So viel Lust und noch mehr Küsse
Geschäft zu beleben. Bis jetzt allerdings war es in dem Buch lediglich um die Theorie gegangen, nicht um die Praxis. Ihre Suche nach einem Job war bisher ähnlich enttäuschend verlaufen. Im Theaterviertel suchte niemand eine Choreografin. Trotzdem hatte sie überall ihre Bewerbung abgegeben. Sie hoffte, vielleicht einen Job als Choreografieassistentin zu ergattern, oder als Assistentin der Assistentin. Bis jetzt hatte noch niemand angerufen, und nachdem drei Tage vergangen waren, begann sie allmählich die Hoffnung zu verlieren. Da es für sie nicht infrage kam, sich in ‘Wally’s World of Women’ zu entblättern, würde sie, falls sie am Ende der zwei Wochen keinen respektablen Job hatte, unweigerlich die Stelle als Lehrerin in Homer antreten müssen.
Karen setzte sich auf einen Barhocker neben Carly. “Wozu liest du das Buch überhaupt?”
Carly seufzte. “Ich suche nach einer Möglichkeit, das Geschäft in dieser Bar ein wenig zu beleben.”
“Viel Glück.” Karen lachte. “Dazu müssten wir wahrscheinlich eine Bühne aufbauen und halb nackte Frauen auftreten lassen. Das wäre so ziemlich die einzige Möglichkeit. Ich glaube nicht, dass Hayden es besonders schätzen würde, wenn er nach Hause kommt und herausfindet, dass das Wilde Side plötzlich dermaßen wild geworden ist.”
Carly grinste. “Wenn du in eine Bar gehen wolltest, würdest du dann hierherkommen?”
“Nein. Aber schließlich arbeite ich hier auch.”
“Stell dir vor, du würdest nicht hier arbeiten. Wäre das Wilde Side eine Kneipe, die du besuchen würdest, um dich zu amüsieren?”
“Du machst wohl Witze.”
Genau das hatte Carly befürchtet. “Wieso? Was an dieser Bar stößt die Leute ab?”
“Schau dich doch nur mal um”, entgegnete Karen. “Es ist eine Bruchbude.”
“Stell dir vor, wir bringen sie ein wenig auf Vordermann. Würdest du dann herkommen, um dich zu amüsieren?”
“Wahrscheinlich nicht.” Karen glitt von ihrem Barhocker. “Tut mir leid, Carly. Aber wenn ich ausgehe, dann will ich wenigstens mit einem hübschen Kerl flirten können, statt mit einem von diesen verschrobenen alten Käuzen.”
“Diese Bemerkung nehme ich dir übel”, rief ein grauhaariger Mann mit zerfurchtem Gesicht vom anderen Ende der Bar.
“Und ich dachte, du würdest immer wieder kommen, um mein Herz zu gewinnen”, meinte ein anderer Stammgast links von Carly.
“Dein altes gebrochenes Herz ist doch längst vergeben, Ernie.” Karen stellte ihm ein neues Bier hin. “Oder soll ich deine Frau anrufen, damit sie dich daran erinnert?”
Ernie winkte ab. “Sachte. Bring sie bloß nicht auf die Palme.”
“Dann benimm dich lieber”, warnte Karen ihn in neckendem Ton. Sie ging ans andere Ende des Tresens, wo sie einigen anderen Gästen frische Drinks und lockere Sprüche servierte.
Genau das braucht das Wilde Side, dachte Carly. Eine Attraktion. Etwas, was die Leute anzog und dazu brachte, wiederzukommen.
Sie schaute sich in der Bar um. Eine Verschönerung war wirklich nötig, aber da sie in den roten Zahlen waren, kam eine Komplettrenovierung nicht infrage. Allerdings würde Cooper sicher wenigstens etwas Farbe spendieren. Außerdem musste die Jukebox unbedingt aktualisiert werden. Es gab nicht einen aktuellen Hit oder wenigstens einen vernünftigen Countrysong darin. Pink Floyd, die Rolling Stones und Creedence Clearwater Revival war nicht unbedingt Musik zum Tanzen.
Tanzen? Wieso eigentlich nicht? Sie klappte ihr Buch zu und musterte die älteren Stammgäste. Es waren hauptsächlich Arbeiter, die ihren Lebensunterhalt mit körperlicher Arbeit verdienten. Carlys Idee könnte sie befremden, es sei denn, sie beschränkte sich auf einen Abend in der Woche. Das wäre ein Anfang, und wenn sie Erfolg hatte, konnten diese vier Abende im Monat die Existenz der Bar sichern. Und dafür sorgen, dass Cooper das investierte Geld wieder zurückbekam.
Carly rutschte von ihrem Barhocker und folgte Karen, die einen gerade frei gewordenen Tisch abwischte. “Was würde denn die hübschen Kerle, von denen du gesprochen hast, anziehen?”
Karen wischte weiter den Tisch. “Wenn du das fragen musst, bist du wirklich noch sehr jung.”
“Kannst du nicht mal eine Minute ernst bleiben, bitte?”
Karen richtete sich auf und sah Carly an. “Na ja, Frauen, würde ich sagen.”
“Das denke ich auch.”
“Ich kann dir nicht ganz folgen, Carly.”
“Wenn wir das Geschäft ankurbeln wollen, brauchen wir etwas, was die Leute dazu bringt,
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