So unwiderstehlich reizvoll
möchte den gesamten Besitz kaufen, um hier Luxushäuser zu errichten, samt Golfplatz und allem. Bestimmt bietet er etliche Millionen.“
„Darauf wird Lady Elinor niemals eingehen.“
„Richtig, darum hat sie mir das Angebot auch verschwiegen. Garantiert hat sie sofort abgelehnt, der Brief ist nämlich schon etliche Monate alt.“
„Was für ein Glück!“ Juliet seufzte erleichtert. Obwohl sie Tregellin erst seit zwei Tagen kannte, hatte sie das alte Haus und die unberührte Natur ringsum bereits ins Herz geschlossen. Das Anwesen verdiente es, im alten Stil restauriert zu werden.
„Glück?“ Cary sah sie fassungslos an. „Das Angebot ist eine Chance, wie man sie im Leben nur einmal erhält. Ich hätte mit beiden Händen zugegriffen.“
„Genau darum wird Lady Elinor dir den Brief auch nicht gezeigt haben“, antwortete Juliet sarkastisch. „Du hältst es nicht einmal für nötig, dich nach ihrem Befinden zu erkundigen. Sie könnte im Sterben liegen, und du wüsstest es nicht.“
„So gut meint es das Schicksal leider nicht mit mir“, murmelte er. „Du hast mir immer noch nicht erklärt, warum du hier stehst“, fragte er dann in normaler Lautstärke.
„Ganz einfach, um Josie zu helfen. Sie muss sich um Lady Elinor kümmern und hätte uns allen nur ein kaltes Abendessen zubereiten können, was dir bestimmt nicht recht gewesen wäre. Im Kühlschrank habe ich Nieren gefunden, die brate ich und mache eine leckere Soße dazu. Mit dem Käse, den ich gerade gerieben habe, will ich die Ofenkartoffeln überbacken. Klingt das gut?“
„Ich esse keine Nieren!“ Angewidert verzog er das Gesicht. Hätte Lady Elinor sie heute Abend bei Tisch servieren lassen, hätte er das Gericht in den höchsten Tönen gelobt, das wusste Juliet. „Wir werden in Bodmin essen gehen.“
„Und deine Großmutter? Soll sie hungern?“
Cary verdrehte die Augen. „Die hat doch Josie und will mich im Moment gar nicht sehen.“ Dann runzelte er die Stirn. „Wo ist der Ring?“
„In meiner Hosentasche. Denkst du eigentlich immer nur an Geld, Cary?“
„Verschone mich bitte mit deinen Moralpredigten! Wenn du nicht mitkommst, fahre ich eben allein.“ Wütend verließ er die Küche, wenig später hörte Juliet, wie er den Wagen anließ und vom Hof fuhr.
Deprimiert über sein selbstsüchtiges Verhalten stellte sie die Käsereibe beiseite und fragte sich, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, ein Essen auf den Tisch zu zaubern.
Doch ihre Selbstzweifel verflüchtigten sich schnell, als Josie kurz darauf in der Küche erschien und überrascht innehielt. „O Miss Lawrence – Juliet – das hätten Sie doch nicht tun müssen! Wie gut das riecht!“
„Es war mir ein Vergnügen. Lady Elinor muss bestimmt etwas essen, und Nieren sind gut für die Verdauung.“
Dankbar tätschelte Josie ihren Arm. „Was für ein liebes Mädchen Sie sind. Wer hätte je gedacht, dass ausgerechnet Mr. Cary eine Frau wie Sie findet.“
Darauf sagte Juliet nichts und lächelte nur.
Auf Josies Vorschlag hin aß Juliet im Wintergarten. Dort war es nach dem sonnigen Tag noch immer angenehm warm, und die Außenbeleuchtung sorgte für ein angenehm gedämpftes Licht. Juliet schob gerade ein leicht angebranntes Stückchen Niere auf ihrem Teller hin und her, als Raphael plötzlich in der Tür stand.
„Hallo, Josie sagte mir, ich würde Sie hier finden“, begrüßte er sie und blieb auf der Schwelle stehen.
„Sie wollten zu mir?“ Vor Schreck konnte Juliet kaum sprechen.
„Nein, zu Lady Elinor. Nachdem Josie mich angerufen hatte, habe ich sie sofort besucht.“
Raphael stand wirklich nicht hoch in ihrer Gunst, doch er kümmerte sich beileibe mehr um seine Großmutter als Cary. „Und wie geht es ihr?“
„Leidlich. Ihr größtes Problem ist es, sich an die Vorschriften von Dr. Charteris zu halten und sich nicht zu überanstrengen.“
„Das sollte sie wirklich unterlassen.“ Juliet wusste nicht, ob sie aufstehen oder sitzen bleiben sollte. „Wenn ich irgendetwas tun kann …“
„Wenn alles seinen geregelten Gang geht, hat sie normalerweise keine ernsthaften Beschwerden“, erklärte Raphael nach kurzem Zögern. Lady Elinor hatte ihn beauftragt, sich bei Juliet für das Essen zu bedanken. Doch jetzt, als er Juliet bei der romantischen Beleuchtung am Tisch sitzen sah, verspürte er ganz andere Gefühle, als ihr ausgerechnet Dankbarkeit auszurichten.
„Wollen Sie damit sagen, der Besuch von Cary und mir wird ihr zu viel?“
„Nein.
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