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So unselig schön

So unselig schön

Titel: So unselig schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Inge Löhnig
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Liste über den Tisch. »Nichten und Neffen des ursprünglichen Besitzers. Niemand ist vorbestraft. Lauter brave Bürger. Seit Jahren versuchen sie den Gemeinderat zu überzeugen, den Gewerbegrund so umzuwidmen, dass dort Wohnungen und Häuser gebaut werden können. Im Moment gibt es wohl Interesse von zwei Bauträgern und den Vertretern einer Investorengemeinschaft für eine Privatklinik. Heute Abend bekomme ich von der Maklerin eine genaue Aufstellung mit den Namen aller bisherigen Interessenten.«
    Es klopfte. Buchholz trat ein und setzte sich in die Runde. »Wir sind in der Brauerei fertig. Dem da«, er wies mit dem Kinn auf die Mappe mit dem ersten Bericht, die auf Dühnforts Schreibtisch lag, »ist nichts hinzuzufügen.«
    Na prima, dachte Dühnfort. »Könnt ihr schon etwas zur Tatwaffe sagen?«
    »Mit ziemlicher Sicherheit ein sehr scharfes Küchenmesser, vielleicht auch das Profimesser eines Metzgers oder Kochs. Der Schnitt wurde von links nach rechts geführt, ihr sucht also einen Rechtshänder.« Buchholz erhob sich wieder. »Ich mache jetzt Feierabend und besauf mich. Kommt jemand mit?«
    Niemand hatte Lust dazu. Alois traf sich mit der Maklerin in einem italienischen Restaurant. Gina wollte nach Hause, in ihre WG , und auch Dühnfort war nicht nach Ausgehen zumute. Als alle sein Büro verlassen hatten, packte auch er zusammen und ging.
    Auf dem Parkplatz traf er Gina. Sie stand neben ihrem Golf und suchte in den Hosentaschen nach dem Schlüssel. Als sie ihn bemerkte, ging sie zu ihm. »Eines habe ich vorhin noch vergessen. Wegen des Schmetterlings habe ich mit jemandem vom Bund Naturschutz gesprochen. Die Art ist bei uns heimisch. Dass er neben der Leiche lag, muss nichts zu bedeuten haben. Der pure Zufall sozusagen.« Während sie das sagte, blitzten ihre Augen schelmisch auf.
    Er hatte das so oft bei ihr gesehen, dieses Funkeln, dieses Lächeln, und nie hatte es etwas in ihm ausgelöst. All die Jahre nicht, die sie schon zusammen arbeiteten. Jetzt jedoch schrak er bei dem Gedanken zusammen, wie es wäre, Gina in den Arm zu nehmen, diese helle, mit Sommersprossen gesprenkelte Haut zu berühren, die ihn an Milchschaum mit einer Prise Zimt denken ließ, und sie zu küssen.
    Das Funkeln verstärkte sich. »Wie gesagt: Es muss nichts zu bedeuten haben. Aber dieser Schmetterling, das ist ein Trauermantel. Ich fresse einen Besen, wenn das Zufall ist.«
    ***
    Vicki stieg vom Rad und schob es über den Hof zum Austragshäusl, ihrem Refugium. Der Bauernhof, zu dem es gehörte, war schon lange keiner mehr. Das Wohnhaus und die Nebengebäude waren umgebaut worden und beherbergten ein Architekturbüro, eine Zahnarztpraxis, ein Küchenstudio sowie Werkstatt und Büro eines Ofenbauers.
    Das gegenüberliegende Häuschen, ursprünglich als Unterkunft für die Austragsbauern gedacht, war in zwei winzige Wohnungen aufgeteilt worden. Die obere stand derzeit leer, die untere bewohnte Vicki. Die Fenster waren nicht dicht, es gab nur fließend kaltes Wasser, und im Winter musste Vicki ihr Reich mit einem Kaminofen beheizen. Dafür war die Miete erschwinglich.
    Sie sperrte das Rad ab, sog den Duft der Kletterrose ein, die sich an der Holzverkleidung emporrankte, und schloss die Haustür auf.
    In der Wohnung schien das Abendlicht durchs Fenster auf den abgeschliffenen Dielenboden und das Terrarium. Vicki warf den Rucksack auf das nicht gemachte Bett und sah dann nach Epiktet. Die Wasserschale war beinahe leer, Gurke und Klee hatte er gefressen.
    »Zeit, Gassi zu gehen.«
    Als hätte die Schildkröte sie verstanden, schob sie ihren runzligen Kopf aus dem Panzer, reckte ihn ein wenig nach oben und blinzelte mit den Knopfaugen, wie zur Begrüßung. Vicki nahm Epiktet heraus, öffnete mit einem Ruck die verzogene Tür und trat in den kleinen Garten, der von einem Staketenzaun und Büschen eingefasst wurde. Vorsichtig setzte sie Epiktet ins Gras. Er sah sich um und steuerte dann zielstrebig auf einige Gänseblümchen zu. Vicki ließ sich auf dem alten Küchenstuhl nieder, den sie vom Sperrmüll mitgenommen und türkis gestrichen hatte. Ein Hauch Miami in Perlach. Sie streckte die Beine aus, streifte Claras Schuhe von den Füßen und spürte dem nach, was in ihr geschehen war.
    Irgendwas hatte sich seit gestern verschoben, hatte all diese Traurigkeit und Kraftlosigkeit wieder nach oben gespült, wo sie doch gedacht hatte, das sei jetzt endlich vorbei.
    Die Blüte eines Gänseblümchens verschwand im Maul von Epiktet, Adrians

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