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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Reaktion von ihr, aber sie tat ihm den Gefallen nicht. »Angeblich darf man seit neuestem nicht mehr ›Gelbsucht‹ oder ›Schwarzmalerei‹ sagen.«
    »Oder ›einlochen‹«, fügte Davidson hinzu und beugte sich vor, um Blickkontakt mit Rebus herzustellen, der über den Irrsinn des Ganzen den Kopf schüttelte und sich dann wieder zurücklehnte, um das Geschehen auf der anderen Seite der Scheibe zu verfolgen.
    »Wie ist es denn so am Gayfield Square?«, fragte Wylie.
    »Wir rechnen damit, dass sich demnächst eine Schwulenorganisation über den politisch unkorrekten Namen beschwert.«
    Davidson lachte daraufhin so laut, dass sich die Männer in der Pathologie zu ihm umdrehten. Er hob eine Hand zur Entschuldigung und hielt sich die andere vor den Mund. Wylie schrieb etwas in die Mordakte.
    »Sieht so aus, als hätten Sie gerade einen Eintrag ins Klassenbuch gekriegt, Shug«, meinte Rebus. »Also, gibt’s irgendwelche neuen Erkenntnisse? Wissen wir schon, wer der Tote ist?«
    Die Antwort kam von Wylie: »Nur Kleingeld in den Taschen… noch nicht einmal ein Schlüsselbund.«
    »Und es hat sich auch niemand gemeldet, der weiß, wer er ist«, ergänzte Davidson.
    »Haustürbefragungen?«
    »Es handelt sich um Knoxland, John.« Was er damit meinte, war, dass niemand etwas sagte. Es ging dabei um eine Art Stammesehre, eine eiserne Regel, die schon kleine Kinder von ihren Eltern lernten. Egal, was passierte, der Polizei wurde nichts verraten.
    »Und die Presse?«
    Davidson reichte Rebus das zusammengefaltete Exemplar eines Boulevardblatts. Der Todesfall hatte es nicht auf die Titelseite geschafft; die Überschrift auf Seite fünf lautete: RÄTSELHAFTER TOD EINES ASYLANTEN. Als Rebus Steve Hollys Artikel überflog, drehte sich Wylie zu ihm um.
    »Ich frage mich, wer zu ihm etwas über Asylbewerber gesagt hat?«
    »Ich nicht«, antwortete Rebus. »Holly denkt sich so etwas aus. ›Eine der Ermittlungsbehörde nahe stehende Quelle‹.« Er schnaubte. »Wen von euch meint er damit? Vielleicht alle beide?«
    »Vorsicht, Sie machen sich gerade ziemlich unbeliebt, John.«
    Rebus gab ihm die Zeitung zurück. »Wie viele Zweibeiner arbeiten an dem Fall?«
    »Nicht viele«, räumte Davidson ein.
    »Sie und Ellen?«
    »Außerdem Charlie Reynolds.«
    »Und Sie offenbar«, bemerkte Wylie.
    »Ich glaube, meine Begeisterung hält sich in Grenzen.«
    »Wir haben noch ein paar fleißige Uniformierte, die von Tür zu Tür gehen«, sagte Davidson kleinlaut.
    »Na prima – dann ist der Fall ja so gut wie gelöst.« Rebus sah, dass die Autopsie beendet war. Ein Assistent würde die Leiche wieder zusammennähen. Curt machte den Polizisten ein Zeichen, dass er sie unten treffen würde, und verschwand dann durch eine Tür, um sich umzuziehen.
    Die Pathologen hatten kein eigenes Büro. Curt wartete in einem spärlich beleuchteten Korridor. Aus dem Personalraum drangen Geräusche. In einem Wasserkocher brodelte es, ein Kartenspiel schien seinen Höhepunkt zu erreichen.
    »Hat der Herr Professor sich schon verdrückt?«, fragte Rebus.
    »Er muss in zehn Minuten an der Uni sein.«
    »Also, was haben Sie für uns, Herr Doktor?«, fragte Ellen Wylie. Falls sie je die Gabe besessen hatte, Smalltalk zu machen, so hatte sie die irgendwann verloren.
    »Insgesamt zwölf Stichwunden, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit durch dieselbe Waffe zugefügt. Womöglich ein Küchenmesser, gezackter Rand, nur ein Zentimeter breit. Tiefste Penetration fünf Zentimeter.« Er verstummte, als wollte er den Anwesenden Gelegenheit zu einem anzüglichen Witz geben. Wylie räusperte sich als Warnung. »Tödlich war möglicherweise der Stich in den Hals. Hat die Karotis durchstoßen. Die Blutmenge in den Lungen legt den Schluss nahe, dass er daran erstickt ist.«
    »Anzeichen für einen Kampf?«, fragte Davidson.
    Curt nickte. »Verletzungen an Handtellern, Fingerspitzen und Handgelenken. Er hat sich eindeutig gewehrt.«
    »Aber Sie gehen davon aus, dass es nur einen Angreifer gab?«
    »Nur ein Messer«, korrigierte Curt Davidson. »Das ist nicht ganz dasselbe.«
    »Zeitpunkt des Todes?«, fragte Wylie. Sie sammelte so viele Informationen wie möglich.
    »Die Körpertemperatur wurde am Tatort gemessen. Er ist zirka eine halbe Stunde, ehe man Sie benachrichtigt hat, gestorben.«
    »Apropos«, sagte Rebus. »Wer hat uns eigentlich benachrichtigt.«
    »Anonymer Anruf um dreizehnfünfzig«, antwortete Wylie.
    »Also zehn vor zwei nach traditioneller Zählweise.

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