So wahr uns Gott helfe
Spinnweben, und ich fragte mich, ob sie sich gebildet hatten, weil das Haus seit den Morden nicht mehr benutzt worden war oder weil der Leuchter so hoch hing, dass er mit einem Staubwedel nur schwer zu erreichen war.
»Hier lang«, sagte Mrs. Albrecht.
Ich folgte ihr ins Wohnzimmer, das größer war als meine gesamte Wohnung. Es war ausgestattet mit allen nur erdenklichen elektronischen Unterhaltungsgeräten und einem Panoramafenster auf der Westseite, das den Pazifik mitten ins Haus holte.
»Sehr schön«, bemerkte ich.
»Das kann man wohl sagen. Möchten Sie das Schlafzimmer sehen?«
Ohne auf die Frage einzugehen, schaltete ich die Kamera ein und machte ein paar Aufnahmen vom Wohnzimmer und dem Blick.
»Wissen Sie, wer alles hier im Haus gewesen ist, seit das Sheriff’s Department das Haus freigegeben hat?«, fragte ich.
Mrs. Albrecht dachte kurz nach, bevor sie antwortete.
»Nur sehr wenige Menschen. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass Mr. Elliot seither nochmal hier gewesen ist. Aber natürlich hat Mr. Vincent sich das Haus angesehen, und wohl auch mehrfach sein Ermittler. Und zweimal hat jemand vom Sheriff’s Department das Haus auf den Kopf gestellt, seit es wieder an Mr. Elliot zurückgegeben worden ist. Sie hatten Durchsuchungsbeschlüsse.«
Kopien der Durchsuchungsbeschlüsse befanden sich in der Akte. Beide Male hatten die Nachforschungen nur einem einzigen Gegenstand gegolten – der Mordwaffe. Die Beweisführung der Anklage stützte sich ungeachtet der Schmauchspuren an Elliots Händen ausschließlich auf Indizien. Daher benötigte sie, um beim Prozess auf Nummer sicher zu gehen, die Mordwaffe. Doch diese war und blieb verschwunden. In der Akte stand, Taucher hätten nach dem Mord zwei Tage lang im Meer erfolglos nach der Waffe gesucht.
»Irgendwelche Reinigungskräfte?«, hakte ich nach. »War jemand hier, um im Haus sauberzumachen?«
»Nein, niemand. Mr. Vincent hat gesagt, wir sollten alles so lassen, wie es ist, falls er das Haus beim Prozess in irgendeiner Weise heranziehen müsste.«
In der Akte stand nichts davon, dass Vincent das Haus beim Prozess zum Thema machen wollte. Mir war schleierhaft, was er damit bezweckt hatte. Mein erster Gedanke beim Anblick des Hauses war, es die Geschworenen lieber nicht sehen zu lassen. Der spektakuläre Blick und der schiere Luxus würden Elliots Reichtum nur zusätzlich unterstreichen und die Distanz zu den Geschworenen vergrößern.
»Wo befindet sich das Hauptschlafzimmer?«, fragte ich.
»Es nimmt den gesamten ersten Stock ein.«
»Dann lassen Sie uns mal nach oben gehen.«
Als wir die gewundene weiße Treppe mit dem meerblauen Geländer hinaufstiegen, erkundigte ich mich nach Mrs. Albrechts Vornamen. Ich begründete das damit, es sei etwas eigenartig, sie so förmlich anzusprechen, während ihr Chef und ich uns beim Vornamen nannten.
»Ich heiße Nina. Wenn Sie möchten, können Sie mich gern so nennen.«
»Gut. Und ich bin Mickey.«
Die Treppe führte zu einer Tür, die sich auf ein Schlafzimmer öffnete, das von seinen Ausmaßen her mit manchem Gerichtssaal mithalten konnte. Es war so weitläufig, dass es sowohl an der Nord- wie auch an der Südwand einen Kamin besaß. Es gab eine Sitzecke, einen Schlafbereich und Bäder für sie und ihn. Nina Albrecht drückte auf einen Knopf neben der Tür, worauf sich die Vorhänge, die den Blick nach Westen verdeckten, lautlos teilten. Dahinter kam ein weiteres Panoramafenster zum Vorschein, durch das man aufs Meer hinausblickte.
Das Bett war eine Sonderanfertigung und mehr als doppelt so groß wie ein normales Ehebett. Die Matratze und das gesamte Bettzeug waren entfernt worden, und ich nahm an, die Spurensicherung hatte alles ins Labor geschafft. An zwei Stellen waren etwa ein Quadratmeter große Teppichstücke herausgeschnitten worden. Auch das diente vermutlich zur Sicherung und Analyse von Blutspuren.
An der Wand neben der Tür befanden sich mehrere Blutspritzer, die von Ermittlern eingekreist und mit Buchstabencodes markiert worden waren. Ansonsten wies das Zimmer keine Spuren der Gewalttat mehr auf.
Ich wanderte zu einer Ecke neben dem Panoramafenster und betrachtete von dort aus das Zimmer. Mit meiner Kamera machte ich Aufnahmen aus verschiedenen Blickwinkeln. Nina lief ein paarmal durchs Bild, was aber nicht weiter störte. Die Fotos waren ohnehin nicht für die Gerichtsverhandlung bestimmt. Ich würde sie als Erinnerungsstütze brauchen, wenn ich die Prozessstrategie
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