So wahr uns Gott helfe
Art von Hilfe?«
»Wir locken den Mörder aus der Deckung.«
»Toll. Wie gefährlich wird das?«
»Das hängt von verschiedenen Faktoren ab. Aber ich will Ihnen nichts vormachen. Es könnte ziemlich riskant werden. Sie müssten ein bisschen Bewegung in die Sache bringen, den Täter in dem Glauben bestärken, dass er etwas übersehen hat und dass Sie ihm gefährlich werden können. Und dann warten wir ab, was passiert.«
»Aber dabei stehe ich hoffentlich unter Polizeischutz. Sie lassen mich bewachen.«
»Auf Schritt und Tritt.«
»Und wie sollen wir Bewegung in die Sache bringen?«
»Ich hab an eine Zeitungsmeldung gedacht. Ich nehme mal an, Sie kriegen ständig Anrufe von irgendwelchen Reportern. Wir suchen uns einen aus, Sie geben ihm ein Interview, exklusiv versteht sich, und dabei lancieren wir die Information, die dem Mörder zu denken geben wird.«
Während ich mir das Ganze durch den Kopf gehen ließ, musste ich an Lornas Warnung denken, es mir mit den Medien nicht zu verscherzen.
»Ich kenne da jemanden bei der Times« , sagte ich. »Um ihn mir vom Hals zu halten, habe ich so eine Art Abmachung getroffen. Ich habe versprochen, mit ihm über den Fall zu reden, sobald es mir möglich ist.«
»Das sind doch optimale Voraussetzungen. Wir spannen ihn ein.«
Ich schwieg.
»Und, sind Sie dabei?«
Erneut packte ich Messer und Gabel und schnitt in mein Steak. Blut floss auf den Teller. Ich dachte an meine Tochter, die langsam ein Alter erreichte, in dem sie mir dieselben Fragen stellte wie ihre Mutter. Fragen, auf die ich keine Antwort wusste. Es ist, als würdest du immer den Bösen helfen. So einfach war es zwar nicht, dennoch änderte dieses Wissen nichts an meinem Unbehagen oder an diesem Blick in ihren Augen.
Ich legte Messer und Gabel nieder, ohne einen Bissen genommen zu haben. Plötzlich hatte ich keinen Hunger mehr.
»Ja«, sagte ich. »Ich bin dabei.«
TEIL DREI
Und nichts als die Wahrheit
VIERUNDDREISSIG
A lle lügen.
Polizisten lügen. Anwälte lügen. Mandanten lügen. Sogar Geschworene lügen.
Es gibt im Strafrecht eine Schule, die behauptet, jeder Prozess wird mit der Auswahl der Geschworenen gewonnen. So überspitzt würde ich das zwar nicht formulieren, trotzdem gibt es in einem Mordprozess wahrscheinlich keine wichtigere Phase als die Auswahl der zwölf Menschen, die über das weitere Schicksal des Angeklagten befinden. Es ist auch der komplexeste und am wenigsten steuerbare Teil. Zum einen ist er abhängig von den Launen des Glücks, zum anderen von der Fähigkeit des Anwalts, der richtigen Person zum richtigen Zeitpunkt die richtige Frage zu stellen.
Aber wie auch immer man dazu stehen mag, dieser Vorgang bildet unvermeidlich den Anfang jeden Prozesses.
Die Auswahl der Geschworenen in der Strafsache Kalifornien gg. Elliot begann termingerecht am Donnerstag um zehn Uhr in Richter James P. Stantons Gerichtssaal. Der Saal war gerammelt voll. Zur einen Hälfte besetzt mit den achtzig potenziellen Geschworenen, die nach dem Zufallsprinzip aus der Geschworenenliste im vierten Stock des CCB ausgewählt worden waren, zur anderen mit Medienvertretern, Gerichtsbediensteten sowie Sympathisanten und Schaulustigen, die es geschafft hatten, einen Platz zu ergattern.
In Berücksichtigung seines Wunsches, nur von einem einzigen Anwalt vertreten zu werden, saß ich mit meinem Mandanten allein am Tisch der Verteidigung. Vor mir lagen ein großer leerer Umschlag, ein Block mit Post-it-Zetteln und drei Marker, rot, blau und schwarz. Noch in der Kanzlei hatte ich mit einem Lineal zwölf Felder auf den Umschlag gezeichnet, jedes von der Größe einer Haftnotiz. Die zwölf Felder waren für je einen der Geschworenen bestimmt, die über Walter Elliots Schuld oder Unschuld befinden sollten. Manche Anwälte wählen ihre Geschworenen mithilfe des Computers aus. Es gibt sogar spezielle Programme, die im Zuge des Auswahlvorgangs alle verfügbaren Informationen über die Geschworenen sammeln, mit einem Programm zur Erkennung soziopolitischer Muster abgleichen und dann auf der Stelle eine Empfehlung ausspucken. Ich dagegen benutze nach wie vor mein altmodisches Rastersystem, mit dem ich als junger Pflichtverteidiger beim Public Defender’s Office angefangen habe. Es hat immer seinen Zweck erfüllt, weshalb ich nie etwas daran geändert habe. Wenn es gilt, Geschworene auszusuchen, will ich mich nicht auf einen Computers verlassen. Lieber verlasse ich mich auf meinen eigenen Instinkt. Ein Computer kann
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