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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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es ganz für sich haben? »Aber meine Mutter hat mich nicht hergegeben.« Etwas in Vicki zerriss wie eine zu straff gespannte Instrumentensaite, erzeugte einen Missklang.
    Renate bestätigte das. Hermi hatte sich deswegen vollends mit ihrer Mutter überworfen und war mit Vicki in eine vom Jugendamt finanzierte Wohngemeinschaft gezogen. Später, als sie volljährig geworden war, war sie dann in eine Wohnung gewechselt, die vom Sozialamt bezahlt wurde. Sie hatte versucht zu jobben und ihr Baby zu versorgen und war an diesem Spagat gescheitert. Nach und nach hatten ihre Freunde aus der Punkerszene dann die Wohnung mit Beschlag belegt, und die Zustände waren immer unhaltbarer geworden. »Traudl hat den Kontakt zu Hermi abgebrochen, als sie ausgezogen ist. Erst an deinem fünften Geburtstag hat sie sich ein Herz gefasst und sie besucht. Als sie zurückkam, war sie geschockt. Hermi nahm inzwischen Tabletten und …«
    Was war das jetzt schon wieder? Noch eine Lüge? »Sie hat mit dem Zeug erst nach meiner Geburt angefangen? Oma hat immer gesagt, Hermi hat bereits in der Schule Tabletten eingeworfen und gekifft.«
    »In der Schule? Nein. Sie hat erst zu Tabletten und Alkohol gegriffen, als ihr die Probleme über den Kopf gewachsen sind. Da musst du schon drei oder vier gewesen sein.«
    Vicki hatte das Gefühl, der Boden unter ihren Füßen gäbe nach. Oma hatte sie angelogen. Nach Strich und Faden. Oder log Renate? Aber Renate war Omas Freundin. Sie hatte keinen Grund, sie schlechtzumachen. Vicki stand auf.
    »Ich muss mal auf die Toilette.« Während sie im Badezimmer kaltes Wasser über ihre Handgelenke laufen ließ, dachte sie über das eben Gehörte nach. Wenn Hermi erst so spät angefangen hatte, Tabletten zu nehmen und wer weiß was sonst noch und sich dafür prostituiert … Halt! Stopp! Wer wusste denn, ob das überhaupt stimmte, dass sie sich dafür verkauft hatte. Oma hatte das behauptet. Vielleicht stimmte das ja gar nicht. Ziemlich sicher sogar! Wenn Hermi mit sechzehn gar nicht auf Drogen gewesen war, dann hatte sie auch keine Kohle dafür gebraucht, und dann hatte sie sich auch nicht dafür verkaufen müssen … dann konnte kein Freier sie geschwängert haben … dann …
    Vicki stürmte aus dem Bad zurück in die Küche. Renate stand am Spülbecken und füllte den Wasserkocher. »Weißt du, wer der Freund meiner Mutter war, wer mein Vater sein könnte?«
    Renate fuhr herum. »Hast du mich erschreckt.« Sie stellte den Kocher ab. »Hat Traudl dir das nie gesagt?«
    »Nein. Hat sie nicht. Sie hat gesagt, Hermi hätte … Ach Scheiße. Egal. Sie hat es mir nicht gesagt. Aber du weißt es?« Vickis Herz klopfte plötzlich wie wild.
    ***
    Dühnfort suchte Fuhrmann in seiner Praxis auf und holte ihn aus einem Beratungsgespräch, worüber der Arzt ziemlich ungehalten war. »Was gibt es denn so Dringendes, dass Sie nicht zehn Minuten warten können?«
    »Ihr Auto ist wiederaufgetaucht.«
    Erleichtert gab Fuhrmann seine angriffslustige Haltung auf. »Toll. Damit habe ich ehrlich gesagt nicht gerechnet. Ist es beschädigt?«
    »Nun ja. Es ist ziemlich nass. Wir haben es aus einem Baggerloch gezogen.«
    »Aha.« Fuhrmanns Erstaunen klang echt.
    »Ganz in der Nähe eines Leichenfundorts.«
    Verblüffung erschien für eine Sekunde auf Fuhrmanns Gesicht und dann Erkenntnis. »Sie denken, ich … Nee. Das hängen Sie mir nicht an.«
    Entweder ist er ein guter Schauspieler, oder er war es nicht, dachte Dühnfort. »Niemand hängt Ihnen etwas an. Es gibt jedoch Gesprächsbedarf. Wenn Sie so nett wären, mich zu begleiten.«
    Noch fehlte das Bindeglied. Fuhrmanns Auto war in der Nähe von Janas Leiche gefunden worden. Das alleine reichte nicht. Sie mussten im Fahrzeug Spuren von ihr finden, erst dann konnte der Haftbefehl beantragt werden. Bis dahin wollte Dühnfort sich mit Fuhrmann unterhalten, während Gina die beiden Alibizeugen nochmals befragte. Sie war schon unterwegs zu Wernegg und Klees.
    »Und wenn ich nicht so nett bin, was dann?«, fragte Fuhrmann.
    »Dann werde ich Sie vorläufig festnehmen. Das muss ja nicht sein.«
    Fuhrmann wirkte wie vor den Kopf geschlagen. »Also gut. Ich habe mir nichts vorzuwerfen. Es ist sicher ein Zufall, dass mein Wagen in der Nähe einer Leiche gefunden wurde … Dumme Jungs klauen ein Auto, machen eine Spritztour und versenken es dann. Das kommt doch vor.«
    Diese Idee verfolgte Fuhrmann auch noch, als er Dühnfort in dessen Büro gegenübersaß.
    »Ihr Auto wurde nicht von dummen

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