So wahr uns Gott helfe
Theater war. In Wirklichkeit wollte er sehen, ob uns jemand beobachtete. Unauffällig spähte ich nun selbst in die Ecken des Restaurants, die ich einsehen konnte. Aber ich entdeckte weder Bosch noch sonst jemanden, der nach einem Polizisten aussah.
Elliot begann mit seiner Geschichte.
»Wenn man in Hollywood Geschäfte machen will, spielt es keine Rolle, wer man ist oder woher man stammt, solange man nur eins in der Tasche hat.«
»Geld.«
»So ist es. Ich bin vor fünfundzwanzig Jahren hierhergekommen, und ich hatte Geld. Ich habe es zuerst in ein paar Filme gesteckt und dann in ein bekacktes Studio, auf das niemand mehr einen Dreck gegeben hätte. Und ich habe es richtig hochgebracht. In fünf Jahren wird man nicht mehr von den Großen Vier reden. Dann werden es die Großen Fünf sein. Dann wird Archway auf gleicher Höhe mit Paramount und Warner’s und den anderen stehen.«
Ich hatte nicht damit gerechnet, gleich fünfundzwanzig Jahre zurückgehen zu müssen, als ich die Geschichte von Anfang an hören wollte.
»Okay, Walter, das über Ihren Erfolg weiß ich alles. Was möchten Sie mir damit sagen?«
»Damit will ich sagen, dass es nicht mein Geld gewesen ist. Als ich hierherkam, war es nicht mein Geld.«
»Ich dachte immer, Sie stammen aus einer Familie in Florida, die eine Phosphatmine oder eine Reederei besitzt.«
Er nickte mit Nachdruck.
»Alles richtig. Aber es hängt ganz davon ab, wie Sie Familie definieren.«
Langsam begann es mir zu dämmern.
»Meinen Sie etwa die Mafia, Walter?«
»Ich rede von einer Organisation in Florida, die enorme Bareinkünfte hatte und legitime Firmen brauchte, um diese Gelder zu waschen, und legitime Geschäftsleute, die diese Firmen führten. Ich war einer dieser Männer.«
Die Sache klang einleuchtend. Florida vor fünfundzwanzig Jahren. Auf dem Höhepunkt ungehindert fließender Geld- und Kokainströme.
»Sie haben mich an die Westküste geschickt«, fuhr Elliot fort. »Ich hatte eine Geschichte, und ich hatte Koffer voller Geld. Und ich stand auf Filme. Ich wusste, wie man sie aussucht und alles auf die Beine stellt. Ich übernahm Archway und baute es zu einem Milliardenunternehmen auf. Und dann kam meine Frau daher …«
Ein trauriger Ausdruck des Bedauerns huschte über sein Gesicht.
»Was, Walter?«
Er schüttelte den Kopf.
»Am Morgen nach unserem zwölften Hochzeitstag – der Tag, an dem unser Ehevertrag endgültig in Kraft getreten war – hat sie mir eröffnet, sie werde mich verlassen. Sie wolle sich scheiden lassen.«
Ich nickte. Jetzt war mir alles klar. Sobald der Ehevertrag in Kraft getreten war, stand Mitzi Elliot die Hälfte von Walter Elliots Anteil an den Archway Studios zu. Aber er war nur ein Strohmann. Sein Anteil gehörte in Wirklichkeit der Organisation. Und es war nicht die Art von Organisation, die die Hälfte ihrer Investitionen einfach einer Exfrau überließe.
»Ich habe versucht, sie umzustimmen«, fuhr Elliot fort. »Aber sie wollte nicht hören. Sie war in dieses Nazischwein verliebt und hat geglaubt, er könnte sie schützen.«
»Die Organisation hat sie umbringen lassen.«
Es hörte sich richtig eigenartig an, diese Wörter laut auszusprechen. Unwillkürlich wandte ich mich um und ließ den Blick durch das Restaurant schweifen.
»Eigentlich hätte ich an besagtem Tag gar nicht in der Stadt sein sollen«, fuhr Elliot fort. »Sie haben mir nahegelegt, zu verreisen, damit ich ein bombensicheres Alibi hätte.«
»Warum sind Sie dann doch hingefahren?«
Er blickte mir in die Augen, bevor er antwortete.
»Weil ich sie irgendwie immer noch geliebt habe. Ja, ich habe sie geliebt und wollte sie behalten. Ich hatte vor, um sie zu kämpfen. Also bin ich raus zum Strandhaus gefahren, um es zu verhindern. Um den Helden zu spielen, sie vielleicht zu retten und zurückzugewinnen. Keine Ahnung. Eigentlich hatte ich keinen Plan. Ich wollte es einfach nur irgendwie verhindern. Aber ich bin zu spät gekommen. Sie waren beide schon tot, als ich dort eintraf. Schrecklich …«
Elliot war in seine Erinnerung versunken, möglicherweise sah er noch einmal die Szene im Schlafzimmer in Malibu vor sich. Ich senkte den Blick auf das weiße Tischtuch vor mir. Ein Strafverteidiger rechnet nie damit, von einem Mandanten die ganze Wahrheit erzählt zu bekommen. Teile davon, ja. Aber nie die ganze, reine, schonungslose Wahrheit. Ich musste davon ausgehen, dass es Dinge gab, die Elliot ausgelassen hatte. Aber es genügte mir fürs Erste. Es wurde
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