So unwiderstehlich reizvoll
unterrichtet an der Schule in Bodmin.“
„Wirklich?“ Endlich erfuhr sie nähere Einzelheiten. „Wie interessant!“
„Finden Sie?“ Die alte Dame klang skeptisch. „Raphaels Mutter hat mir mit ihrer Liebe zur Kunst das Herz gebrochen. Auch sie malte wunderschöne Bilder, aber was ist aus ihr geworden?“
„Cary hat mir erzählt, sie wäre vom Balkon gestürzt.“
„So jedenfalls lautet die offizielle Version.“
„Und die entspricht nicht den Tatsachen?“ Juliet war irritiert.
„Ich möchte nicht aus dem Nähkästchen plaudern, Miss Lawrence. Erzählen Sie mir lieber, wie Cary und Sie sich wieder getroffen haben. Was für ein unglaublicher Zufall! Gehen Sie vielleicht öfter ins Kasino?“
„Ins Kasino?“, wiederholte Juliet verständnislos.
„Ja, in das Spielkasino, in dem Cary arbeitet.“ Sie schüttelte den Kopf. „Wie er nach dem Fiasko in Südafrika überhaupt eine Anstellung gefunden hat, ist mir ein Rätsel. Sie wissen über Carys Vergangenheit Bescheid, oder?“
„Ja“, gab Juliet zu und atmete erleichtert auf, als ihr angeblicher Verlobter in diesem Moment den Salon betrat – wenn auch etwas overdressed, wie ihr schien. Er trug einen Smoking mit schwarzer Hose und dunkelrotem Jackett.
Cary blieb einen Moment stehen, als erwarte er ein Kompliment wegen seiner eleganten Erscheinung. Doch Lady Elinor zog lediglich ihre immer noch dunklen Brauen hoch und bückte sich, um Hitchins auf den Schoß zu nehmen. Denn der Pekinese, der die ganze Zeit ruhig in dem Körbchen zu ihren Füßen geschlafen hatte, war bei Carys Eintritt wach geworden und knurrte nun.
„Großmama.“ Cary verbeugte sich höflich, warf dem kleinen Hund einen giftigen Blick zu und setzte sich neben Juliet.
„Du siehst bezaubernd aus, Darling“, meinte er, während er zu Juliets Ärger ihren Nacken küsste. „Und du duftest verführerisch. Chanel?“
„Nein.“ Juliet erklärte ihm nicht, dass sie ausschließlich naturreine Parfüms benutzte, die nicht einmal die Hälfte kosteten. „Wir haben schon auf dich gewartet.“
„Tut mir leid.“ Diesmal konnte Juliet seinem Kuss ausweichen. „Wenn ich gewusst hätte, wie sehr du mich vermisst, hätte ich mich selbstverständlich noch mehr beeilt.“
„Das hast du falsch verstanden, Cary, es war als Kritik gemeint“, bemerkte Lady Elinor boshaft. „Du hast Juliet nicht gefehlt, ganz im Gegenteil, wir haben uns angeregt unterhalten.“
„So?“ Das schien Cary überhaupt nicht zu passen.
„Sie wollte mir gerade erzählen, wie ihr nach all den Jahren endlich zusammengefunden habt.“
Dummerweise hatten sie vergessen, sich in diesem wichtigen Punkt abzusprechen. Daher blieb ihr nichts anderes übrig, als zur nächstbesten Lüge zu greifen. „Wir sind zufällig zusammen eingeladen worden, bei den Bainbridges. John und Deborah, unabhängig voneinander sind wir schon ewig mit ihnen befreundet.“
„Ja, bei John und Deborah.“ Leider klang Cary ausgesprochen erleichtert und nicht wie ein verliebter Mann, der sich an das erste Rendezvous mit seiner jungen Braut erinnerte.
Juliet verstand sehr gut, weshalb Lady Elinor seinen Behauptungen nicht traute und es selbst in die Hand genommen hatte, Näheres über die angebliche Anstellung bei einer Bank herauszufinden. Hoffentlich kannte die alte Dame die Bainbridges nicht persönlich! Wenn Deborah hören würde, dass ihre Freundin heiraten wollte, ohne ihr etwas davon erzählt zu haben, wäre sie entgeistert – zumal Juliet den Auserwählten in ihrem Haus getroffen haben wollte.
„Und wann war das?“ Lady Elinor ließ nicht locker.
„Das ist bestimmt schon ein halbes Jahr her“, erklärte Cary eilfertig, jetzt offensichtlich bemüht, die Geschichte glaubhaft zu machen.
Wie konnte er nur so unüberlegt antworten? Wie Juliet befürchtet hatte, reagierte Lady Elinor prompt – und ungläubig. „Ein halbes Jahr seid ihr schon zusammen? Und wieso erfahre ich erst jetzt davon, Cary? Bei deinem letzten Besuch vor sechs Wochen hast du Juliet oder gar eure bevorstehende Verlobung mit keiner Silbe erwähnt.“
Daraufhin blickte er betreten zu Boden, und wieder sah Juliet sich zum Eingreifen gezwungen.
„Das war allein meine Schuld, Lady Elinor“, beteuerte sie und hoffte, trotz ihrer Verlegenheitsröte glaubwürdig zu klingen. „Ich habe Cary gebeten, unsere Verbindung geheim zu halten. Ich bin noch nicht lange geschieden und möchte mir nicht vorwerfen lassen, mich Hals über Kopf in die nächste Ehe zu
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