So still die Toten
geparkt.
Daher verkrampfte sie sich, als sie auf dem Weg zum Auto Schritte hinter sich hörte. Sie umklammerte ihren Schlüsselbund fester.
»Hallo, Meerjungfrau.«
Sie schloss die Autotür auf und hob beim Klang der vertrauten Stimme den Kopf. Der Mann stand nur ein paar Meter von ihr entfernt. Er war wie aus dem Nichts aufgetaucht, und obwohl er lächelte und ganz entspannt wirkte, war sie alarmiert. Sie blickte zurück zum King’s, in der Hoffnung, Kier würde noch da stehen und ihr nachschauen. Aber sie konnte ihn nicht entdecken.
Sie ließ die Schlüssel durch ihre Finger gleiten. »Kenne ich Sie?«
Der Mann grinste. Er war jung, etwa Mitte zwanzig und durchtrainiert. Lange dunkle Locken umrahmten sein Gesicht, und die ausdrucksvollen blauen Augen machten sein ansonsten unauffälliges Gesicht bemerkenswert. »Sie erkennen mich nicht? Das kränkt mich aber.«
»Wer sind Sie?« Jede Verbindlichkeit schwand aus ihrer Stimme.
»Sie sind wahrscheinlich nicht daran gewöhnt, mich angezogen zu sehen.« Er lachte. »Aus dem Fitnessstudio. Ich bin der Schwimmer, der Bahn vier mit Ihnen geteilt hat.«
Erleichterung stieg in ihr auf, und ihr verkrampfter Rücken entspannte sich ein wenig. Gegenüber Kier hatte sie sich unbekümmert gegeben, was ihre Sicherheit anging, doch jetzt wurde ihr klar, dass sie alles andere als sicher war. Sie zog sich hinter die offene Wagentür zurück. »Ach so. Entschuldigung. Ich habe mich wohl von dem trockenen Haar in die Irre führen lassen.«
Er lachte. »Eine Schwimmbrille ist nicht gerade besonders attraktiv.«
Ganz ruhig
. »Ich liebe die Druckstellen, die die Schwimmbrille um die Augen hinterlässt. Wenn ich aus dem Wasser komme, sehe ich ein bisschen aus wie ein Käfer.«
Er drohte ihr scherzhaft mit dem Finger. »Aber Sie sind fast jeden Tag dort.«
»Vermutlich bin ich süchtig.« Sie lehnte sich gegen die Karosserie. »Sie schwimmen, als würden Sie regelmäßig trainieren.«
»Jetzt nicht mehr. Aber alte Gewohnheiten legt man nicht so schnell ab. Als Jugendlicher bin ich viel geschwommen, auch ein paar Mal bei Wettkämpfen. Inzwischen schwimme ich nur noch zum Spaß.«
»Sie müssen gut gewesen sein. Wenn Sie an mir vorbeiziehen, fühle ich mich wie eine Wasserschildkröte.«
Er zuckte die Schultern. »Ich war ganz gut.« Dann streckte er ihr die Hand entgegen. »Ich heiße Martin.«
Sie ergriff seine Hand und spürte, dass die Innenfläche schwielig war. »Angie.«
Er verstärkte seinen Griff und hielt ihre Hand einen Augenblick fest. Eine Sekunde verstrich. Es dauerte nicht lange genug, um Angie zu alarmieren, doch als er seinen Griff lockerte, zog sie ihre Hand schnell weg. »Okay, Martin, nett, mit Ihnen zu plaudern, aber ich muss jetzt fahren. Ich muss morgen früh raus.«
Er vergrub die Hände in den Hosentaschen. »Gehen Sie morgen schwimmen?«
»Ich werd’s versuchen. Kommt drauf an, wie viel Arbeit heute Abend noch auf mich wartet.«
»Arbeit? So spät? Was machen Sie denn?«
»Ich bin Anwältin.«
Er nickte. »Ich dachte mir schon, dass Sie einen anspruchsvollen Beruf haben.«
»Warum das denn?«
»Die Art, wie Sie sich geben. Ihre Disziplin. Nicht viele Menschen trainieren mit solcher Hingabe. Gewöhnlich Leute mit anspruchsvollen Berufen.«
»Und Sie sind demzufolge …?«
»Jemand, der einfach ein bisschen durchs Land reist, bevor er mit dem Masterstudium beginnt. Ich gebe Schwimmkurse im Fitnessstudio. Kann sein, dass ich bald weiterziehe.«
Das erklärte, warum er vor ein paar Tagen wie aus dem Nichts aufgetaucht war. »Ach so. Also, Martin, ich muss jetzt los.«
Sie lächelte ihm ein letztes Mal zu, setzte sich hinters Steuer und schloss die Tür. Im Wagen löste sich ihre Anspannung. Wie albern, sich so zu verkrampfen. Das kam wohl noch von der Aufregung im ZZ’s.
Als sie den Motor anließ, lächelte sie Martin noch ein Mal zu und registrierte überrascht, dass er sie mit einer Intensität fixierte, die sie aus der Fassung brachte.
Sie nickte.
Er winkte.
Und als sie losfuhr, wusste sie bereits, dass sie am nächsten Morgen nicht schwimmen gehen würde.
15
Freitag, 7. Oktober, 7:00 Uhr
»Wir haben einen Durchbruch«, sagte Garrison zu Malcolm, als der mit zwei großen Bechern Kaffee das Büro betrat.
Malcolm trank einen Schluck, er brauchte dringend Koffein. »Was denn?«
»Wir haben das Auto von Sierra Day gefunden.«
Malcolm stellte den zweiten Becher auf Garrisons Schreibtisch. »Wo?«
»In dem großen Einkaufszentrum
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