So wahr uns Gott helfe
Elliot auf Richtereinkaufstour gegangen. Carney Andrews war eine untalentierte Anwältin und Absahnerin, aber sie war mit einem Richter am Superior Court namens Bryce Andrews verheiratet. Andrews war fünfundzwanzig Jahre lang Staatsanwalt gewesen, bevor er einen Richterstuhl erhalten hatte. Und nach Ansicht der meisten Strafverteidiger, die im CCB arbeiteten, hatte er nie wirklich aufgehört, für die Staatsanwaltschaft zu arbeiten. Aus dieser Konstellation hatte sich ein einträglicher Familienbetrieb entwickelt, der seiner Frau zu einem bequemen Auskommen verhalf. Sie wurde nämlich in vielen Verfahren, bei denen ihr Mann den Vorsitz führte, als zusätzliche Anwältin hinzugezogen, um auf diese Weise einen Interessenkonflikt zu schaffen, der erforderte, dass der jeweilige Fall einem anderen, hoffentlich nachsichtigeren Richter zugeteilt wurde.
Das klappte wie auf Bestellung, und das Beste daran war, dass Carney Andrews nie wirklich als Anwältin aktiv zu werden brauchte. Sie musste sich lediglich für die Mitarbeit an einem Fall verpflichten, als zweite Anwältin vor Gericht erscheinen und dann warten, bis der Fall ihrem Mann entzogen und einem anderen Richter zugeteilt wurde. Anschließend strich sie ihr fürstliches Honorar ein und konnte sich dem nächsten Fall zuwenden.
Ich brauchte erst gar keinen Blick in die Elliot-Akte zu werfen, um zu wissen, was passiert war. Die Sache war von vorneherein klar. Die Zuteilung der einzelnen Fälle erfolgte im Büro des Vorsitzenden Richters nach dem Zufallsprinzip. Offensichtlich war der Fall Elliot ursprünglich Bryce Andrews zugeteilt worden, und Vincent hatte sich bei ihm keine großen Erfolgschancen ausgerechnet. So hätte Andrews in einem Doppelmordfall niemals eine Haftaussetzung gegen Kaution bewilligt, ganz zu schweigen von dem harten Kurs, den er beim Prozess gegen den Angeklagten gefahren hätte. Deshalb hatte Vincent die Frau des Richters als zusätzliche Anwältin engagiert, womit sich das Problem von selbst gelöst hatte. Aufgrund des Interessenkonflikts wurde der Fall nach dem Zufallsprinzip Richter James P. Stanton zugeteilt, dem so ziemlich der gegenteilige Ruf von Andrews vorauseilte. Das Geld, das Vincent an Carney Andrews gezahlt hatte, war also auf jeden Fall gut angelegt gewesen.
»Hast du nachgesehen?«, fragte ich Lorna. »Wie viel hat er ihr überwiesen?«
»Zehn Prozent des Vorschusses.«
Ich stieß einen leisen Pfiff aus. Fünfundzwanzigtausend Dollar für nichts. Das erklärte zumindest zum Teil, wohin die erste Viertelmillion verschwunden war.
»Nicht die schlechteste Art, sein Geld zu verdienen«, brummte ich.
»Aber dann müsstest du auch nachts das Bett mit Bryce Andrews teilen«, bemerkte Lorna. »Ich weiß nicht, ob das die Sache wert ist.«
Cisco lachte. Ich nicht, aber der Punkt ging eindeutig an Lorna. Bryce Andrews hatte seiner Frau mindestens zwanzig Jahre und fast zwei Zentner voraus. Keine besonders schöne Vorstellung.
»Waren das schon alle Besucher?«, fragte ich.
»Nein. Es sind auch noch ein paar Mandanten dagewesen, die ihre Akten haben wollten, nachdem sie im Radio von Jerrys Tod gehört hatten.«
»Und?«
»Wir haben sie hingehalten. Ich habe ihnen erzählt, nur du dürftest eine Akte herausgeben, und du würdest dich in spätestens vierundzwanzig Stunden mit ihnen in Verbindung setzen. Sie wirkten, als wären sie damit nicht so ganz einverstanden, aber weil Cisco hier war, haben sie sich lieber etwas in Geduld geübt.«
Sie lächelte Cisco an, und der große Kerl verneigte sich, als wollte er sagen: stets zu Diensten.
Lorna reichte mir einen Zettel.
»Da stehen ihre Namen drauf. Und wie sie zu erreichen sind.«
Ich überflog die Namen. Einer davon war ohnehin bereits auf dem Hundehaufen gelandet. Ihm würde ich die Akte liebend gern aushändigen. Der andere Fall war eine Erregung öffentlichen Ärgernisses, bei der ich mir gute Chancen ausrechnete. Die Frau war angezeigt worden, nachdem sie ein Sheriff’s Deputy an einem Strand in Malibu aus dem Wasser beordert hatte. Sie war nackt geschwommen, was aber erst erkennbar wurde, als der Deputy sie aufforderte, aus dem Wasser zu kommen. Weil es sich beim Anklagepunkt um ein geringfügiges Vergehen handelte, hätte der Deputy Zeuge der Straftat sein müssen, um eine Festnahme vorzunehmen. Doch indem er die Frau aus dem Wasser beorderte, hatte er den Straftatbestand, auf Grund dessen er sie verhaftete, überhaupt erst geschaffen. Damit käme die Anklage vor
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