So wahr uns Gott helfe
Verhandlung auf den nächsten Tag. Auch diesmal vergaß er nicht, die Geschworenen zu ermahnen, keine Medienberichte über den Prozess zur Kenntnis zu nehmen.
Ich stand am Tisch der Verteidigung und beobachtete, wie die Geschworenen ins Beratungszimmer defilierten. Ich war mir ziemlich sicher, dass der erste Tag an die Anklage gegangen war, aber das war zu erwarten gewesen. Wir bekämen noch unsere Chance. Ich musterte meinen Mandanten.
»Haben Sie heute Abend schon was vor, Walter?«, fragte ich.
»Ja, ein Essen bei Freunden. Sie haben Dominick Dunne eingeladen. Und danach werde ich mir die erste Schnittfassung eines Films ansehen, den mein Studio mit Johnny Depp in der Rolle eines Detective produziert.«
»Schön, dann rufen Sie Ihre Freunde und Johnny an und sagen alles ab. Sie werden heute mit mir essen. Wir haben zu arbeiten.«
»Das verstehe ich nicht.«
»Doch, das verstehen Sie sehr wohl. Sie gehen mir aus dem Weg, seit der Prozess begonnen hat. Das war bis heute in Ordnung, weil ich nicht wissen wollte, was ich nicht wissen musste. Jetzt sieht die Sache anders aus. Der Prozess ist in vollem Gang, die Beweisoffenlegung ist abgeschlossen. Und jetzt muss ich alles wissen. Alles, Walter. Deshalb werden wir heute Abend miteinander reden, oder Sie können sich morgen früh einen anderen Anwalt suchen.«
Sein Gesicht verzog sich in mühsam beherrschter Wut. In diesem Moment spürte ich, dass er durchaus ein Mörder sein konnte oder zumindest jemand, der einen Mord anordnete.
»Das wagen Sie nicht«, fauchte er.
»Dann lassen Sie es doch drauf ankommen.«
Wir starrten einander kurz an, und ich bemerkte, wie sich etwas in seiner Miene entspannte.
»Machen Sie die nötigen Anrufe«, erklärte ich schließlich. »Wir nehmen mein Auto.«
EINUNDVIERZIG
W eil ich auf der Besprechung bestanden hatte, insistierte Elliot darauf, den Ort auszuwählen. Mit einem kurzen Anruf reservierte er für uns eine Nische im Water Grill drüben beim Biltmore Hotel, und als wir in das Restaurant kamen, stand bereits ein Martini für ihn auf dem Tisch. Als wir uns setzten, bestellte ich eine Flasche stilles Wasser und ein paar Zitronenschnitze.
Ich saß meinem Mandanten direkt gegenüber und beobachtete ihn beim Studieren der Fischkarte. Bisher hatte ich über Walter Elliot im Dunkeln bleiben wollen. Je weniger man über seinen Mandanten weiß, desto leichter kann man ihn verteidigen. Doch über diesen Zeitpunkt waren wir jetzt hinaus.
»Sie hatten von einem gemeinsamen Abendessen gesprochen«, sagte Elliot, ohne den Blick von der Speisekarte abzuwenden. »Wollen Sie denn nichts auswählen?«
»Ich nehme das Gleiche wie Sie, Walter.«
Er legte die Speisekarte beiseite und blickte mich an.
»Seezungenfilet.«
»Klingt gut.«
Er winkte einem Kellner, der sich in unserer Nähe aufgehalten, aber nicht an den Tisch gewagt hatte. Elliot orderte für uns beide die Seezunge und eine Flasche Chardonnay, außerdem erinnerte er den Kellner an mein stilles Wasser und die Zitrone. Dann verschränkte er die Hände auf dem Tisch und musterte mich erwartungsvoll.
»Ich habe ein Essen mit Dominick Dunne abgesagt«, bemerkte er. »Hoffentlich hat es sich gelohnt.«
»Es lohnt sich ganz sicher. Denn ab sofort werden Sie aufhören, mit mir Verstecken zu spielen. Sie dürfen mir jetzt die Wahrheit erzählen. Und zwar die ganze Wahrheit. Denn nur dann kann mich die Anklage nicht überrumpeln. Nur so weiß ich, welche Schritte Golantz unternehmen wird, bevor er sie unternimmt.«
Elliot nickte, als fände er ebenfalls, dass es Zeit war, mit der Sprache herauszurücken.
»Ich habe meine Frau und ihren Nazifreund nicht umgebracht«, sagte er. »Das habe ich Ihnen von Anfang an gesagt.«
Ich schüttelte den Kopf.
»Das reicht nicht. Ich habe gesagt, die ganze Wahrheit. Ich will wissen, was wirklich passiert ist, Walter. Sie müssen mir sagen, was hier vor sich geht, oder Sie können sich einen anderen Anwalt suchen.«
»Jetzt machen Sie sich nicht lächerlich. Kein Richter wird Sie mitten im Prozess das Handtuch werfen lassen.«
»Möchten Sie darauf Ihre Freiheit verwetten, Walter? Wenn ich aus diesem Fall aussteigen will, dann finde ich auch einen Weg.«
Er sah mich kurz forschend an, bevor er antwortete.
»Sie sollten aufpassen, was Sie da von mir verlangen. Mitwisserschaft kann gefährlich werden.«
»Das Risiko gehe ich ein.«
»Aber ich weiß nicht, ob ich es eingehen soll.«
Ich beugte mich über den Tisch.
»Was heißt das,
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