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So wahr uns Gott helfe

So wahr uns Gott helfe

Titel: So wahr uns Gott helfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Zeit, über die Bestechung zu reden.
    »Und dann ist Jerry Vincent auf den Plan getreten«, lieferte ich das Stichwort.
    Elliot kehrte in die Gegenwart zurück und sah mich an.
    »Ja.«
    »Erzählen Sie mir von der Bestechung.«
    »Da gibt es nicht viel zu erzählen. Mein Justiziar hat mir Jerry Vincent empfohlen, und ich fand ihn okay. Wir hatten das Finanzielle bereits geregelt, da kam er eines Tages zu mir – das war ganz am Anfang, vor etwa fünf Monaten –, und er meinte, es sei jemand an ihn herangetreten, der die Geschworenen salzen könnte. Sie wissen schon, jemanden auf die Geschworenenbank schleusen, der in unserem Sinn stimmen würde. Der Typ würde in jedem Fall für einen Freispruch stimmen und darüber hinaus während der Beratung auf die Geschworenen einzuwirken versuchen. Er sei ein guter Redner, jemand mit Überzeugungskraft. Der einzige Haken an der Sache war, dass der Prozess, sobald einmal alles arrangiert war, termingerecht über die Bühne gehen musste, damit die betreffende Person unter meinen Geschworenen war.«
    »Und auf dieses Angebot sind Sie und Jerry eingegangen.«
    »Ja. Damals sah es noch ziemlich schlecht für mich aus. Ich hatte meine Frau nicht umgebracht, aber meine Chancen, ein Gericht davon zu überzeugen, waren eher gering. Wir hatten keine Wunderwaffe, und ich hatte die Hosen gewaltig voll. Ich war unschuldig aber voller Sorge, dass ich verurteilt würde. Deshalb haben wir das Angebot angenommen.«
    »Wie viel?«
    »Hunderttausend im Voraus. Wie Sie herausgefunden haben, hat sie Jerry von seinem Honorar bezahlt. Er hat einfach sein Honorar erhöht, ich habe es ihm überwiesen, und er hat davon den Geschworenen bezahlt. Bei einer nicht einstimmigen Entscheidung der Geschworenen wären nochmal hunderttausend fällig gewesen, beziehungsweise zweihundertfünfzigtausend bei einem glatten Freispruch. Jerry hat mir versichert, diese Leute würden so etwas nicht zum ersten Mal machen.«
    »Sie meinen, eine Jury zu manipulieren?«
    »Ja, das hat er gesagt.«
    Ich überlegte, ob das FBI vielleicht von früheren Manipulationen Wind bekommen und sich deshalb bei Vincent gemeldet hatte.
    »Waren das frühere Prozesse Jerrys, die manipuliert worden waren?«, fragte ich.
    »Das hat er mir nicht gesagt, und ich habe ihn auch nicht danach gefragt.«
    »Hat er mal angedeutet, dass sich das FBI für Ihren Fall interessiert?«
    Elliot lehnte sich zurück, als hätte ich gerade etwas Abstoßendes gesagt.
    »Nein. Ist das denn der Fall?«
    Er wirkte plötzlich ziemlich besorgt.
    »Das weiß ich nicht, Walter. Ich stelle hier nur Fragen. Jedenfalls hat Jerry Ihnen gesagt, dass er den Prozess verschieben will, richtig?«
    Elliot nickte.
    »Ja. An besagtem Montag. Er hat mir erklärt, wir bräuchten den bestochenen Geschworenen nicht mehr. Er hätte eine Wunderwaffe und würde den Prozess auch ohne den Schläfer in der Jury gewinnen.«
    »Und deswegen ist er umgebracht worden.«
    »So muss es wohl gewesen sein. Die Sorte von Leuten lässt es nicht einfach so zu, dass man es sich nochmal anders überlegt und einen Rückzieher macht.«
    »Welche Leute? Die Organisation?«
    »Keine Ahnung. Diese Sorte Leute einfach. Wer so etwas eben macht.«
    »Haben Sie irgendjemandem erzählt, dass Jerry den Prozess verschieben wollte?«
    »Nein.«
    »Wirklich niemandem?«
    »Absolut niemandem.«
    »Wem hat es Jerry dann erzählt?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Mit wem hat Jerry denn das alles abgemacht? Wem hat er das Schmiergeld gezahlt?«
    »Keine Ahnung. Er wollte es mir nicht sagen. Er hat gemeint, es wäre besser, wenn ich keine Namen wüsste. Dasselbe, was ich Ihnen schon die ganze Zeit klarzumachen versuche.«
    Dafür war es jetzt ein bisschen zu spät. Ich musste unsere Besprechung beenden und mich zurückziehen, um ganz allein und ungestört über alles nachdenken zu können. Ich blickte kurz auf meinen unangetasteten Fisch und überlegte, ob ich ihn für Patrick einpacken lassen sollte oder ob ihn jemand in der Küche essen würde.
    »Wissen Sie«, fuhr Elliot fort, »ich will Sie ja nicht noch stärker unter Druck setzen, aber wenn ich verurteilt werde, bin ich ein toter Mann.«
    Ich sah ihn an.
    »Die Organisation?«
    Er nickte.
    »Wenn man mit dem Gesetz in Konflikt gerät, wird man für sie zum Risiko. Normalerweise räumen sie einen schon aus dem Weg, bevor es überhaupt zum Prozess kommt. Bevor man vielleicht einen Deal auszuhandeln versucht. Nur ist es in meinem Fall so, dass ich noch die

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