So soll er sterben
fragte Rebus sie.
»Zwei Tacken.« Zwei Pfund also.
»Und wie viel Zeit hat er damit gekauft?«
Sie starrten Rebus verständnislos an. »Wir sind keine Parkuhr«, sagte einer von ihnen. »Und wir verteilen auch keine Strafzettel.« Seine Freunde und er brachen in schallendes Gelächter aus.
Rebus nickte und wandte sich an Gareth. »Wir nehmen mein Auto«, sagte er. »Hoffen wir für dich, dass deins noch da steht, wenn du es holen kommst…«
»Und wenn nicht?«
»Ein Besuch auf der Wache, wegen der Anzeige, die du deiner Versicherung schicken musst – vorausgesetzt, du bist versichert.«
»Vorausgesetzt«, wiederholte Gareth resigniert.
Die Fahrt nach Portobello dauerte nicht lange. Sie fuhren die Seafield Road entlang, ohne eine einzige Prostituierte zu sehen. Gareth dirigierte Rebus in eine Seitenstraße nahe der Promenade. »Wir müssen hier parken und den Rest zu Fuß gehen«, erklärte er. Also taten sie es. Das Meer war schiefergrau. Am Strand jagten Hunde Stöckchen hinterher. Rebus hatte das Gefühl, um Jahrzehnte zurückversetzt zu sein: Frittenbuden und Spielhallen. Während seiner Kindheit waren seine Eltern in den Sommerferien mit seinem Bruder und ihm entweder nach St. Andrews auf einen Campingplatz oder nach Blackpool in ein billiges Bed & Breakfast gefahren. Jeder Ort am Meer rief in ihm Erinnerungen an diese Zeit wach.
»Bist du hier aufgewachsen?«, fragte er Gareth.
»Nee, in einem Mietshaus in Gorgie.«
»Dann hast du’s ja weit gebracht«, meinte Rebus.
Gareth zuckte nur die Achseln und öffnete ein Gartentor. »Wir sind da.« Ein schmaler Weg endete bei der Haustür eines vierstöckigen Stadthauses mit symmetrischer Fassade. Rebus betrachtete es einen Moment. Von jedem Fenster der Vorderfront aus hatte man einen freien Blick über den Strand aufs Meer.
»Schöner hier als in Gorgie«, murmelte er und folgte Gareth den Weg entlang. Der junge Mann schloss die Haustür auf und rief, er sei wieder da. Von einer schmalen, kurzen Diele gingen mehrere Türen ab, und eine Treppe führte nach oben. Gareth ging schnurstracks in den ersten Stock, Rebus nach wie vor dicht hinter ihm.
Sie betraten das Wohnzimmer. Acht Meter lang, mit einem vom Boden bis zur Decke reichenden Panoramafenster. Das Zimmer war geschmackvoll eingerichtet, aber zu modern: Chrom, Leder, abstrakte Kunst. Der Schnitt und die Maße des Raums passten überhaupt nicht dazu. Der Originalkronleuchter und der Stuck waren erhalten geblieben und vermittelten einen Eindruck davon, wie es früher hier ausgesehen haben mochte. Am Fenster stand ein Messingteleskop auf einem hölzernen Dreifuß.
»Wen zum Teufel hast du da angeschleppt?«
Ein Mann saß am Tisch neben dem Teleskop. Er trug eine Brille an einem Band um den Hals. Sein Haar war silbergrau, sorgfältig gekämmt, das Gesicht eher vom Wetter als vom Alter zerfurcht.
»Ich bin Detective Inspector Rebus, Mr. Baird.«
»Was hat er diesmal angestellt?« Baird faltete die Zeitung zusammen und funkelte seinen Sohn an. Sein Tonfall hatte eher resigniert als zornig geklungen. Rebus vermutete, dass Gareth’ Karriere in dem kleinen Familienunternehmen bisher nicht wie erhofft verlaufen war.
»Ich bin nicht wegen Gareth hier… sondern ihretwegen.«
»Wegen mir?«
Rebus startete einen Rundgang durch das Zimmer. »Wie es scheint, hat das Wohnungsamt neuerdings wirklich erstklassige Wohnungen im Angebot.«
»Wovon reden Sie?« Die Frage galt Rebus, aber Bairds Blick verlangte auch von seinem Sohn eine Erklärung.
»Er hat auf mich gewartet, Dad«, platzte es aus Gareth heraus. »Hat mich gezwungen, meinen Wagen da zu lassen.«
»Betrug ist eine ernste Angelegenheit, Mr. Baird«, erklärte Rebus. »Es erstaunt mich immer wieder, aber die Richter finden Betrug schlimmer als Einbruch oder Raub. Ich meine, wen betrügen Sie denn? Keine konkrete Person, bloß dieses riesige, unförmige Gebilde namens ›Allgemeinheit‹.« Rebus schüttelte den Kopf. »Aber trotzdem wird man Ihnen so richtig die Hölle heiß machen.«
Baird hatte sich zurückgelehnt und die Arme vor der Brust verschränkt.
»Dummerweise«, fügte Rebus hinzu, »haben Sie sich nicht mit Kleinkram zufrieden gegeben. Bei wie vielen Wohnungen betreiben Sie illegale Untervermietung? Zehn? Zwanzig? Garantiert haben Sie Ihre ganze Familie an der Sache beteiligt… und womöglich auch noch ein paar tote Onkel und Tanten.«
»Sind Sie hier, um mich zu verhaften?«
Rebus schüttelte den Kopf. »Sobald ich von Ihnen
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