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So still die Nacht

So still die Nacht

Titel: So still die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Lenox
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stürzte, denn genauso eine Art von Tag war es. »Sie meinen, den Teil eines Beins einer Person?«
    Leeson nickte. »Es ist der Oberschenkel einer Frau. Abgetrennt.«
    Blumenblätter und Blut.
    Leeson hatte dasselbe gedacht.
    »Das ist nicht alles. Anscheinend haben sie ungefähr zur gleichen Zeit heute Morgen bei Horslydown einen Arm gefunden.«
    »Horslydown. Das liegt weit flussabwärts.«
    Leesons Schnurrbart glitzerte silbern. »Beide, so heißt es, waren sorgfältig in zerschnittene Kleidungsstücke eingewickelt.«
    Mark grübelte über die Einzelheiten nach. »Stammen die Körperteile von derselben Person?«
    »Das weiß ich nicht, Sir, aber natürlich findet jetzt an beiden Fundorten eine große Suche statt.«
    Mark schaute über das Wasser. Er nickte. »Es könnte das Werk von Selenes Themse-Mörder sein.«
    Mina lag auf ihren Kissen und fühlte sich wie ein Kind, dem man befohlen hatte, sein Nachthemd anzuziehen, um vorzeitig zu Bett zu gehen. Es war nicht einmal sieben Uhr, es würde also noch gut zwei Stunden hell bleiben.
    »So«, verkündete Lucinda. Sie setzte sich ans Fußende des Betts und verknotete den Verband um Minas Knöchel. »Wie fühlt sich das an? Zu eng? Zu locker?«
    »Der Verband ist perfekt, vielen Dank«, antwortete Mina trotz ihrer gereizten Nerven gelassen. »Aber wie ich den ganzen Nachmittag gesagt habe, der Kratzer ist so geringfügig, dass er unmöglich als Verletzung durchgehen kann.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Lucinda bettete Minas Fuß auf ein mit Quasten umrandetes Kissen. »Ich fühle mich besser, wenn ich Sie verhätscheln kann. Ich habe das Gefühl, dass es allein meine Schuld ist, dass Sie so einen furchtbaren Tag hatten. Ich hätte darauf bestehen sollen, dass Sie in dem Schreibwarenladen bleiben, um dann gemeinsam das andere Geschäft aufzusuchen – und dann diese schreckliche Sache mit der Fehlzündung.«
    Mina lächelte mitfühlend. »Bitte, sorgen Sie sich nicht länger um mich.«
    Lucinda arrangierte eine Decke über ihren Beinen. »Mina, Liebes, trotz alledem … ich hoffe, Sie wissen, dass Sie mir immer alles anvertrauen und mit mir über alles sprechen können.«
    »Vielen Dank für dieses Angebot, Lucinda.«
    Lucinda presste die Lippen zusammen und schien genau über ihre nächsten Worte nachzudenken. Ihr Gesicht wirkte betrübt. »Ich muss sagen … ich war ziemlich entsetzt, Sie heute Nachmittag mit Lord Alexander in der Gondel dieses Gasballons zu sehen. Ich weiß, Sie sind es gewohnt, Ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, und Sie haben gewiss ein … nun, freieres Leben geführt, aber … jetzt sind Sie in London.«
    Mina hielt kurz inne, bevor sie antwortete. »Unser Flug war nicht sehr lang. Doch ich gebe zu, als ich mein Einverständnis gegeben habe, dachte ich, wir würden mit den Seilen am Boden festgemacht bleiben. Ich entschuldige mich, wenn es zu viel Aufhebens um mich gab.«
    Ihre Tante neigte den Kopf. »Für junge Damen, die in Trauer sind, gelten noch höhere Maßstäbe als für jene, die es nicht sind. Sie möchten doch nicht den Anschein erwecken, als wären Sie … ungerührt durch den noch nicht lange zurückliegenden Tod Ihres Vaters.«
    Mina erwiderte nichts, aber ihre Wangen brannten vor Scham, weil sie eine Lektion erhalten hatte, wie sie sich schicklich zu verhalten habe. Vielleicht hatte sie eine schlechte Wahl getroffen, als sie mit Mark in dem Ballon aufgestiegen war. Trotzdem, tief in ihrem Herzen bereute sie keine Minute dieses Zusammenseins. Abgesehen von dem Kuss hatte er einen Teil von ihr wiedererweckt, den sie vermisst – und nach dem sie sich gesehnt hatte.
    »Wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, liebe Mina, überhaupt irgendeinen Rat, dann ist es der, sich von Herren wie Lord Alexander fernzuhalten.«
    Mina schluckte und versuchte, sich ihren Schreck nicht anmerken zu lassen. Das Gespräch über das passende Verhalten während der Trauerzeit war eine Sache, aber sie hatte aus dem Mund von Lucinda keinen Rat dieser Art erwartet. Was auch immer zwischen ihrer Tante und Lord Alexander vorgefallen war, offensichtlich hatte es dazu geführt, dass sie eine schlechte Meinung von ihm hatte. Oder konnte es sein, dass aus Lucinda die Eifersucht sprach?
    Lucinda ergriff Minas Hände und hielt sie fest umfasst. »Er erscheint blendend und aufgeputzt, ist aber ohne jegliche Substanz. Er ist umwerfend, ja, aber seine Motive in Bezug auf das weibliche Geschlecht sind selten über jeden Tadel erhaben.«
    Mina hielt es für das Beste,

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