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So sollst du schweigen: Roman (German Edition)

So sollst du schweigen: Roman (German Edition)

Titel: So sollst du schweigen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clara Salaman
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Druckknöpfe nicht exakt parallel zueinander, aber irgendwann schaffte ich es, sie zuzubekommen. Schließlich überwand ich mich, die Decke zurückzuschlagen und die monströse lila Tunika überzustreifen. Ich schlurfte ins eiskalte Bad, spritzte mir Wasser ins Gesicht und putzte mir die Zähne. Dann wachte ich auf und musste die ganze Prozedur noch einmal hinter mich bringen, diesmal allerdings in der Realität.
    Es war so kalt, dass Mum Porridge für mich zubereitet hatte. Dad aß nichts davon, da gekochte Speisen bei uns verpönt waren. Aber Mum hatte ihre eigenen Methoden, sich gegen die Vorschriften aufzulehnen.
    Sie sprachen das Gebet, dann stürzte ich mich auf mein Frühstück. Im strömenden Regen ging ich anschließend mit Dad zu Fuß zur U-Bahnstation Archway. Die Pfützen glitzerten im Schein der Straßenlaternen. Er ging immer sehr schnell, so dass ich Mühe hatte, mit ihm Schritt zu halten.
    Um diese Uhrzeit – es war noch nicht einmal sechs Uhr – gab es keine Schlange am Fahrkartenschalter. Dad fuhr am liebsten mit der ersten Bahn in südliche Richtung, um so früh wie möglich in der Schule zu sein. Wie üblich zwinkerte mir der alte, kleine schwarze Schaffner zu, als er meine Fahrkarte abknipste. Dad sah ihm grundsätzlich nicht in die Augen, ich schon. Ich liebte diese kurzen Begegnungen mit der Außenwelt.
    Der düstere Bahnsteig war bis auf einen Mann am hinteren Ende menschenleer. Schweigend gingen wir zu unserer gewohnten Stelle vor dem Plakat mit der weinenden Frau auf einem Stuhl und dem Mann hinter ihr, der ihr tröstend eine Hand auf die Schulter legte – eine Werbung für die Samariter oder so etwas, allerdings hatte jemand über Nacht eine Sprechblase über den Kopf der Frau gezeichnet und »Ich wünschte, dieser Blödmann würde endlich abhauen« hineingeschrieben. Ich musste lachen. Als Dad es las, wandte er sich ab und stellte sich ein paar Meter weiter weg.
    Am liebsten fuhr ich allein mit der Bahn. Dann konnte ich das Datum des Vortags auf meiner Fahrkarte abkratzen und mit dem Filzstift das aktuelle draufschreiben, was Megan und mir ganze fünfzehn Pence für Süßigkeiten bescherte. Sie tat genau dasselbe. Und dann malten wir uns den ganzen Tag über aus, was wir von dem eingesparten Geld kaufen würden.
    Es war der erste Tag nach den Halbjahresferien, und wie gewohnt graute mir vor der Schule. Die Ferien hatten mir eine Auszeit von Miss Fowler verschafft, die mich seit dem Vorfall mit der Teekanne keine Sekunde aus den Augen gelassen hatte. Wann immer wir den Jungs auf dem Gang begegneten, zwang sie uns, das Gesicht zur Wand zu drehen; mich hingegen drückte sie regelrecht dagegen, so dass meine Nase den Putz streifte, als wäre ich nicht fähig, mich zu beherrschen, sondern reiße mir bei ihrem Anblick die Kleider vom Leib. Ich hatte sogar überlegt, nicht zurückzukehren, sondern Krankheit vorzuschützen, aber mir war klar, dass das nichts nützen würde. Ich war noch nie vom Unterricht befreit worden. Deshalb war ich auch nie krank. Ganz im Gegensatz zu Megan, die unter schwerstem Asthma litt. Manchmal musste sie sogar ins Krankenhaus. Aber dort gefiel es ihr ausgesprochen gut – es gab warmes Essen, sogar Fleisch, außerdem ein Zimmer mit einem Fernseher. Einmal hatte sie das Pfeifen in ihren Bronchien sogar nur vorgetäuscht, nur um sich noch ein paar Folgen von Der Sechs Millionen Dollar Mann ansehen zu können.
    Im Untergeschoss des Schulgebäudes befand sich das »Verlies«, wie wir es nannten – fensterlose Räume, einst für Kohlen oder Wein oder sonstige Dinge vorgesehen, die die reichen Bewohner der uralten Londoner Häuser dort gelagert hatten. Uns dienten sie als Umkleideräume. Sie waren so niedrig, dass man sich ducken musste, und es roch nach Schweißfüßen und feuchten Kleidern. Was der Grund war, weshalb die Lehrer sie nur sehr ungern betraten.
    Mrs   Gentle scheuchte uns nach oben zur Meditation, nur mich übersah sie in meiner Ecke. Ich beschloss, die Gelegenheit beim Schopf zu packen und mir ein Nickerchen zu gönnen. Also blieb ich ganz still sitzen, bis ich sicher war, dass die anderen fort waren, dann stapelte ich ein paar Umhänge in der Mitte des Raums zu einem großen Haufen auf und legte mich hin. Allerdings hielt ich es nicht sehr lange aus, weil sich meine Blase meldete.
    Ich schlich mich hinaus und sah mich auf dem Korridor um. Weit und breit war niemand zu sehen. Es war gerade einmal acht Uhr. Ich flitzte zu den Toiletten. Das Licht ließ

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