So soll er sterben
sagen will…«
»Hören Sie«, unterbrach ihn Rebus, »mir reicht’s. Trinken Sie aus, und dann verschwinden Sie… und das nicht, weil ich Rassist bin, sondern stinksauer.« Er stand auf. Storey erhob sich ebenfalls und reichte ihm das Glas.
»Guter Whisky«, sagte er. »Gemerkt? Sie haben mir beigebracht, nicht ›Scotch‹ zu sagen.« Er griff in seine Brusttasche und holte eine Visitenkarte heraus. »Falls Sie mal das Bedürfnis haben, sich mit mir in Verbindung zu setzen.«
Rebus nahm die Karte, ohne einen Blick darauf zu werfen. »In welchem Hotel wohnen Sie?«
»In der Nähe vom Haymarket, auf der Grosvenor Street.«
»Kenne ich.«
»Schauen Sie mal vorbei abends, und wir trinken einen auf meine Rechnung.«
Rebus ging nicht darauf ein, sondern sagte: »Ich bring Sie zur Tür.«
Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer schaltete er sämtliche Lichter aus, stellte sich an das vorhanglose Fenster und schaute nach unten. Storey trat hinaus auf die Straße. Kurz darauf hielt neben ihm ein Wagen. Er stieg hinten ein. Rebus konnte weder den Fahrer noch das Nummernschild erkennen. Es war ein großes Auto, vielleicht ein Vauxhall. Am Ende der Straße bog es rechts ab. Rebus ging zum Tisch, nahm den Hörer ab und rief ein Taxi. Dann stieg er ebenfalls die Treppen hinunter, um draußen zu warten. Als das Taxi eintraf, klingelte sein Telefon: Siobhan.
»Fertig mit unserem geheimnisvollen Gast?«, fragte sie.
»Fürs Erste, ja.«
»Was zum Teufel wollte der Kerl?«
Er erklärte es ihr, so gut er konnte.
»Und dieses arrogante Arschloch glaubt, Bullen hätte uns in der Tasche?«, lautete ihre erste Reaktion. Rebus hielt es für eine rhetorische Frage.
»Er wird vielleicht auch noch mit Ihnen sprechen wollen.«
»Keine Sorge, der soll nur kommen.« Aus einer Seitenstraße raste mit heulenden Sirenen ein Krankenwagen. »Sie sind im Auto«, bemerkte sie.
»Taxi«, korrigierte er. »Das Letzte, was ich im Moment brauchen kann, ist eine Anzeige wegen Trunkenheit am Steuer.«
»Wohin geht’s denn?«
»Kleiner Abstecher in die Stadt.« Das Taxi hatte die Kreuzung Tollcross überquert. »Wir sprechen uns morgen.«
»Viel Spaß.«
»Werd’s versuchen.«
Er legte auf. Das Taxi fuhr durch das Gewirr der Einbahnstraßen jenseits der Earl Grey Street. Sie würden die Lothian Road auf der Morrison Street überqueren… nächster Halt: Bread Street. Rebus gab dem Fahrer Trinkgeld und beschloss, sich eine Quittung ausstellen zu lassen. Vielleicht würde er die Fahrt als Spesen im Fall Yurgii geltend machen können.
»Ich glaube nicht, dass man Tabledance von der Steuer absetzen kann, Kumpel«, meinte der Taxifahrer.
»Sehe ich wirklich so aus?«
»Wollen Sie eine ehrliche Antwort?«, rief der Mann und fuhr mit knirschendem Getriebe davon.
»Das war das letzte Mal, dass du von mir ein Trinkgeld gekriegt hast«, brummelte Rebus und steckte die Quittung in die Tasche. Es war noch nicht mal zehn Uhr. Auf den Straßen waren grüppchenweise Männer unterwegs, auf der Suche nach der nächsten Kneipe. Fast überall standen Rausschmeißer in den grell erleuchteten Eingängen; manche in dreiviertellangen Mänteln, andere in Bomberjacken. Auf Rebus wirkten sie wie Klone in unterschiedlicher Kleidung – weniger, weil sie alle gleich aussahen, als vielmehr, weil sie die gleiche Sicht auf die Welt hatten. Für sie gab es zwei Gruppen von Menschen: bedrohliche und potenzielle Beute.
Rebus wusste, dass er nicht lange vor dem geschlossenen Kiosk herumstehen durfte, denn wenn einer der Türsteher des Nook misstrauisch wurde, wäre Storeys Operation in Gefahr. Also überquerte er die Straße, blieb zehn Meter vom Eingang des Nook entfernt stehen, hob das Telefon ans Ohr und führte mit trunkener Stimme ein etwas einseitiges Gespräch.
»Ja, ich bin’s… wo seid ihr? Ihr wolltet doch im Shakespeare sein… nein, ich bin auf der Bread Street…«
Es spielte keine Rolle, was er sagte. Für alle, die ihn sahen oder hörten, war er nur einer von vielen betrunkenen Nachtschwärmern. Doch zugleich nahm er den Kiosk in Augenschein. Drinnen brannte kein Licht; keine Bewegungen, kein Schattenspiel waren zu sehen. Wenn das Nook wirklich rund um die Uhr observiert wurde, dann ziemlich geschickt. Er ging davon aus, dass auch Filmaufnahmen gemacht wurden, aber es war nicht zu erkennen, wie. Wäre auch nur ein kleiner Fleck weiße Farbe vom Fenster entfernt worden, könnte man von draußen hineinsehen und früher oder später würde jemand die
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