmassage.«
    »Wenn mir zu Ohren kommt, dass Sie das rumerzählt haben…«
    Sie hob beide Hände wie zum Zeichen der Kapitulation. »Ihr Geheimnis ist bei mir bestens aufgehoben, Don Juan. Dann hauen Sie schon ab… Wir sehen uns Montag.«
    Rebus sah sie fragend an, doch sie scheuchte ihn mit beiden Händen aus dem Raum. Als er schon fast an der Tür war, rief sie ihn. Er wandte sich zu ihr um.
    »Lassen Sie sich einen Rat geben von einer Fachfrau.« Sie deutete auf die Zeitung in seiner Jackentasche. »Ein klein wenig Geschenkpapier kann Wunder wirken…«

19
    An jenem Abend stand Rebus frisch geduscht und rasiert vor Caro Quinns Wohnungstür. Er sah sich um, doch Mutter und Kind waren nicht zu sehen.
    »Ayisha ist bei Freunden«, erklärte Quinn.
    »Freunde?«
    »Sie darf doch wohl Freunde haben, John.« Quinn beugte sich vor, um einen schwarzen Schuh über den linken Fuß zu ziehen.
    »Das war nur so dahingesagt«, verteidigte er sich.
    Sie richtete sich auf. »Nein, das war es nicht, aber egal. Habe ich Ihnen erzählt, dass Ayisha in ihrem Heimatland als Krankenschwester gearbeitet hat?«
    »Ja.«
    »Sie wollte hier auch arbeiten, in ihrem Beruf, aber Asylsuchende dürfen das nicht. Trotzdem hat sie sich mit einigen Krankenschwestern angefreundet, und eine von denen veranstaltet heute Abend ein kleines Fest.«
    »Ich habe was mitgebracht fürs Baby«, sagte Rebus und zog eine Rassel aus der Tasche. Quinn nahm ihm die Rassel ab und probierte sie aus. Lächelnd sah sie ihn an.
    »Ich lege sie ihr ins Zimmer.«
    Als sie gegangen war, wurde ihm mit einem Mal bewusst, dass er schwitzte, dass ihm das Hemd am Rücken klebte. Am liebsten hätte er das Jackett ausgezogen, doch er fürchtete, dass man den Schweißfleck sah. Die Jacke war schuld: hundert Prozent Wolle, zu warm für drinnen. Er stellte sich vor, wie er beim Essen saß und ihm der Schweiß in die Suppe tropfte…
    »Sie haben mir gar nicht gesagt, wie schick ich mich gemacht habe«, sagte Quinn, als sie zurückkam. Sie hatte noch immer nur den einen Schuh an. Ihre Füße steckten in schwarzen Strümpfen, die unter einem knielangen schwarzen Rock verschwanden. Sie trug ein senffarbenes Oberteil mit weitem Ausschnitt, der fast bis zu den Schultern reichte.
    »Sie sehen umwerfend aus«, bestätigte er.
    »Danke.« Sie zog den zweiten Schuh an.
    »Für Sie habe ich auch ein Geschenk.« Er überreichte ihr die Zeitung.
    »Und ich dachte schon, Sie hätten sie für den Fall mitgebracht, dass Sie sich mit mir langweilen.« Dann bemerkte sie, dass er eine schmale rote Schleife darum gebunden hatte. »Netter Einfall«, sagte sie, während sie die Schleife löste.
    »Glauben Sie, der Selbstmord wird irgendwelche Folgen haben?«
    Nachdenklich schlug sie sich mit der Zeitung gegen die linke Handfläche. »Wahrscheinlich nicht«, antwortete sie schließlich. »Für die Regierung ist nur wichtig, dass diese Menschen irgendwo verwahrt werden. Whitemire ist da so gut wie jeder andere Ort.«
    »Die Zeitungen sprechen von einer Krise.«
    »Aber nur deshalb, weil das Wort ›Krise‹ immer wichtig klingt.« Sie hatte die Seite mit ihrem Foto aufgeschlagen. »Mit diesem Kringel um den Kopf sehe ich aus wie eine Zielscheibe.«
    »Warum sagen Sie das?«
    »John, ich habe Zeit meines Lebens

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