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So soll er sterben

Titel: So soll er sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Aussehen eines vorwitzigen Schulmädchens verlieh.
    »Ich glaube Ihnen«, sagte er. »Und ich glaube herausgehört zu haben, dass Sie keine allzu große Freundin unserer Asylgesetze sind?«
    »Das liegt daran, dass die zum Himmel stinken.«
    »Und wonach stinken sie?«
    Sie drehte sich zu ihm. »Heuchelei, zum Beispiel«, erwiderte sie. »In diesem Land kann man sich den Weg zu einem Pass erkaufen, wenn man den richtigen Politiker kennt. Wenn nicht, und wenn uns die Hautfarbe nicht passt oder die politische Einstellung, dann vergiss es.«
    »Sie halten uns also nicht für zu lasch?«
    »Ach, hören Sie doch auf«, sagte sie mit verächtlicher Miene und wandte ihre Aufmerksamkeit wieder der Landschaft zu.
    »War ja nur eine Frage.«
    »Und Sie glauben, dass Sie die Antwort schon wissen?«
    »Ich weiß, dass wir ein besseres Sozialsystem haben als andere Länder.«
    »Ja, genau. Und das ist auch der Grund, warum die Leute ihre gesamten Ersparnisse irgendwelchen Banden in den Rachen werfen, damit die sie über die Grenze schmuggeln, richtig? Dafür ersticken sie auf irgendwelchen Lastwagen und verstecken sich in Frachtcontainern.«
    »Den Eurostar nicht zu vergessen; die Leute hängen sich doch auch unter die Waggons.«
    »Kommen Sie mir nur nicht so von oben herab!«
    »Wollte nur Konversation machen.« Rebus konzentrierte sich einen Moment lang aufs Fahren. »Welche Art Kunst machen Sie?«
    Es verging eine Weile, bis sie ihm antwortete. »Hauptsächlich Porträts… ab und zu Landschaften…«
    »Und habe ich vielleicht schon von Ihnen gehört?«
    »Sie sehen nicht aus wie ein Sammler.«
    »Früher hatte ich einen H. R. Giger an der Wand hängen.«
    »Ein Original?«
    Rebus schüttelte den Kopf. »Ein LP-Cover:
Brain Salad Surgery

    »Wenigstens wissen Sie den Namen des Künstlers.« Sie schniefte und fuhr sich mit dem Handrücken über die Nase. »Ich heiße Caro Quinn.«
    »Und Caro ist die Abkürzung für Caroline?« Sie nickte. Etwas ungeschickt streckte Rebus ihr die rechte Hand hin. »John Rebus.«
    Quinn zog sich den grauen Wollhandschuh aus und schüttelte ihm die Hand. Der Wagen zog über die Mittellinie. Rebus lenkte ihn hastig zurück.
    »Versprechen Sie mir, uns in einem Stück nach Edinburgh zu bringen?«, fragte sie.
    »Wo soll ich Sie rauslassen?«
    »Kommen wir in die Nähe des Leith Walk?«
    »Mein Revier ist am Gayfield Square.«
    »Na wunderbar… Ich wohne ganz in der Nähe der Pilrig Street, wenn’s keine allzu großen Umstände macht.«
    »Kein Problem.« Ein paar Minuten lang herrschte Schweigen, bis Quinn wieder zu sprechen anfing.
    »Man würde kein Schaf so durch Europa treiben, wie einige dieser Familien von einem Land ins nächste getrieben werden… in Großbritannien sitzen fast zweitausend in Abschiebehaft.«
    »Aber viele können doch auch bleiben, oder nicht?«
    »Längst nicht genug. Holland ist gerade dabei, sechsundzwanzig
tausend
Menschen abzuschieben.«
    »Klingt viel. Wie viele gibt es in Schottland?«
    »Elftausend allein in Glasgow.«
    Rebus stieß einen Pfiff aus.
    »Vor ein paar Jahren haben wir noch mehr Asylbewerber aufgenommen als alle anderen Länder der Welt.«
    »Ich dachte, das wäre immer noch so.«
    »Die Zahlen sinken rapide.«
    »Weil die Welt sicherer geworden ist?«
    Sie musterte ihn und beschloss, seine Bemerkung als Ironie zu deuten. »Die Kontrollen werden immer strenger.«
    »Wir haben auch nicht ohne Ende Arbeit«, meinte Rebus mit einem Schulterzucken.
    »Und müssen wir deshalb weniger Mitgefühl haben?«
    »In meinem Beruf gibt es nicht viel Raum für Mitgefühl.«
    »Deshalb sind Sie auch mit einem Wagen voller Spielzeug nach Whitemire gefahren.«
    »Meine Freunde nennen mich auch Nikolaus…«
    Auf ihr Geheiß parkte Rebus in zweiter Reihe vor ihrem Haus. »Kommen Sie noch kurz mit hoch«, sagte sie.
    »Warum?«
    »Ich möchte Ihnen etwas zeigen.«
    Er schloss den Wagen ab und hoffte, der Besitzer des eingeparkten Mini möge es mit Fassung tragen. Quinn wohnte im obersten Stock, der, Rebus’ Erfahrung nach, meist von Studenten okkupiert wurde. Quinn hatte eine Erklärung.
    »So verfüge ich über zwei Etagen«, sagte sie. »Ich habe eine Leiter in der Wohnung, die auf den Dachboden führt.« Sie schloss die Wohnungstür auf, als Rebus noch eine halbe Treppe zurücklag. Er glaubte, sie etwas rufen zu hören – einen Namen vielleicht –, doch als er in den Flur trat, war niemand da. Quinn hatte den Rucksack an die Wand gelehnt und winkte ihn die

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