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So still die Toten

So still die Toten

Titel: So still die Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Burton
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für sich behalten.«
    »Wie haben die beiden sich kennengelernt? »
    »Bei einer Party zugunsten des Talbot-Museums. Sie hatte die Aufgabe, die Reichen und Schönen zu einer Ausstellungseröffnung einzuladen und überbrachte Cross seine Einladung persönlich. Vermutlich hat er nur einen Blick auf sie geworfen und sofort beschlossen, es bei ihr zu versuchen. Kurz darauf hat er dem Talbot-Museum eine große Summe gespendet.«
    »Wie lange dauerte die Affäre?«
    »Sechs Monate. Bis ungefähr einen Monat vor ihrem Tod. Sie und Darius haben sich gestritten.«
    »Worüber?«
    »Sie wollte heiraten und er natürlich nicht. Sie war sich so sicher, dass sie ihn um den Finger gewickelt hatte. Es schien fast, als hätte sie irgendein Druckmittel. Aber fragen Sie mich nicht, welches. Zum ersten Mal war sie sehr zurückhaltend, was die Details anging. Ich kann Ihnen aber sagen, dass sie schon wenige Tage, nachdem sie Cross verlassen hatte, mit einem anderen Mann ins Bett gehüpft ist.«
    »Mit wem?«
    Mrs Redman verschränkte die Arme. »Ich weiß nicht, wie er hieß. Aber er belieferte das Museum. Sie brachte ihn nie mit nach Hause, und ich war damals mit den Vorbereitungen für meine Hochzeit beschäftigt und konnte mich nicht weiter um ihre Dramen kümmern.«
    Er starrte in die leblosen Augen der Frau und kostete die Stille des Todes aus. Er strich mit den Fingerknöcheln über ihre warme Haut und spürte, dass ihre Körpertemperatur bereits um ein paar Grad gesunken war. In einer Stunde würde sie sich kühl anfühlen, Arme und Beine würden steif werden, und es würde viel schwerer sein, sie zu bewegen. Er musste sie bald in den Bottich bringen, damit die Flüssigkeit das Fleisch von ihren Knochen löste und alle Beweise tilgte, die mit ihrem Tod zusammenhingen.
    Sein Vater hatte immer gesagt: »Verwisch deine Spuren. Wenn du schlau genug bist, wird man dich nie schnappen.«
    Und er wollte nicht geschnappt werden. Die Vorstellung, den Rest seines Lebens in einer kleinen, düsteren Zelle zu verbringen, war ein Albtraum für ihn. Also würde er dem Rat seines Vaters folgen und die Beweise an ihrem Körper beseitigen.
    Wenn er doch nur die Beweise an seinem eigenen Körper hätte beseitigen können. Die Narben, die entstellte Haut, ein steter Quell der Verbitterung, all das würde ihm bis zu seinem Tod bleiben, bis sein Fleisch verweste und von den unversehrten Knochen abfiel.
    Er streichelte ihre bleiche Haut. Er musste sie nicht sofort nehmen. Es blieb ihm noch ein wenig Zeit, die Ruhe und Stille zu genießen – die Tatsache, dass kein Atem mehr ihre Brust hob und senkte, ihre Augen sich nicht angewidert von seinem nackten Körper abwandten.
    Der Tod verlieh einer Frau eine ganz eigene Schönheit, die mit nichts im Leben vergleichbar war.
    So lange hatte er seine Neigungen und die dunklen Mordgelüste verleugnet. Er hatte all seine Kraft und Energie darauf verwendet, sich anzupassen und unsichtbar zu werden.
    Doch vor zwei Jahren hatte sich das geändert. Er hatte seinen Partner kennengelernt, das düstere Begehren in seinen Augen gesehen und gewusst, gemeinsam würden sie unbesiegbar sein. Sie hatten eine Nutte entführt. Als sein Partner mit ihr fertig war, hatte sich das Tier in seinem Inneren, das so hungrig war nach dem langen Schlaf, nicht mehr zurückhalten lassen. Es hatte nicht wie zuvor nur geflüstert, er solle töten. Es hatte lautstark danach verlangt.
    Und er war dem Ruf nachgekommen. Ein Mal, zwei Mal, drei Mal, vier Mal und jetzt das fünfte Mal.
    Eine Zeit lang hatte es ihn befriedigt, Nutten zu töten. Aber dann hatte er begonnen, sich zu langweilen. Welchen Sinn hatte geniales Tun, wenn niemand davon erfuhr?
    Also hatten sie sich auf die Schauspielerin geeinigt. Und jetzt auf die Nutte, die sich in ein braves Mädchen verwandelt hatte. Inzwischen hatte er überhaupt keine Angst mehr vor den Cops. Er war schlauer als sie alle zusammen.
    Er betrachtete sie lange, beugte sich dann vor, legte seine Wange an ihre und atmete den stärker werdenden Geruch des Todes ein. Er nahm ihr Gesicht in beide Hände, starrte in die leeren Augen und küsste ihre Lippen. Er genoss die kühle, ruhige Weichheit. Mit den Fingerspitzen fuhr er über ihren Kieferknochen, ihr Schlüsselbein und umkreiste dann ihre Brustwarze. Er bekam eine Erektion.
    Andere Frauen faszinierten ihn weit mehr, als diese hier es vermochte. Bald würde er die anderen finden und sie von dem Leben erlösen, an das sie sich so verzweifelt klammerten.

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