So soll er sterben
urteilen, stammen Sie nicht von hier«, bemerkte Rebus.
»Ich komme ursprünglich von der Westküste.«
Rebus nickte. »Ihr Name kommt mir irgendwie bekannt vor.«
Bullen verzog den Mund. »Um Ihnen längeres Kopfzerbrechen zu ersparen: Ja, ich bin der Sohn von Rab Bullen.«
»Glasgower Gangster«, erklärte Rebus Siobhan.
»Ein angesehener
Geschäftsmann
«, korrigierte ihn Bullen.
»Der starb, weil ihn jemand vor seinem Haus aus nächster Nähe erschossen hat«, fügte Rebus hinzu. »Wie lange ist das jetzt her – fünf oder sechs Jahre?«
»Wenn ich gewusst hätte, dass Sie gekommen sind, um über meinen Vater zu reden…« Bullen starrte Rebus finster an.
»Sind wir nicht«, unterbrach ihn Rebus.
»Wir suchen ein Mädchen, Mr. Bullen«, sagte Siobhan. »Eine Ausreißerin namens Ishbel Jardine.« Sie reichte ihm das Foto. »Haben Sie sie vielleicht gesehen?«
»Wieso sollte ich sie gesehen haben?«
Siobhan zuckte die Achseln. »Kann sein, dass sie Geld braucht. Wir haben gehört, Sie haben in letzter Zeit neue Tänzerinnen engagiert.«
»Jeder Klub in der Stadt engagiert regelmäßig neue Tänzerinnen.« Jetzt zuckte er die Achseln. »Die Frauen kommen und gehen. Übrigens sind alle meine Tänzerinnen legal angestellt, und sie tanzen, sonst nichts.«
»Was ist mit der Solokabine?«, fragte Rebus.
»Wir reden hier über Hausfrauen und Studentinnen, die sich nebenbei rasch ein paar Pfund verdienen wollen.«
»Wenn Sie bitte einen Blick auf das Foto werfen würden«, sagte Siobhan. »Sie ist achtzehn und heißt Ishbel.«
»Noch nie gesehen.« Er gab das Foto zurück. »Wer hat Ihnen gesagt, dass ich neue Tänzerinnen engagiert habe?«
»Dienstgeheimnis«, erwiderte Rebus.
»Mir ist aufgefallen, dass Sie sich meine kleine Sammlung von Schnappschüssen angeschaut haben.« Bullen wies mit dem Kopf auf die Fotos an der Wand. »Das hier ist ein niveauvoller Klub, und wir halten uns etwas darauf zugute, dass wir mehr Klasse haben als die Konkurrenz in der Nachbarschaft. Aus diesem Grund sind wir sehr wählerisch, was unsere Tänzerinnen angeht. Junkies engagieren wir prinzipiell nicht.«
»Wer hat behauptet, dass die Information von einem Junkie stammt? Und ich bezweifle sehr, dass auf diesen Schuppen die Bezeichnung ›niveauvoll‹ zutrifft.«
Bullen lehnte sich zurück, um Rebus besser betrachten zu können. »Sie dürften bald das Pensionsalter erreicht haben, Herr Inspector. Ich freue mich schon auf den Tag, an dem ich mit Polizisten wie Ihrer Kollegin zu tun haben werde.« Er lächelte Siobhan an. »Eine sehr erfreuliche Perspektive.«
»Seit wann besitzen Sie das Nook?«, fragte Rebus. Er hatte seine Zigarettenschachtel herausgeholt.
»Rauchen verboten«, sagte Bullen. »Feuergefahr.« Rebus zögerte, dann steckte er die Schachtel wieder ein. Bullen dankte ihm mit einem knappen Nicken. »Um Ihre Frage zu beantworten: seit vier Jahren.«
»Wieso sind Sie aus Glasgow weggegangen?«
»Na ja, der Mord an meinem Vater dürfte wohl als Grund reichen.«
»Man hat den Mörder nie gefasst, oder?«
»Sollten Sie statt ›man‹ nicht lieber ›wir‹ sagen?«
»Die Polizei von Glasgow und von Edinburgh – das sind zwei völlig verschiedene Paar Schuhe.«
»Sie glauben also, Sie hätten mehr Glück gehabt.«
»Mit Glück hat das nichts zu tun.«
»Also, Herr Inspector, wenn das alles ist… Bestimmt müssen Sie noch andere Etablissements aufsuchen.«
»Was dagegen, wenn wir mit den Frauen reden?«, fragte Siobhan unvermittelt.
»Zu welchem Zweck?«
»Um ihnen das Foto zu zeigen. Es gibt doch bestimmt einen Umkleideraum.«
Er nickte. »Hinter dem schwarzen Vorhang. Aber sie halten sich nur zwischen ihren Auftritten dort auf.«
»Dann werden wir eben dort mit ihnen reden, wo sie gerade sind.«
»Wenn’s unbedingt sein muss«, fauchte Bullen.
Sie drehte sich um und wollte hinausgehen, blieb dann aber abrupt stehen. An der Tür hing eine schwarze Lederjacke. Sie rieb den Kragen zwischen zwei Fingern. »Was für ein Auto fahren Sie?«, fragte sie.
»Was geht Sie das an?«
»Es ist eine ganz simple Frage, aber wenn Sie sich unbedingt mit mir anlegen wollen…« Sie starrte ihn an.
Bullen seufzte. »Einen BMW X5.«
»Klingt nach Sportwagen.«
Bullen schnaubte. »Das ist ein Geländewagen. Fast so groß wie ein Panzer.«
Sie nickte. »Eine dieser Schüsseln, die sich Männer als Kompensation für gewisse körperliche Unzulänglichkeiten kaufen.« Mit dieser Bemerkung verließ sie den Raum.
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