So unwiderstehlich reizvoll
entscheiden wir uns für den Sommer.“
„Sie tragen keinen Ring.“
Da es zwecklos war, diese Tatsache zu bestreiten, schüttelte Juliet nur wortlos den Kopf.
„Wahrscheinlich ist Cary wie üblich knapp bei Kasse“, bemerkte Lady Elinor. „Erinnern Sie mich bitte daran, mir nachher meinen Schmuckkasten bringen zu lassen, Juliet. Ich bilde mir ein, genau den passenden Ring für Sie zu haben.“
Schlimmer konnte es nicht mehr kommen! Juliet wagte nicht, der alten Dame in die Augen zu sehen, so verlogen kam sie sich vor. Für sie war es absolut unvorstellbar, einen Ring zu tragen, der früher Lady Elinors Hand geschmückt hatte.
Als Cary zurückkehrte, berichtete Lady Elinor ihm von ihrem Plan. „Morgen Abend gebe ich anlässlich eurer Verlobung ein Essen“, begründete sie ihr Vorhaben. „Was macht das für einen Eindruck, wenn die Braut keinen Ring trägt?“
„Du bist unschlagbar, Großmama“, dröhnte Cary und umarmte die alte Dame so stürmisch, dass Hitchins drohend knurrte. „Was sollten wir nur ohne dich tun?“
6. KAPITEL
Es klopfte an der Tür. Juliet, die sich gerade zum Abendessen umzog, war versucht, es zu überhören. Bestimmt war es Cary, der mit ihr reden wollte. Sicher, sie hatte eingewilligt, seine Verlobte zu spielen. Aber allmählich, besonders nach der Sache mit dem Ring, bekam sie das Gefühl, von ihm ausgenutzt zu werden.
Sofort nach dem Lunch hatte Lady Elinor ihr Versprechen wahr gemacht. Josie brachte den Schmuckkasten, und die alte Dame öffnete ihn, um versonnen den Inhalt zu betrachten.
Es war Cary anzumerken, wie gern er einen Blick in die Kassette geworfen hätte, die seine Großmutter von jeher wie einen Augapfel hütete. Lady Elinor war allerdings geschickt genug gewesen, sich so hinzusetzen, dass er ihr nicht über die Schulter schauen konnte. Männer sollten nicht neugierig sein, belehrte sie ihn. Zu gegebener Zeit würde sie ihm die Stücke, die für den Anlass infrage kamen, schon zeigen.
Die Auswahl, die sie schließlich auf der blütenweißen Leinentischdecke ausbreitete, war beeindruckend. Trotz ihres Alters wirkten alle Ringe überraschend zeitgemäß: ein Diamantsolitär, ein von Brillantrosen umrahmter Smaragd und ein Rubin, umgeben von einem Kranz kleiner glitzernder Steine, Juliets Vermutung nach Halbedelsteinen.
Als sie hörte, wie Cary beim Anblick der Juwelen den Atem anhielt, wusste sie genau, was in ihm vorging. Er überlegte, welches das kostbarste Stück war und welcher Preis sich dafür erzielen ließe.
Völlig unbeeindruckt von ihrem gierigen Enkel klopfte Lady Elinor auf den Stuhl neben sich. „Setzen Sie sich, Juliet, und verraten Sie mir, welcher Ihnen am besten gefällt. Wie Sie sehen, ist kein neues Stück dabei. Der Diamant stammt von meiner Großmutter, den Smaragd hat meine Mutter vom brasilianischen Kulturattaché geschenkt bekommen, und den Rubin habe ich getragen, als ich bei Hofe vorgestellt wurde.“
„Einer ist schöner als der andere“, meinte Juliet bewundernd.
„Ja.“ Cary konnte sich nicht länger beherrschen. Er stellte sich neben Juliet, um besser sehen zu können. „Das ist wirklich nett von dir, Großmama.“ Er nahm den breiten goldenen Reif mit dem Solitär und hielt ihn gegen das Licht. „Wir beide sind dir sehr dankbar, nicht wahr, Juliet?“
„Ja“, entgegnete sie mühsam beherrscht und drehte sich um, um ihm den Ring aus der Hand zu nehmen und wieder auf den Tisch zu legen. „Ich weiß wirklich nicht, wie ich mich entscheiden soll.“
„Da zögerst du noch?“ Cary klang ärgerlich. „Den Solitär natürlich! Er kommt meiner Vorstellung von einem Verlobungsring am nächsten.“
Weil Juliet auch genau wusste, weshalb, entschied sie sich für den zierlichsten Ring, nämlich den Rubin. „Ich glaube, der hier gefällt mir am besten.“
„Aber …“, warf Cary ein.
„Da Juliet den Ring tragen wird, sollte die Entscheidung ihr überlassen bleiben“, unterbrach ihn Lady Elinor. „Dieser Ring gehört zu meinen Lieblingsstücken. Der Stein kommt aus Birma.“
Und vor allem ist er der kleinste, dachte Juliet. Sie würde alles in ihrer Macht Stehende tun, um Cary daran zu hindern, sich rücksichtslos an seiner Großmutter zu bereichern.
Jetzt, als es das zweite Mal klopfte, fragte sie sich, ob Cary sie wegen des Rings zur Rede stellen wollte. Denn unmittelbar nach der Ringübergabe hatte Juliet Müdigkeit vorgetäuscht und sich sofort auf ihr Zimmer zurückgezogen. Anscheinend ließ sich eine
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